Leider ist deine Frage schon drei Jahre alt. Ich wünschte, ich hätte sie früher gelesen und darauf antworten können:
Die Gründe für deine Gefühle sind aus der Ferne nicht klar zu benennen. Und eine Psychotherapie könnte Abhilfe schaffen, aber ich persönlich bin da eher skeptisch, weil Therapeuten (genauso wie die Antworten hier) dazu neigen, die Mutter immer in Schutz zu nehmen und ausschließlich vom Kind Verständnis und Nachsicht zu erwarten. - Wenn du tatsächlich professionelle Hilfe suchst, wende dich daher unbedingt an einen Trauma-Experten. Der sollte nicht in diese Falle tappen.
Deine Abneigung gegen deine Mutter hat nämlich Ursachen. Du hast nur vermutlich keine Erinnerung daran. Das passiert, wenn du als Säugling schlechte Erfahrungen gesammelt hast (so dass du keine bewusste Erinnerung mehr, aber trotzdem noch das damals empfundene Gefühl in dir hast), aber auch wenn der Schmerz über das Erlebte so groß ist, dass du ihn (und jede Erinnerung daran) verdrängst.
Schmerzhaft sind für ein Kind nicht nur Schläge und körperliche Misshandlungen, sondern auch Lieblosigkeit, emotionale Abwesenheit und mangelnde Einfühlsamkeit. - Mach dir bitte folgendes bewusst: Für ein Kind bedeutet eine lieblose Mutter Lebensgefahr. Du warst womöglich damals in Todesangst!
Dass deine Erinnerung fehlt, führt leider letztendlich dazu, dass sowohl in deiner Frage als auch in den Antworten du selbst systematisch zu kurz kommst. Es geht nie um dich, sondern immer nur darum, was du für deine Mutter tun kannst.
Ich komme zu dieser Behauptung, weil mir zum Beispiel auffällt: Du hast nicht erwähnt, dass deine Mutter sich für deine Gefühle interessiert. Stattdessen fordert sie von dir Liebe und Rücksichtnahme. Und versucht sogar, dies mit Weinen durchzusetzen. (Das könnte man übrigens emotionale Erpressung nennen ...)
Und bitte missverstehe mich nicht: Deine Mutter ist garantiert kein böser Mensch. Sehr wahrscheinlich hat sie selbst psychische Probleme. Deshalb konnte und kann sie dir keine gute Mutter sein. - Genau das spürst du: Sie tut dir nicht gut. Aber gleichzeitig tut sie ja ihr Bestes und bemüht sich. Dadurch steckst du in einem Dilemma, weil dein Recht auf ein liebevolles, ein gutes und erfülltes Leben mit deiner (ursprünglich vorhandenen) Liebe zur Mutter kollidiert.
Dieses Dilemma hat dir faktisch deine Mutter aufgebürdet. Dass sie es nicht besser geschafft hat, hat dein Mitgefühl verdient, bedeutet jedoch nicht, dass du dazu verpflichtet wärst, ihre Versäumnisse auszugleichen und wiedergutzumachen!
Und was sollst du stattdessen tun? Du kannst eigentlich nur an dir selbst arbeiten. Dazu gibt es viele Möglichkeiten, die aufzuzählen hier zu weit führen würde. Deine eigenen emotionalen Probleme - für die die fehlende Liebe zu deiner Mutter nur ein Symptom ist! - müssen irgendwie bewältigt werden.
Erst dadurch kannst du selbst eine gute Lebensqualität entwickeln. Und erst danach - wenn du selbst ein eigenes Leben in Fülle und Liebe lebst - kannst du auch anderen (z. B. deiner Mutter) helfen.
Und ob du dann auf deine Mutter zugehst und ihr mit Nachsicht und Milde begegnest, wird sich also zeigen, wenn es so weit ist. Jetzt musst du erst mal dein eigenes Leben ins Reine bringen.
Das ist kein Egoismus! Sondern die einzige Lösung, die funktioniert. Falls du Zweifel daran hast und dich selbst für egoistisch hältst, wenn du so handelst, dann bedenke folgendes:
In einer Lebenskrise ist es so ähnlich wie bei einem Flugzeugabsturz. Du musst - das sagt dir jede Stewardess - immer zuerst dir selbst eine Sauerstoffmaske aufsetzen, bevor du deinem Sitznachbar hilfst. Wenn das versäumst, kriegst du keine Luft mehr, wirst ohnmächtig und kannst niemandem helfen. Dann sterbt ihr beide.
Es ist also besser, wenn du nicht vor lauter Selbstlosigkeit das Wohlergehen aller Beteiligten (auch das deiner Mutter!) gefährdest, sondern dich erst einmal um dich selbst kümmerst, weil du erst danach in der Lage bist, für andere da zu sein.
Achte auf dich, und ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft!