Ziegel - Reichsformat

5 Antworten

Lediglich die Einführung eines Formates bedeutet ja nicht, daß nur noch Ziegel in diesem Format hergestellt wurden oder verfügbar waren. Für öffentliche Gebäude konnte die Verwendung von "reichsformatigen" Ziegeln vorgeschrieben werden, Privatgebäude konnten aber problemlos auch mit Normalformat oder anderen Größen gemauert werden.

Genau lesen! :-) Bei Wikipedia steht, das neue Reichsformat wurde mit Einführung des metrischen Systems notwendig. Das heißt nicht, daß es damit auch eingeführt wurde. Mein Bauernhaus von 1890 ist z.B. noch mit altem Reichsformat gebaut worden. Das neue Reichsformat muß also danach eingeführt worden sein.

In der einschlägigen Literatur (Bender, Staufenbiel, div. Lexika aus dem späten 19. und frühen 20. Jh.) ist nur vom Normalformat die Rede, das 1872 als Baustoffnorm eingeführt wurde und bereits auf dem metrischen System (jedoch nicht auf dem Meter für das Mauerwerk) aufbaute. Die Maße lagen bei 25x12x6,5 cm.

Dieses Format setzte sich sehr schnell in ganz Preußen durch und wurde bei der Einführung Normalformat genannt. Erst 1881 erschien auch der Begriff Reichsformat. Für Verblendziegel kam ab 1879 noch ein weiteres Maß dazu: 25,2x12,2x6,9 cm. Diese wurden vor das Hintermauerwerk (Normalformat) gemauert und waren für eine schmalere Fuge von 8 mm vorgesehen.

Erst 1952 (!) wurde diese Baustoffnorm durch das neue Dünn- und Normalformat nach DIN 105 abgelöst (24x11,5x5,2 cm, 24x11,5x7,1 cm), wodurch Mauerwerk möglich wird, das sich am Meter orientiert (z. B. eine Ziegelschicht von 1 m Länge lässt sich aus 4 aneinander gelegten Ziegeln plus Fuge mauern; beim Reichsformat ergaben 4 Ziegel plus Fuge eine Länge von mehr als einem Meter). Heute gibt es noch viele weiteren Normen für Ziegelformate.

Von einem Neuen Reichsformat ist in der Literatur nirgends die Rede. Im Internet (Wikipedia, Kataloge div. Ziegelhersteller etc.) erscheint das Format aber regelmäßig (und bei den nicht herstellergebundenen Internetseiten ist ziemlich klar, dass hier jeder von jedem abschreibt). Woher dieses Neue Reichsformat stammt, konnte ich bisher aus der Literatur nicht belegen. Was es lt. Literatur aber tatsächlich gab (und das lässt sich auch an Gebäuden messen), sind weitere Formate, die neben dem Reichsformat angewendet wurden und nur lokal gängig waren (aber eben nicht gesetzlich über eine Norm vorgeschrieben wie das Normal-/Reichsformat).

Ich hoffe, das hat trotzdem schon ein bisschen geholfen. Vllt. hat ja jemand einen Lesetipp (sprich: Literatur, nicht: Kaloge der Ziegelhersteller oder Wikipedia), der die im Internet herrschende Verwirrung aufklärt und dem Fragesteller oben helfen kann?

Gruß, Antje Seidel


"Ja" einpaar milimeter Unterschied ist grosse Probleme bei einer Sichtmauerwerk, zBl. bei einer Klinker-Fassade. Die Antwort ist nicht egal. "Ja" das war ein Standard, doch die Herstellungstechnologie war in den Jahren 1880' noch nicht ganz genau. Nach unsere Erfahrung https://www.youtube.com/watch?v=S8gn-L19_0A

bei den handgeschlagenen Ziegeln sogar +- 1cm Unterschied ist möglich. Und bei maschinen hergestellten alten Mauerziegeln (Press-Ziegel) ist auch möglich +-3mm dazu Standard ( alte Reichsformat oder neue Reichsformat). Und kommt noch ein Faktor, dass allerdings alle Ziegelwerk probierte die Standardmasse herstellen, aber jede Werk hat ein bischen andere Grundmasse oder können wir "durchschnittliche Masse" sagen, und dazu kommt noch die +- 3mm!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung