Hierzu Mark Twain:

»Meiner Ansicht nach muss die Beschreibung eines lauten, aufrührenden, ungestümen Vorgangs im Deutschen unvermeidlich zahmer ausfallen als im Englischen. Unsere beschreibenden Wörter haben hier einen tiefen, starken, volltönenden Klang, während ihre deutschen Entsprechungen mir dünn und sanft und kraftlos vorkommen. „Boom, burst, crash, roar, storm, bellow, blow, thunder, explosion; howl, cry, shout, yell, groan; battle, hell“ – das sind großartige Wörter, deren Kraft und Klanggewalt den Dingen, für die sie stehen, vollkommen angemessen ist. Ihre deutschen Entsprechungen dagegen wären wunderhübsch geeignet, Kinder damit in den Schlaf zu singen, oder aber meine ehrfurchtgebietenden Ohren sind mir zur Zierde gewachsen und nicht zu höchster Nützlichkeit beim Analysieren von Klängen. Würde irgendjemand bei einer Angelegenheit ums Leben zu kommen wünschen, die mit einem so zahmen Ausdruck wie „Schlacht“ belegt wird? Und würde sich nicht ein Schwindsüchtiger allzu sehr eingemummt vorkommen, wenn er sich anschickte, in Kragen und Siegelring in einen atmosphärischen Zustand hinauszutreten, zu dessen Bezeichnung das an Vogelgezwitscher erinnernde Wort „Gewitter“ benutzt wird? Oder man nehme das stärkste Wort, das die deutsche Sprache als Ersatz für das Fremdwort „Explosion“ kennt – „Ausbruch“. Da ist unser Wort „toothbrush“ noch kraftvoller.«

Aus: http://www.alvit.de/vf/de/mark-twain-die-schreckliche-deutsche-sprache.php

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Das Verb sein ist insofern ein besonderer Fall, als es in vielen indogerm. Sprachen aus Formen mehrerer Verben zusammengefügt ist, die selbständig nicht mehr existieren. Dieser Vorgang der Suppletion fand aber unabhängig voneinander erst innerhalb der Einzelsprachen statt, so dass man eine ganz unterschiedliche Verteilung der Stämme findet. Einen gemeinsamen Ursprung haben jeweils die folgenden Formen:

  1. Dt. sein, ist, sind, seid, sei u. ä. Engl. am, art (2. Pers. Sing., nur noch poet.), is, are. Lat. esse („sein“), sum („bin“), est („ist“), sunt („sind“) und alle anderen Formen des Präs., Imperf. und Fut. Altgr. εἶναι (eînai – „sein“), εἰμί (eimí –„bin“), εἶ (ei – „bist“), ἐστί (estí – „ist“) und alle anderen Formen des Präs., Imperf. und Fut. Russ. есть (jest – „ist“). Sanskr. asmi („bin“), asti („ist“), santi („sind“) sowie alle anderen Formen.

  2. Dt. bin, bist. Engl. to be, be!, been. Lat. fui („bin gewesen“) und alle anderen vom Perfektstamm gebildeten Formen. Russ. быть (byt – „sein“), буду (budu – „ich werde“) usw. Im Altgr. und im Sanskr. gibt es die eigenständigen Verben φύειν (phyein – „erzeugen, wachsen lassen, entstehen lassen“ – vgl. „Physik, Physiologie“) bzw. bhu- („sein, werden, entstehen, geschehen“).

  3. Dt. war, gewesen usw. Engl. was, were. Im Sanskr. gibt es das Verb vas- („wohnen, verweilen, leben“). Auch die dt. Wörter Wesen, Unwesen, Anwesen, anwesend, währen etc. sind verwandt.

Zur ersten Frage: Das Sanskrit hat also zwei Verben mit der Bedeutung sein, von denen das eine (bhu-, bhuvāmi – „ich bin“) vollkommen regelmäßig konjugiert wird.

