Allein die Tatsache, dass du einen Offenstall und eine Boxenhaltung gegenüber stellst und das letztere für besser zu halten scheinst, zeigt mir, dass du generell noch nicht viele Erfahrungen im Thema Pferd hast. Ein Offenstall ist um einiges artgerechter, da das Tier genügend Licht, Bewegung und soziale Kontakte hat. Auch die Luft ist hier besser. In einem geschlossenen Stall kann sich ein Pferd nicht ausreichend bewegen. Ein Wildpferd kann am Tag bis zu 40 Kilometer zurücklegen, meistens läuft es bis zu 25 Kilometer. Durch Boxenhaltung wird ein Pferd nicht nur stark eingeschränkt, oftmals vereinsamt es auch. Zur Folge treten oft Angewohnheiten wie Koppen, Weben oder Zähne am Gitter reiben auf. Die Luft ist ebenfalls schlechter als in einem Offenstall, da Gase, welche durch das Ammoniak entstehen, nicht verfliegen. Auch andere Bakterien sind auf engem Raum in der Luft, so dass Boxenpferde meist öfter an Husten erkranken.
Zu deinem zweiten Punkt kann man sagen, dass zwei Koppeln generell sehr wenig sind. Zwar hast du nicht geschrieben, wie groß die Koppeln sind, aber selbst wenn es sehr große sind, wird es vom Platzverhältnis kritisch, da das Gras nicht nur abgefressen, sondern auch zertrampelt wird. im Normalfall leidet die Grasnarbe darunter erheblich. Natürlich sind zwei Koppeln immer noch besser als gar keine, wie es offenbar beim Offenstall der Fall ist. Dafür könnte ich mir vorstellen, dass die Pferde bei der Boxenhaltung nur stundenweise auf die Koppeln kommen, wodurch immer noch nicht genügend Bewegung gewährt ist.
Ein Roundpen, sowie eine Reithalle sind sehr praktisch, da man sich dort meist besser weiterbilden kann, als im Gelände oder gar auf dem Paddock, auf dem das Pferd untergebracht ist. Vielleicht solltest du hier noch mal die Besitzerin des Offenstalls fragen, ob es wirklich keine andere Möglichkeit zum reiten gibt. Könntest du vielleicht zum Reitstall rüber reiten, wenn du lieber in der Halle reiten möchtest? Oft ist es für einen geringen Preis möglich, nur die Halle zu nutzen.
Nun zu der Sache mit dem Misten und Füttern. Das ist natürlich ein guter Grund für dich, lieber in den Reitstall zu wollen. Allerdings hat dies Tatsächlich mehr mit Bequemlichkeit zu tun, als mit Stress. Deswegen halte ich es für ein wenig lächerlich, nur, weil du morgens nicht früher aufstehen möchtest, dein Pferd in eine Box zu zwängen. Es benötigt nur ein wenig Planung, und schon klappt das alles. Ich zum Beispiel bin jetzt 13 Jahre alt, besuche momentan die achte Klasse eines Gymnasiums und habe zwei mal in der Woche bis vier Uhr Schule. Ich schaffe es trotzdem, jeden Morgen für vier Pferde Stroh und Futter zu geben, was eine Sache von vielleicht 15 Minuten ist. Ich schaffe es auch, abends 13 Pferde zu füttern, dafür brauche ich mindestens 90 Minuten. Nebenbei bekomme ich auch noch mein Pony bewegt, kann alle Hausaufgaben machen, für die Schule lernen und Trompete üben. Selbst mit meinen Freundinnen kann ich mich regelmäßig treffen. Das ist alles nur eine Frage der Planung und des Durchhaltevermögens, dann klappt das auch.
Meiner Meinung nach wäre es unverantwortlich, einem Pferd die artgerechte Haltung in einer Herde zu verwehren, wenn es klappen würde. Sollte die Möglichkeit nicht da sein, kann man natürlich nichts an der Sache ändern. Bei dir ist diese Möglichkeit allerdings vorhanden. Nebenbei bemerkt: Am Ende zahlt deine Mutter alles. Das Pferd, die Ausrüstung, das Futter, die Tierarztkosten, die Hufschmiedkosten, usw. Ihr dann auch noch zuzumuten, eine höhere Stallmiete zu zahlen, ist nicht wirklich fair, oder? Sei lieber froh, dass du überhaupt ein Pferd bekommst.
LG