Ich liebe sie aber kenne sie nicht mehr. Die wenigen Momente, in denen ich mit ihr rede und sie bei Sinnen ist, ist sie das traurigste Wesen auf der Welt, es zerbricht mir das Herz. Sie hat niemanden, keine Freunde und keine Familie, die für sie da ist.
Immer wieder wird sie aggressiv und impulsiv. Sagt Dinge, die keinen Sinn ergeben oder eben nur ein schwerst Abhängiger sagen würde.
Monate lang lebten wir gemeinsam abstinent. Ich bin Alkoholiker und wurde rückfällig, sie begann auch zu trinken und nimmt mittlerweile wieder Heroin, das sie zuvor seit sechs Jahren nicht mehr nahm. Anfangs nur dann, wenn ich einen Rückfall hatte. Mit der Zeit regelmässig und seit ich mit ihr Schluss gemacht habe, ist sie total abgestürzt, aus der Klinik geschmissen worden und lebt auf der Strasse.
Die Beziehung beendete ich vor wenigen Wochen, weil ich mit der ständigen Angst und Trauer nicht mehr leben konnte. Zudem schadeten wir uns gegenseitig.
Aber die Angst und Trauer bleibt bestehen mit dem Unterschied, dass es ihr jetzt schlechter geht. Ich habe fast jeden Tag Angst, dass sie wieder eine Überdosis hat und niemand da ist, der den Krankenwagen ruft. Einmal ist sie vor meinen Augen fast verstorben - bis heute habe ich Albträume.
Ich weiss einfach nicht was ich tun kann. Die fürsorgliche Unterbringung haben die Ärzte aufgehoben, da sie seit mehreren Wochen niemanden mehr angegriffen hat und keine Überdosis hatte. Morgen werde ich beim Zuständigen Amt versuchen, eine Gefährdungsmeldung einzureichen. Ich weiss aber nicht, ob das etwas bringt.
Ich bin 22 und Praktikant. Sie ist 25 und war im Februar so kurz davor, eine Stelle zu finden, nach dreimonatiger Alkoholabstinenz. Heroin hatte sie zuvor sechs Jahre lang nicht angerührt. Erst infolge der Trauer um meine Abstürze machte sie das.
Ein Kollege, der die Droge nicht kannte, nahm sie mit ihr das erste Mal. Wenige Monate darauf ist er an einer Überdosis gestorben. Auch das ist ein Ereignis, das mich enorm belastet.