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Das Verb sein wird verschieden gebraucht:

  1. als Hilfsverb (z.B. Er ist gegangen.)

  2. als Kopula, d.h. als ein Wort welches eine Verbindung zwischen dem Subjekt und der über das Subjekt gemachten Aussage herstellt (z.B. Die Rose ist rot. Zwei mal zwei ist vier.)

  3. als Vollverb im Sinne von existieren (z.B. In diesem Bach sind viele Fische. Ich denke, also bin ich.)

Zur dritten Frage: Als Hilfsverb kommt es natürlich nicht vor in Sprachen, die keine zusammengesetzten Verbformen bilden, z.B. Altgriechisch od. Sanskrit. Die Kopula wird in verschiedenen Sprachen nicht ausgedrückt, unter den indogerm. Sprachen etwa im Russischen: Что это? (Schto eto) – „Was (ergänze: ist) das?“ Eine Möglichkeit, die Existenz von etwas auszudrücken, wird sich aber wohl in jeder Sprache finden lassen.

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(Auf die Zweite Frage hat ja GrobGeschaetzt schon eine schöne Antwort gegeben.)

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Odysseus in lateinischen Texten:

Ovid, Metamorphosen XIII, 1–398 (Der Streit um die Waffen des Achilles)

Ovid, Ars amatoria II 123–142 (Odysseus bei Calypso)

Hyginus, Fabulae 95 (vorgestäuschter Wahnsinn), 108 (Trojanisches Pferd), 125 (Irrfahrten), 126 (Heimkehr), 127 (Tod durch Telegonus)

Cicero De officiis III, 97–99 (über den vorgetäuschten Wahnsinn, um sich dem Trojazug zu entziehen)

Vergil, Aeneis II, 44 ff. (Trojanisches Pferd), 90–104 (Sinon berichtet den Troern von den Intrigen des Odysseus), 613–638 (Polyphem)

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Zu empfehlen wären wohl v.a. Hyginus, Fabulae 125 und 126.

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Ersteinmal möchte ich dir sagen, dass ich es aller Ehren wert halte, dass du Unverständliches nicht einfach hinnimmst, sondern zu ergründen suchst. Das Gedicht hat seine Schwierigkeiten, die zwar nicht aus irgendwelcher hermetischen Metaphorik entstehen, aber aus einer Verkürzung und Doppelbödigkeit des Ausdrucks kommen können.

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Die Forderung, die das Gedicht an den Leser stellt, ist ja eher ungewöhnlich. Gemeinhin sagt man zu einem Menschen: Lass dich nicht erschüttern! Hier also das Gegenteil: Bleib erschütterbar! Gemeint ist, dass der Leser sich seine Sensibilität bewahren, sich nicht abstumpfen lassen möge. Adressiert ist das Gedicht an die Durchgedrehten, Umgehetzten, sprich: an jene, bei denen die Erschütterung so weit geht, dass sie (nahezu) den Verstand verlieren oder zumindest in starke Unruhe versetzt sind.

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Was für eine Erschütterung ist das? Zunächst die über die Kürze des Lebens allgemein: die Dinge erheben sich und geraten ins Wanken, der Mensch erhebt sich (aus der Wiege) und bald darauf wankt er (dem Grabe zu) oder, nüchterner ausgedrückt: das Lebenslicht wird angeschaltet und wieder abgeschaltet. Der nächste Vers Eh dein Kopf zum Totenkopf erkaltet ist doppeldeutig: zum einen rein zeitlich gesprochen (ehe du selbst stirbst, solange du noch lebst ...), zum anderen metaphorisch als Warnung (damit du nicht deine geistige Lebendigkeit verlierst, damit du nicht seelisch kalt und gleichgültig wirst ...) Am Ende jeder Strophe steht, wie der Refrain im Volks- oder Kirchenlied, gleichsam als Schlussfolgerung des in der Strophe Ausgeführten, die Formel mit der das Gedicht überschrieben ist: Bleib erschütterbar - doch widersteh!.

