Eine sehr gute Frage! Schön, dass das auch andere so sehen.
Ich hatte 21-Jahre kein Facebook, kein Instagram, kein Snapchat und kein WhatsApp. Dann dachte ich mir, nachdem viele meinten, WhatsApp sei unglaublich praktisch: Probierst doch einfach mal zwei, drei Monate aus.
Schon am Anfang sind mir die vielen Käsebrote und Selfies auf den Senkel gegangen, die ich ständig geschickt bekam. Deswegen habe ich ein paar Kontakte gesperrt. Andere haben sofort herumgeheult: "Oh, ich habe genau gesehen, das du online warst, warum hast du nicht geantwortet!"
Ganz einfach: Weil ich keinen Bock habe, ständig auf mein Smartphone zu gucken und andere dafür zu loben, dass sie gerade weltbürgerlich in einem mexikanischen Restaurant zu Mittag essen und ihre Tacos fotografieren.
"Mama, Papa, schaut mal, ich habe einen Taco gefüllt!"
"Braves Butzy-Baby, gut gemacht. Papa hat dich lieb!"
Andererseits haben sie sich beschwert, wenn man sie anrufen wollte. Angeblich, weil es unangenehm wäre, ohne Vorwarnung telefonieren zu müssen. Das habe ich dann auch nicht verstanden. Für Menschen, die jede Sinneserregung dokumentieren und in die Welt hinaus posaunen müssen, finde ich diese Einstellung ganz schön soziopathisch.
Mit einer sehr guten Freundin habe ich dann eine Brieffreundschaft begonnen und den Rest an Kontakten habe ich gesperrt.
Ich bin eher ein Mensch, der gerne in die Natur geht und sich mit Freunden persönlich trifft. Weil das viele aber nicht wollten, weil die Natur ja leider nicht digital ist und im Wald, im Park oder auch in der Stadt oder im Kino keine Emojis existieren, mit denen man nach Aufmerksamkeit haschen könnte, habe ich dann viele Freundschaften beendet.
Meine wirklich guten Freunde - bis auf zwei - hatte ich sowieso nie auf WhatsApp gehabt.
Und seitdem habe ich mein Smartphone verkauft, weil ich diese Erfindung einfach für absolut sinnlos und unnötig halte. Mir reicht mein altes Tastenhandy, damit kann man wunderbar anrufen. Und wenn ich ins Internet will, dann gehe ich an meinen Laptop.
Wenn ich jemanden ansprechen will, klopfe ich an seine Tür oder rufe ihn an. Wenn ich jemanden was längeres schicken möchte, schreibe ich eine E-Mail, wenns kurz und schnell sein muss, reicht eine SMS. Und wenn ich gerade im Urlaub ganz weltbürgerlich eine einheimische Speise verputzt habe, dann kann ich mir ja auch mal die Mühe machen, der Person, der ich diese sensationelle Tatsache unbedingt mitteilen muss, gleich eine Postkarte mit lieben Grüßen zu schicken.
Aber was manche Menschen daran toll finden, immer transparent, abhängig und gestresst zu sein und nur noch mit hässlichen, gelben Gesichtern und halb zu Ende geführten Sätzen zu kommunizieren, bleibt mir ein Rätsel. Ehrlich gesagt ist mir das zu blöd.
Ich würde dir raten, WhatsApp offiziell abzuschalten (also alle nervigen Personen zu sperren) und zwei, drei Personen noch drauf zu lassen. Am besten wäre es aber, wenn du es gleich ganz deinstallierst. Ich bin viel zufriedener ohne als mit.