Tatsächlich ist das viel normaler, als die meisten Leute glauben. Ich bin 39 und kenne gar nicht wenige Männer UND Frauen in meinem Alter, die kaum oder keine Erfahrung mit Beziehungen haben. Natürlich ist es nicht die Mehrheit, aber eben auch nicht die absolute Ausnahme. Genauso kenne ich Leute, die zwar mal eine Beziehung hatten, dann aber 20 Jahre und länger Single waren (und dann wieder eine Beziehung begonnen habne).
Die Sache ist halt: Viele schämen sich dafür und erzählen es nicht rum. Dabei gibt es nichts, wofür man sich schämen müsste. Man ist deshalb kein schlechterer Mensch.
Ich habe meine erste (und einzige) Beziehung mit 34 begonnen, mein Mann war damals 28 und hatte nur wenige und sehr kurze Beziehungen. Ich bin jetzt 39 und lebe seit 1,5 Jahren mit meinem Mann zusammen, davor war es eine Fernbeziehung, wodurch sich mein Alltag nicht so verändert hat. Es mag sein, dass manche Menschen beziehungstechnisch/sexuell unerfahrene Personen unattraktiv finden, aber das gilt definitiv NICHT für alle - und es heißt einfach nur, dass du mit diesem Menschen nicht zusammenpassen würdest. Das ist aber ganz normal; ich wäre z.B. nicht mit jemandem kompatibel, der unbedingt Haustiere haben oder sein Leben in Australien verbringen möchte. Der Onkel meines Mannes hat einige Jahre in Südafrika gelebt und hätte dort eine Frau heiraten wollen, aber beide wollten ihr Heimatland nicht auf Dauer verlassen. Jetzt ist er seit Jahrzehnten Single und reist um die Welt, wann immer es ihm passt - wäre mit Partner viel schwieriger oder gar nicht möglich.
Verpasst du etwas? Nein und ja. Ja, weil du so natürlich keine Erfahrung mit Küssen etc. hast - nein, weil das nicht schlimm ist, denn JEDER verpasst etwas. Ich war ja, wie gesagt, sehr lange Single und die Menschen, die z.B. seit ihrem 18. Lebensjahr in einer Beziehung sind, haben es verpasst, ihre 20er ungebunden als Single zu verbringen. Ich würde es nicht anders haben wollen, weil ich mir über viele Dinge gar nicht den Kopf zerbrechen musste, mit denen andere Probleme haben (einerseits Beziehungsdrama, da hätte ich gar keinen Bock drauf gehabt - andererseits muss man sich ggf. von seinem Traumjob verabschieden oder lange pendeln, wenn sich nicht für beide Partner in der gleichen Stadt ein toller Job findet). Ich vermisse es außerdem aus meinen Singlezeiten, völlig frei über meine Freizeit entscheiden zu können, ohne auf jemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Wenn ich wegfahren will, musste ich nur schauen, wann ICH frei haben kann und nicht noch schauen, ob mein Partner da Urlaub kriegt.
Es ist nicht die beste Lebensweise, in einer Beziehung zu sein, es ist nur EINE mögliche Lebensweise, und es hat viele Vorteile, Single zu sein. Wer Kinder hat, verpasst ein kinderfreies Leben; wer kinderlos ist, verpasst die Erfahrung, Elternteil zu sein. Man kann unmöglich alle Lebensweisen selbst erfahren und wird immer auf irgendetwas verzichten müssen.
Denk dran: Der Zug ist NIE abgefahren - vielleicht lernst du noch mit 60 oder 80 jemanden kennen, oder gleich dieses Jahr. Wenn nicht, ist das aber auch nicht schlimm. Es ist okay, Single zu sein; man kann wunderbar alleine glücklich sein.