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In der zweiten Strophe wird gefordert, erschütterbar zu bleiben gegenüber Umweltzerstörung aus Profitgier. Das Motto dieser Profiteure und ihrer Unterstüzter Fortschritt marsch! Mit Gas und Gottvertrauen wandelt einen militärischen Befehl (Gleichschritt marsch!) ab, um auszudrücken, dass sie denselben blinden Gehorsam fordern wie er von Soldaten erwartet wird. Mit Gas und Gottvertrauen wandelt wohl die Formel Mit Mut und Gottvertrauen ab. Gas dürfte sich in diesem Zusammenhang auf die in der 2. Hälfte des 20. Jh. recht zahlreichen Giftgas- und Chemieunfälle, Gottvertrauen auf die Ahnungs- und Bedenkenlosigkeit, was die Folgen des vorangetriebenen Fortschritts betrifft, beziehen. In diesem Zusammenhang steht auch das eingemeinden: die Fortschrittsgläubigen werden hier als eine quasi religiöse Gemeinde betrachtet, in der man darauf wartet, dass die K0tze sich vergolde, d.h. dass aus dem eigenen (seelischen und körperlichen) Übelbefinden Profit entspringen möge.

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In der dritten Strophe wird das gesellschaftliche Miteinander betrachtet. Sie spricht von der Einschränkung der Denkfreiheit durch staatliche Gewaltandrohung (Knüppel zielen schon auf Hirn ...) oder aber von der Brachialität medialer Beeinflussung, die Intellekt (Hirn) und Empfinden (Nieren, im Sinne von "das geht mir an die Nieren") angreift und den Menschen Sorgen und Ängste einimpft.

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Die letzte Strophe wendet sich der persönlichen Ebene des Einzelnen zu. Eine gebräuchliche Redewendung "von der Skylla in die Charybdis geraten" (in der Bedeutung wie: "vom Regen in die Traufe") spielt auf die Irrfahrten des Odysseus an, dessen Schiff machtlos der Gewalt dieser beiden Meerungeheuer ausgesetzt war. Schwankt der Wechselkurs der Odyssee ist ein erneutes Wortspiel und bezeichnet zum einen das Schwanken des wechselnden Reisekurses der Odyssee (= Irrfahrt) des eigenen Lebens zwischen Einflüssen denen man nichts entgegenzusetzen hat. Zum anderen ist ein "schwankender Wechselkurs" ein Begriff aus der Finanzwelt und meint hier, dass der Wert des eigenen Lebens durch die äußeren Gewalten (Scy. u. Cha.) gleichermaßen niedrig angesetzt wird. Die Konklusion des Gedichts besteht darin, dass man sich Genossen (doppeldeutig: Leidensgenossen/Mitstreiter) suchen möge, um Dunkelheit (= Hoffnungslosigkeit) und Gefahr zu überwinden.

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Die z. T. derbe Wortwahl und die mitunter recht bemühten Reime (Ungeübte - Charybde) brechen das Pathos, das die Thematik mit sich bringt, und geben dem Gedicht einen witzig-ironischen Ausdruck.

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Vorsicht, Draschomat, du begibst dich da in ein Minenfeld. Du kennst die Dame zu wenig, um die Palette ihrer emotionalen Garderobe zu revolutionieren. Nicht immer birgt eine rauhe Schale einen weichen Kern, mitunter auch einen bitteren. Mancher Mensch hält Freundlichkeit während des Dienstalltags für eine unangebrachte Vermischung von Beruflichem und Privatem. Vielleicht verachtet eure Sekretärin die Studenten, vielleicht glaubt sie sich selbst von ihnen verachtet und genießt es, dass die Studenten sich hier im Sekretariat ihrer Herrschaft fügen müssen.

Da ist es nur natürlich, dass deinem Morgengruß, den du, um die Eiseskälte des Sekretariats zu überwinden, vielleicht eine Spur zu laut vorgebracht hast und etwas zu triumphierend („Wirst schon sehen, wie freundlich ich sein kann, alter Drachen!“), nichts anderes folgt als die höchst rationelle Erwiderung einer hochgezogenen Braue: „Der Herr Student will sich also lustig machen? Provozieren will er mich, um mich hinterrücks verlachen zu können? Treib’s nicht zu weit, lieber Freund!“ – Schenk ihr Blumen, schenk ihr Pralinen, und du machst die Sache schlimmer.

Es ist ja nicht so, dass die gute Frau nicht wüsste, wie sie auf ihre Mitmenschen wirkt oder einen Troll im Ohr sitzen hätte, der sie gegen ihren Willen zur Übellaunigkeit zwänge. Freundliche Reaktionen müssen sie glauben machen, nicht deutlich genug gewesen zu sein.

Versuch’s einmal mit einem bärbeißig geknurrten „Morgen!“ – das erzeugt vielleicht genau das positive Echo, das sich von einem gezwitscherten „Einen wunderschönen, guten Morgen, Frau Permaneder!“ nicht erhoffen ließe. Denn so zeigst du der Sekretärin, dass du dich ihrem Reglement unterordnest, sie aber nicht grußlos ignorierst.

Bestehst du trotz allem darauf, dich mit ihr in ein gutes Verhältnis setzen zu müssen, probier es mit Suggestion. Rede dir ein, die Dame sei dir durchaus wohlgesinnt, zeige es eben nur nicht! Möglicherweise beeinflusst das deine Ausstrahlung so, dass sich tatsächlich etwas davon auf ihr Gemüt überträgt. Antizipiere in deiner Vorstellung bereits das freundlich umgängliche Verhältnis, das du erst zu erreichen strebst. So wird in deinem Benehmen nicht jenes angestrengte Wohlwollen liegen, das viele Eroberungen schon im Anfang scheitern lässt. (Das klingt alles ein bisschen esoterisch, und fürs Gelingen stehe ich nicht ein.)

Viel Glück, du tapferer Mensch!

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Von Äsop gibt es zwei Fabeln, die den „Löwenanteil“ zum Inhalt haben

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Nr. 258 – Der Löwe und der wilde Esel (λέων καὶ ὄναγρος)

Der Löwe und der Waldesel gingen einst zusammen jagen, der Löwe ausgestattet mit seiner Körperkraft, der Waldesel mit seiner Schnellfüßigkeit. Und nachdem sie einiges Wild erlegt hatten, teilte der Löwe die Beute in drei Teile. »Den ersten«, sprach er, »bekomme ich, denn ich bin der König. Den zweiten bekomme ich ebenfalls, weil ich dasselbe geleistet habe wie du. Und der dritte wird dir nur Kummer machen, wenn du dich nicht schleunigst davonscherst.« Schön ist es, wenn man sich in allen Dingen nach seinen Kräften begnügt und mit Mächtigeren weder anbändelt noch gemeinsame Sache macht.

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Nr. 260 – Der Löwe, der Esel und der Fuchs (λέων, ὄνος καὶ ἀλώπηξ)

Der Löwe, der Esel und der Fuchs taten sich zusammen und zogen auf Jagd. Nachdem sie reichlich Beute gemacht hatten, hieß der Löwe den Esel sie verteilen. Der machte drei Teile und bat den Löwen, sich eines auszusuchen. Da sprang der Löwe wütend auf ihn los und fraß ihn auf und trug dann dem Fuchs auf zu verteilen. Der brachte alles auf einen Haufen, wobei er für sich selber nur ein klein wenig zurückbehielt, und bat den Löwen, den Hauptteil für sich zu nehmen. Als dieser den Fuchs fragte, wer ihn denn diese Art zu teilen gelehrt habe, erwiderte der: »Das Mißgeschick, das dem Esel widerfuhr.« Die Fabel zeigt, daß den Menschen das Unglück der Nachbarn zur Lehre werden kann.

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Aus: Antike Fabeln. Aus dem Griechischen und Lateinischen übersetzt von Johannes Irmscher. Berlin, Weimar: Aufbau-Verlag, 1991. (Bibliothek der Antike).

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Flavus wurde weggetragen (oder man trug Flavus weg), als plötzlich ein (gewisser) Sklave, der zur Bahre gerufen (oder beordert) worden war, auf dem ganzen Weg sang.

Die hier in Kontrast stehende Verwendung der Vergangenheitstempora sollte vielleicht beachtet werden. Durch das Imperf. auferebatur ist eine durative Aktionsart bezeichnet, die Handlung, die als Hintergrundhandlung abläuft. Durch das Perf. cantavit ist eine perf. Aktionsart bezeichnet: das eintretende Ereignis. Man könnte das in der Übersetzung verdeutlichen, indem man den übergeordneten Satz etwa "Man war dabei, Flavus wegzutragen" übersetzt (muss man aber nicht).

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Caesar und Cicero waren etwa gleich alt: Cicero wurde 106 v. Chr., Cäsar 100 v. Chr. geboren. Cicero stammte aus Arpinum, einer Landstadt südöstlich von Rom, und war der Sohn eines Ritters, d. h. er gehörte der wohlhabendsten Klasse römischer Bürger an, deren Mitglieder zwar zahlreich im Senat vertreten waren, aber nur sehr selten in das Amt des Konsuls gelangten. Er gehörte also nicht zur Nobilität und war der erste aus seiner Familie, der Konsul wurde, er war ein homo novus, stand aber dennoch von Anfang an auf Seiten der Optimaten.

Caesar dagegen entstammte einem alten römischen Patriziergeschlecht. Mehrfach waren Verwandte von ihm Konsuln gewesen. Durch seine Familie – seine Tante war mit C. Marius verheiratet – gehörte er den Popularen an.

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Beide hatten die Opposition zu Sulla und seinen Anhängern gesucht, Cicero durch seine Tätigkeit als Anwalt (als er 80 v. Chr. das Mandat für Sex. Roscius und damit gegen Sullas Günstling Chrysogonus übernommen hatte), Caesar v. a. durch seine Heirat mit Cornelia, der Tochter des L. Cornelius Cinna, des Gegenspielers Sullas, doch ebenso durch anwaltliche Tätigkeit (als Ankläger des Cn. Cornelius Dolabella).

Beide reisten zum Zwecke ihrer rhetorischen Ausbildung (aber auch, um den Anfeindungen der Anhänger Sullas aus dem Weg zu gehen) nach Griechenland, Cicero 79–77 nach Athen, Kleinasien und Rhodos, Caesar im Jahre 75 nach Rhodos. Beide hatten auf Rhodos denselben Rhetoriklehrer Apollonios Molon gehört.

Beide errangen bald außergewöhnliche politische Erfolge: Cicero wurde 63 v. Chr. Konsul, obwohl er nicht der Nobilität angehörte, Caesar wurde im selben Jahr Pontifex maximus, und gelangte damit in ein Amt, das sonst nur ehemalige Konsuln bekleideten.

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Cicero deckte während seines Konsulats den Putschversuch Catilinas und seiner Verschworenen auf. Mehrere Verschwörer (Lentulus, Cethegus u. a.) wurden gefangengenommen. Am 5. Dez. 63 wurde über ihre Strafe im Senat verhandelt. Die Senatoren wurden der Reihe nach befragt, und alle sprachen sich für die Todesstrafe aus, bis die Reihe an Caesar war. Er forderte in seiner Rede (wiedergegeben bei Sallust, De coniuratione Catilinae, 51), die Verschwörer am Leben zu lassen, sie aber gefangenzuhalten und ihr Vermögen einzuziehen. Diesem Antrag folgten nun zahlreiche andere Senatoren (selbst Ciceros Bruder Quintus) bis Cato eine Gegenrede hielt (Sall. Cat. 52), in der er ausführte, dass nur die Todesstrafe wirksame Abschreckung für Catilina und seine Anhänger (die sich in ihrem Lager bei Faesulae aufhielten) darstelle. Catos Antrag gewann die Mehrheit der Senatoren. Als Caesar den Sitzungssaal verließ, wurde er von Ciceros Leibwächtern mit gezückten Schwertern umringt. Cicero aber hielt sie durch einen Wink von dem Mord ab. (nach Plut. Caes. 8)

