Stress, Panik und Fluchtverhalten: Sollten wir im Sinne des Tierwohls auf Böller an Silvester verzichten?

So wie an jedem Silvesterabend mit der Ausstrahlung von "Dinner For One" gerechnet werden kann, so sicher sind auch die alljährlichen Diskussionen über die Sinnhaftigkeit von Feuerwerkskörpern. Doch vor allem für Tiere hat der Silvesterabend oft gravierende Folgen. Und genau zu diesem Thema wollten wir mit der Community im Zuge unserer Meinung des Tages einmal sprechen...

gutefrage-Redaktion
3.5.2024
Katze hinter Vorhang

Die alljährliche Freude an der Knallerei

Ja, womöglich kennst auch Du das folgende Szenario: Es ist bereits 23:45 Uhr und die Stimmung am Silvesterabend ist ausgelassen und vor allem feucht-fröhlich. Das Essen war ausgesprochen gut, die Gespräche im Kreise der Liebsten waren - je nach Pegel - lustig bis zutiefst philosophisch und da in wenigen Minuten bereits das neue Jahr gebührend gefeiert wird, gilt es, jetzt noch schnell das Sammelsurium an gekauften Wunderkerzen, Böllern und Raketen zusammenzusuchen, um vor der Haustüre oder im nahegelegenen Park gleich ein bombastisches Feuerwerk, das selbstverständlich sehr viel wuchtiger und imposanter als das des Nachbarn daherkommt, gen Himmel zu jagen.

Das eigene Haustier wird - fürs ggf. aufkommende schlechte Gewissen - vor Verlassen des Hauses noch einmal kurz beruhigt oder in ein vermeintlich ruhiges Zimmer verfrachtet. Doch inwieweit Silvester und die damit verbundene Geräuschkulisse für Haus- und Wildtiere Jahr für Jahr tatsächlich ein großes Problem darstellt, wird von den Meisten von uns in vielen Fällen leider ausgeblendet....

Feuerwerk

Wenn das Silvesterfeuerwerk Tiere in Angst und Schrecken versetzt

Feuerwerkskörper können laut sein. In vielen Fällen sogar sehr laut! Und diese Gefahr wird von einigen Menschen unterschätzt, denn Silvesterböller können das Gehör von Mensch und Tier dauerhaft schädigen. Die Knallkörper können dabei eine Lautstärke von 130 bis 180 Dezibel erreichen, was in etwa mit einem Presslufthammer oder startenden Düsenjet vergleichbar ist. Die Schwelle, bei der sich ein Mensch unwohl fühlt, liegt bei ca. 80 Dezibel.

Unwohl fühlen sich jedoch auch Haus- und Wildtiere, für die Feuerwerksgeräusche völlig unvorhergesehen und überraschend entstehen, weswegen diese i.d.R. ein Problem damit haben, den Krach einzuordnen. Bereits eine einzige Silvesterrakete oder ein Böller kann schon ausreichen, um ein (Haus-)Tier massiv zu verängstigen und zu fluchtartigem Verhalten zu animieren. Hunde beispielsweise verfügen - im Vergleich zum Menschen - über ein äußerst gutes und sensibles Gehör. Nicht selten kommt es daher vor, dass Hundebesitzer in Städten jedes Jahr aufs neue beobachten müssen, wie sich der geliebte Vierbeiner panisch unter dem Bett, hinter dem Sofa oder an einem anderen sicheren Zufluchtsort in der Wohnung verkriecht, sobald das Feuerwerk draußen beginnt.

Wildtiere, die in der Natur durch die Geräuschentwicklung des Feuerwerks aufgescheucht werden, können vor Schreck über (Land-)Straßen oder Autobahnen flüchten und somit Unfälle verursachen. Weiterhin zerrt das - unnötig ausgelöste - Fluchtverhalten bei Wildtieren an deren Energiereserven, die sie im Winter primär für das Überleben benötigen. Und bei Vögeln ist es sogar möglich, dass das Migrationsverhalten der gefiederten Tiere angesichts von Feuerwerk, Lärm und Rauchentwicklung nachhaltig gestört oder verändert werden kann.

Vogel mit Müll im Schnabel

Kranke Umwelt, kranke Tierwelt...

