Ich bin praktizierender MENSCH in erster Linie und Deine Frage scheint die theoretisierenden Profis anzugehen. Außerdem halte ich die Frage für viel zu groß angelegt.
Ich kann Dir nur sagen, was ich in meinen stets an Friedfertigkeiten interessierten Lebensjahren festgestellt habe und zwar in KLEINEN Details, die für mich aber WESENTLICH sind.
Bei den Evangelischen hat mich entsetzt, daß die Kinder nach einem eingangs gesungenen Lied weg-geführt wurden - AB-geführt. Offenbar empfindet man sie als störend und können sie auch dem Gottesdienst nichts abgewinnen und gehen daher - ordentlich betreut - in andere Räume wo sie spielen.
Bei der russisch-orthodoxen Auslandskirche - und das ist nur EINE von 5 orthodoxen Kirchen hier am Ort (v. denen ich 3 besuchte) [nicht gerechnet eine mir nicht bekannte römisch-orthodoxe Richtung} - gibt es KEINE Lebenszeit, die es NICHT in der Kirche verbringt. In Tragekörben werden die Kinder mit in den Gottesdienst gebracht, krabbeln den Gläubigen und dem Priester um die Füße, knutschen aus eigenen Antrieb (nachdem sie lange darin angehalten wurden die einen - oder unbeholfen die anderen) die Ikonen, spielen mit den Kerzenresten oder malen in der Sakristei, hocken auf der Wendeltreppe, von der aus sie alles bestens überblicken können und sind rechtzeitig die ERSTEN (nach dem Priester selbst), die sich den Leib & das Blut Christi holen oder das Ölkreuz auf die Stirn.
Da es außer dem Gottesdienst, Gläubigen & anderen Kindern (die irgendwann auch einmal als eventuelle Ehepartner beäugt werden) nichts an Ablenkungen gibt und auch keine Bänke zum Einschlafen, lernen sie hier ca. 2 1/2 Stunden Geduld - aber nicht nur am Sonntag um 10 Uhr. Und die Priester haben die Geduld mit ihnen, da ihre eigenen Kinder DARUNTER sind - in der Regel schafft man sich in einem Erwachsenenleben sieben an - MEIN Oberprister jedenfalls. Und kommt seine Tochter, die mit 17 Jahren aushilfsweise den Chor ersetzt etwas verspätet vom Violinenunterricht, schnuppert er ebenso liebevoll an ihrem Haar, wie das jede Füchsin auch tun würde.
Die jüngeren Priester haben mitunter erst zwei, weil die alle eine ordentliche Schulausbildung bekommen, selbstverständlich ein Musikinstrument lernen und nach Möglichkeit studieren sollen.
NICHTS spielt sich in meiner Kirchengemeinde in einem Beichthäuschen oder sonstwo VERBORGEN ab. Die Beichte ist vor aller Augen - ebenso wie alles andere. Die Benennung eines Priesters erfolgt erst, nachdem alles, was gegen ihn spricht solange vor aller Ohren erörtert, begründet, widerlegt wurde, bis niemand mehr dagegen ist.
Früher bekam er als Entlohnung nur ein paar Schuhe p.a., mußte also einem normalen Broterwerb nachgehen. Der Zulauf ist heute aber so stetig anwachsend, daß er recht vollbeschäftigt ist, seine Gemeinde auch zu Hause bzw. Krankenbett zu betreuen, Altenbetreuung zu regeln u. ä.
In den über 14 Jahren, die ich diese Gemeinde besuche, habe ich an den Priestern selbst noch nichts - garnichts - auszusetzen gefunden und das ist eine Erfahrung, die ich sonst NIRGENDWO gemacht habe.
Da ich evangelisch getauft bin, gibt es also keine VOR-Eingenommenheit für "meine Leut" - ich habe sie mir ausgesucht und es gab auch Eifersüchteleien der 'ordentlichen' Gemeindemitglieder = Wegbeißversuche!
P.S. Ich kenne auch die RÖMISCH-katholische Kirche und außer den Kirchen selbst zieht mich nichts in deren Gottesdienste.
Übrigens: Zum russ.-orthod. Chor habe ich ja überhaupt noch nichts gesagt ! Dabei ....