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Im Jahre 60 errichtete Caesar mit Crassus und Pompeius das sogenannte erste Triumvirat. Caesar versuchte, nachdem er 59 Konsul geworden war, auch Cicero mehrfach für sich zu gewinnen, der aber die Verbindung mit Caesar ablehnte. In einem Brief an seinen Freund und Bankier Atticus schreibt Cicero (Juni 59; Cic. Att. 2, 18): „Caesar hat mir sehr großzügig die Stelle seines Legaten angeboten, ja ich solle sogar völlig frei über mich verfügen können. ... Aber sie würde mir gegen Clodius [s. u.] bei dessen scheuer Zurückhaltung wenig Schutz bieten. ... Es widerstrebt mir, auszureißen. Kampf ist meine Parole!

In einem weiteren Brief (Juli 59; Cic. Att. 2, 19) heißt es: „Cosconius [ein Mitglied von Caesars Siedlungskommission] ist gestorben, nun lädt mich Caesar ein, an dessen Stelle zu treten. Ich soll also Platzhalter eines Verstorbenen werden. Nichts wäre für mich schändlicher gewesen, nichts meiner Sicherheit abträglicher. Diese Art von Leuten sind den Optimaten verhasst, ich würde mir nur einen neuen Gegner auf den Hals laden.

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Im Jahre 58 wurde Clodius Volkstribun und suchte nach belastendem Material gegen Cicero, um ihn in die Verbannung schicken zu können. Einst waren Clodius und Cicero befreundet gewesen, doch tiefer Hass war entstanden, nachdem Clodius sich 62 während des Bona-Dea-Festes als Frau verkleidet in Caesars Haus eingeschlichen hatte, um ihn mit seiner Frau Pompeia zu betrügen, entdeckt und aus dem Haus gejagt wurde. Caesar ließ sich daraufhin von Pompeia scheiden. Im folgenden Prozess behauptete Clodius, nicht in Rom gewesen zu sein. Cicero jedoch bezeugte – möglicherweise aufgehetzt durch seine Frau Terentia –, dass Clodius ihn am betreffenden Tag besucht habe.

Nun also war es Cicero, der Caesars Nähe zum Schutz vor Clodius suchte. Caesar erklärte sich bereit, Cicero als Legaten in den Gallischen Krieg mitzunehmen. Cicero nahm zunächst dankbar an, zog sich aber von seiner Zusage zurück, nachdem Clodius wieder versöhnlich schien. Dadurch hatte er Caesar verstimmt und konnte weder von ihm, noch von Pompeius oder Crassus Unterstützung erwarten, als Clodius ihn anklagte, die Catilinarischen Verschwörer ohne Prozess hingerichtet zu haben. Cicero ging nach Thessaloniki in Verbannung, von der er auf Druck der Bürgerschaft und des Senats nach 15 Monaten ehrenvoll zurückberufen wurde. (vgl. Plut. Cic. 30–33)

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Ciceros Bruder Quintus wurde 55 Legat unter Caesar im Gallischen Krieg. Caesar berichtet davon (Caes. Gall. 5, 45–49), dass Q. Cicero mit seiner Legion von den Nerviern eingeschlossen worden war und von ihm befreit wurde.