Wenn zu Silvester ausgiebig gefeiert wird und Raketen den Himmel farbenfroh erleuchten, dann fühlt sich das Spektakel - wie bereits erwähnt - für unsere Tiere angesichts des Lärms in den allermeisten Fällen alles andere als schön an. Das Silvesterfeuerwerk schadet den Tieren in den eigenen vier Wänden oder der Natur jedoch nicht nur mit Blick auf den Lärm: Rauchentwicklung, Feinstaub und Müll sind für die Tiere oftmals ebenfalls negative Begleiterscheinungen der Silvesterknallerei.

Laut Umweltbundesamt steigen die Feinstaubwerte in der Silvesternacht in vielen größeren Städten auf die höchsten Werte des gesamten Jahres: Zu Silvester werden teilweise Spitzenwerte von 900 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft erreicht. Wenn man bedenkt, dass der vorgeschriebene Grenzwert bei nur 50 Mikrogramm liegt, offenbart sich das Ausmaß des Silvesterfeuerwerks. Zudem werden bei den Explosionen der Feuerwerkskörper Metallverbindungen freigesetzt, die sowohl von Mensch als auch Tier eingeatmet werden und schwerwiegende gesundheitliche Folgen oder Atemwegserkrankungen nach sich ziehen können.

Wirklich gravierend sind außerdem die Auswirkungen für unsere Böden, Gewässer und Flüsse, da sich hier giftige Schwermetalle absetzen können, die am Ende des Tages in den Nahrungskreislauf der Tiere gelangen. Und wie wir alle wissen, türmen sich riesige Müllreste an Böllern und Raketen unmittelbar nach Silvester auf den Straßen. Leider kommt es dann allzu oft vor, dass Tiere den Müll mit Futter verwechseln und so versehentlich fressen.

Was also tun? Wenn wir Feuerwerk und Böller schon mit Blick auf unsere eigene (menschliche) Gesundheit nicht abschaffen wollen, wäre es dann nicht zumindest angebracht, dieses im Sinne des Tierwohls abzuschaffen?

Diese Frage haben wir im Zuge unserer Meinung des Tages und in Kooperation mit der Tierhilfe Fünfseenland mit der gutefrage Community diskutiert.

Sollte im Sinne des Tierwohls auf Silvesterfeuerwerk verzichtet werden? Die gutefrage Community diskutiert

Die Nutzer whitebuddafly und Topflappen555 beispielsweise sehen erst einmal keine Notwendigkeit, das Feuerwerk einzuschränken

Böller vielleicht verbieten, ok. Raketen und Fontänen kann man wegen den schönen Farben und Muster lassen. Wenn man immer wieder unbedingt alles verbieten will, woran andere Freude haben, macht man sich auf Dauer auch keine Freunde. Wenn es unbedingt um den Krach geht, kann man der Natur auch die Gewitter verbieten...

Silvester sehen unsere beiden Katzen sehr entspannt und interessiert am Fenster zu. Von Angst keine Spur.

Zur Antwort

Ich halte dieses Verbot vor allem deswegen für kritisch, weil es dazu führen würde das vermehrt illegale Böller verwendet werden. Solche Böller sind weitaus gefährlicher und stellen bereits jetzt ein Problem da.

Hinzu kommt noch das Polizei und Justiz dadurch noch stärker ausgelastet würden, mir persönlich ist es eigentlich lieber wenn diese ihre Zeit damit verbringen wirkliche Straftäter zu verfolgen.

Ich glaube wenn mehr Ortschaften ein eigenes Feuerwerk veranstalten würden, würde sich dieser Bedarf überhaupt selber zu knallen auch reduzieren.

Zur Antwort

Auch Nutzerin Achwasweissich, die selbst Haustierbesitzerin ist, spricht sich gegen ein Verbot aus:

Nein, obwohn unsere Hündin immer Ängste ausstand bei Feuerwerk - ihr wurdeals sie klein war außerhalb der erlaubten Zeit ein Polenböller ins Gesicht geworfen - war ich niemals für ein dunkles, stilles Silvester ohne Feuerwerk.

Man könnte natürlich was anders machen, das Feuerwerk z.B. jeweils an zentralen Orten in den Stadtvierteln und Dörfern von Feuerwerkern zünden lassen (der Schein ist schnell gemacht, irgendein kleiner Pyromane findet sich sicher in jedem Rathaus^^). Dann kann hinschauen wer mag und sich in seinen Keller verkriechen wer nichts hören und sehen will. Finanzierbar durch Bußgelder für all die Idioten, die irgendwann im Sommer rumböllern, nicht zugelassene Importware zünden oder große Kaliber an kleine Kinder verkaufen, da kommt einiges zusammen.

Wildtiere gehen ganz einfach weiter weg vom Ort wenn sie sich gestört fühlen, es wurden (laut des hiesigen jagdpächters, mit dem ich öfters rede) weder massenhaft irgendwelche toten Tiere vor und nach Silvester gefunden noch große Panik festgestellt. Ein Mopedfahrer im Wald löst mehr Stress aus als das Feuerwerk im Ort sagte er mal und Mopedfahrer "verlaufen" sich trotz schildern öfters mal mit ihren Enduros.

Wenn sich Menschen nicht benehmen können muss man in ihren Wohnvierteln wohl das Feuerwerk verbieten, es gibt ja bekanntlich solche, die zu dumm sind um ihren Müll nachdem das Feuerwerk vorbei ist wegzuräumen.
Bei uns gabs das nie: Man traf sich mit nem Glas Sekt udn Wunderkerzen auf der Straße, zündete was zu zünden war, wünschte sich ein Frohes Neues und dann räumte jeder seinen Mist zur Seite oder gleich in die Tonne. Am nächsten Morgen mussten schließlich die ersten Frühdienstler raus während Spätdienstler wei mein mann ohne Proleme zu ihren Stellplätzen wollten. Um 9 am Morgen war die Straße spätestens schon gefegt - nicht von der Gemeinde, die so einen Service nie anbot sondern durch die Anwohner.
Geballert wurde auch (ja, da hab ich olle Kartoffel was zu gesagt) nur am späten Abend und bis um 2-3 Uhr in der Nacht. Die Knallerei schon tage vorher hatte ich gebeten, zu unterlassen, man kam dem nach. Reden und höflich sein hilft halt manchmal mehr als Geschrei und Verbot (denn erlaubt ist es eh nicht, den ganzen Dezember durch schon zu zündeln...)

Alle anderen Haustiere, die wir je hatten (mehrere Hunde, Katzen, eine Schildkröte, Fische, Mäuse) haben das Feuerwerk absolut gelassen genommen und teils verpennt. Die Hunde meiner Ma stehen auf dem Balkon und schauen zu.

Zur Antwort

Völlig anders hingegen sehen es die User jalvi, AlexausBue und IlanRoman, die sich allesamt für ein Verbot stark machen:

Ich habe das bei einigen Haustieren erlebt wie schlecht es ihnen geht. Noch dazu beschränkt es sich ja leider nicht auf eine halbe Stunde bis Stunde zum Jahreswechsel, es wird Tage vorher schon immer wieder geschossen. Ich selbst lege da auch keinen Wert drauf. Klar ist hübsch anzuschauen das wären aber andere Dinge auch...

Mein Kater hat viele versteck Möglichkeiten die nutzt er und bleibt da bis es wieder ruhig ist, teilweise verkriecht er sich da stundenlang...

Zur Antwort

Böller sollten generell für Privatleute verboten werden, nicht nur wegen des Tierwohls, sondern auch wegen des Feinstaubes, wegen der Verletzungsgefahr und der unvernünftigen Benutzer speziell in den letzten Jahren.

Befürworter haben ja nur als Argumente:

  • Das gehört doch dazu
  • Ist doch nur einmal im Jahr
  • Das ist doch Tradition
  • Ich lasse mir meine Freiheit nicht nehmen

Aber ganz ehrlich, das sind extrem schwache Argumente, weil sie nur Egoismus und das eigene Bedürfnis betreffen.

Böller sind nicht mehr zeitgemäß und es leidet niemand Höllenqualen, wenn man sie verbietet.

Die objektiven Vorteile überwiegen, weil es keine objektiven Nachteile gibt.

Zur Antwort
  • Keine Feuerwerke in der Natur und an Plätzen, wo sich viele Vögel versammeln. Dazu zählen Wasserflächen, Parkanlagen und Wälder.
  • Abbrennen von Feuerwerken sollte nur auf vorher festgelegten Plätzen erlaubt sein
  • Feuerwerk außerhalb der Silvesternacht ist schon jetzt verboten. Hier bedarf es aber stärkerer Kontrollen

Am Ende sollte sich jeder selbst Gedanken machen, ob er auf das Abbrennen eines Feuerwerks verzichtet. Ich tue es - den Vögeln zu liebe.

Zur Antwort

Wie Du siehst ist das Thema Böllerverbot sowohl für Mensch als auch Tier ein mehr als heiß diskutiertes. Hast auch Du eine persönliche Meinung zum Thema, die Du mit unseren Nutzern teilen möchtest? Dann wirf gerne noch einmal einen Blick auf unsere Meinung des Tages.

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