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Anfang des Jahres 49 versuchte Cicero vergeblich in dem sich zuspitzenden Konflikt zwischen Pompeius und Caesar zu vermitteln (vgl. Plut. Caes. 31; Cic. fam. XVI, 11). Am 10. Jan. überschritt Caesar den Rubikon und marschierte auf Rom. Am 17. verließ Pompeius Rom nach Griechenland, am 18. folgte Cicero und ging auf sein Gut Formiae. Caesar versuchte Cicero auf seine Seite zu ziehen. Vom 17. März 49 ist ein Brief Ciceros an Caesar (Cic. Att. 9, 11 A) überliefert, in welchem er schreibt: „Als ich deinen ... Brief las, ... hat mich der Satz, Du wolltest Dich meines Rates und meines Ansehens bedienen, nicht sehr überrascht, wohl aber frage ich mich, wie ich deine Worte «Einfluss» und «Hilfe» auffassen soll. ... Indes wie ich seinerzeit persönlich nicht nur Förderer Deines Ansehens war, sondern mich auch sonst einsetzte für Deine Interessen, so geht es mir jetzt nachdrücklich um die Würde des Pompeius. Denn es sind nun schon einige Jahre, seit ich euch beide erwählt habe, weil ich euch besonders verehrt habe und gegen euch größte Freundschaft empfand und empfinde.“ Diesen Brief verbreitete Caesar als Zeugnis von Ciceros Parteinahme für ihn.

Am 24. März suchte Caesar auf dem Weg nach Spanien Cicero in Formiae zu einer Beratung auf. Über die Begegnung schreibt Cicero an Atticus (Cic. Att. 9, 18): „Ich blieb dabei: Nicht nach Rom! ... Er sagte, er sei verurteilt durch meine Entscheidung: wenn ich nicht käme, kämen die übrigen um so zögerlicher. – Ich sagte, dass mein Fall anders stehe als der ihre. – Nach langem Wortwechsel sagte er: «Also komm und rede zum Frieden!» – «Nach meinem Belieben?» fragte ich. – «Soll ich dir etwa Vorschriften machen?» sagte er. – «Somit werde ich dafür sorgen, dass der Senat es missbilligt, nach Spanien zu gehen und das Heer nach Griechenland zu schicken. Und vieles werde ich über Gnaeus (Pompeius) klagend vorbringen», sagte ich. Darauf er: «Ich aber will nicht, dass davon gesprochen wird.» – «Das habe ich mir gedacht», sagte ich. «Ich aber will dort nicht erscheinen, weil ich entweder so reden muss, und vieles erwähnen muss, was ich keineswegs verschweigen kann, wenn ich erscheine oder nicht kommen darf.» Das Ergebnis war, dass er gleichsam einen Ausweg suchend, sagte, dass ich es überlegen solle. Das ließ sich nicht ablehnen. So schieden wir voneinander. Ich glaube also, dass er nicht mit mir zufrieden ist. Ich aber war mit mir zufrieden, was mir schon lange nicht begegnet ist.

Cicero fühlte sich Pompeius verpflichtet und reiste ihm nach Griechenland nach, wo Pompeius in der Schlacht von Pharsalos am 8. Aug. 48 durch Caesar geschlagen wurde. Wiederum begegneten sich Caesar und Cicero, und wiederum erwies sich Caesar als nicht nachtragend. Hierzu Plutarch (Cic. 39): „Denn sowie Caesar ihn ... entgegenkommen sah, stieg er vom Pferd, begrüßte ihn und ging in einer Unterhaltung mit ihm allein ... weiter. Auch ferner bezeugte er ihm stets Ehre und freundschaftliche Gesinnung.“

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Nachdem Caesar 46 seine Diktatur errichtet hatte, zog Cicero sich völlig aus dem politischen Leben auf sein Landgut bei Tusculum zurück. Plutarch (Cic. 40): „Nur selten kam er nach Rom, um Caesar seine Aufwartung zu machen und gehörte zu den ersten, die Ehrungen für ihn empfahlen.“

Am 19. Dez. 45 besuchte Caesar Cicero in seinem Landhaus bei Puteoli, nachdem er tags zuvor bei seiner Nichte und ihrem Mann gewesen war, deren Villa benachbart zu Ciceros Landhaus lag. Cicero schreibt darüber an Atticus (Cic. Att. 13, 52): „Was für ein anstrengender Gast war mir das! Aber er reut mich nicht. Denn er war bester Laune ... Nach der achten Stunde [14 Uhr] stieg er ins Bad. ... Er ließ sich salben, nahm Platz zum Essen. Sein Brechmittel hatte er bei sich: So aß und trank er unbekümmert und mit Appetit. ... Sein engeres Gefolge fand Aufnahme an drei Tafeln. ... Der Gast war freilich keiner, zu dem man gesagt hätte: «Bitte komm doch wieder herein, wenn Du vorbeikommst.» Einmal ist genug. Ernstes wurde nicht besprochen, aber viel literarisches. Er hat sich amüsiert und war gerne da.

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Dieser Satz ("optimisstisch ging sie von dannen") sagt eigentlich gar nichts über die Person aus, sondern nur etwas über ihre Gemütsverfassung zu einem Zeitpunkt.

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Eine direkte Charakterisierung wäre die ausdrückliche Erwähnung (mehr oder weniger beständiger) Charaktereigenschaften, etwa:

Sie ist ordinär.

Sie liebt es, zu streiten.

Sie kann erträgt es nicht mitanzusehen, wenn jemand ungerecht behandelt wird.

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Indirekte Charakterisierungen machen Aussagen über die Person, indem sie den Charakter durch das Verhalten der Person darstellen. Etwa Sätze wie:

Er legte den Stift parallel zur Schreibtischkante hin (= er ist pedantisch).

Man bat ihn, den Satz zu wiederholen (= er spricht leise, ist schüchtern).

Er verhandelte noch eine Viertelstunde mit dem Taxifahrer, ehe er mir folgte (= er ist geizig).

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Gewöhne dir am besten von Anfang an eine genaue Aussprache an. ε ist ein geschlossener e-Laut wie in Zeh, aber kurz. η ist ein langer, offener e-Laut wie in zäh. ο ist ein geschlossener o-Laut wie in hohl, aber kurz. ω ist ein langer, offener o-Laut wie in engl. hall.

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Ignoscito saepe alteri, numquam tibi. - Verzeih deinem Mitmenschen oft, dir selbst nie. (Publilius Syrus, Sententiae A204)

Cum ignoscis uni, gratos complures facis. - Wenn du einem verzeihst, verpflichtest du dir viele zu Dank. (Publilius Syrus, Sententiae 658)

Dextera praecipue capit indulgentia mentes. - Geschickt eingesetzte Nachsicht erobert vor allem die Herzen. (Ovid, Ars amatoria 2. 145)

Ignosce fatenti. - Verzeih dem Geständigen. (Tibull, Elegiae 1. 6,29)

Tam omnibus ignoscere crudelitas quam nulli. - Allen zu verzeihen ist so grausam wie keinem. (Seneca, De clementia 1. 2,2)

Det ille veniam facile, cui venia est opus. - Wer Verzeihung braucht, sollte leicht verzeihen. (Seneca, Agamemnon 267)

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moriri - "sterben" ist ein Deponens, also: es gibt nur passive Formen, die haben aber aktive Bedeutung. Eine Form morio existiert nicht. "ich sterbe" heißt morior, Futur "ich werde sterben" moriar. "wir werden sterben" heißt dann moriemus (die Betonung liegt auf dem langen e). Das omnis in dem Zitat heißt "ganz". Es heißt also: "ich werde nicht ganz/vollständig sterben" oder wörtlicher, aber in schlechtem Deutsch: "ich werde nicht als ein Ganzer sterben". Willst du das Zitat im Plural haben, muss somit auch omnis im Plural omnes stehen. "Wir werden nicht vollständig sterben" heißt demnach: Non omnes moriemus.

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