Wing Tsun - Was nützt es mir, wenn ich ich 2 mal die Woche trainiere und wenn ich in eine ausweglose Konfliktsituation komme, nichts davon haben sollte?

8 Antworten

Ich habe 10 Jahre lang Wing Tsun "praktiziert" und ich kann mich kaum beklagen. Ich möchte allerdings anmerken, dass ich das ganze vom alter 5-15 gemacht habe. Die ersten Jahre Training waren also etwas anders, als sie bei dir sein werden.

Zu deinen Thesen:

1) Ich habe eine Zeit lang parallel zu Wing Tsun, Karate gemacht. Ich muss sagen, dass Karate im Vergleich deutlich Theoritscher war. Bei Turnieren durften wir uns nicht einmal wirklich berühren. (War auch im Kindesalter, dennoch)

Wir haben zum Abschluss jedes Trainings Bodenkampf trainiert. Also: Rücken an Rücken hingesetzt, dann wird sich umgedreht und gekämpft. Zu Ende ist es, wenn einer aufgibt oder die Zeit halt abgelaufen ist. Ansonsten haben wir für den 10. Schülergrad (vergleichbar mit den Gürteln in Karate. Es gibt 12 Schüler- und danach 12 Lehrergrade), der sich mit Kampf gegen mehrere Gegner gleichzeitig beschäftigt, fast auschließlich Praxis trainiert.  

Theorie ist also vorhanden, aber ich würde das Training keineswegs als zu Theoretisch bezeichnen.

2) Schwerpunkt und eingeknickte Beine sind "Themen", aber wieder möchte ich den Vergleich zu Karate aufschlagen: Dort war es mindestens genauso schlimm. Schwerpunkt kann ein Problem sein, und eingeknickte Beine ebenso. Sie machen einen kaum erwähnenswerten Teil, der guten Grundstellung aus, aber aberwitzig ist da eher Karate. Die Grundstellung im Wing Tsun würde ich eher Praktisch nennen. Womit ich zum nächsten Punkt komme.

3) Ich kann es nicht lassen und ich muss wieder einen vergleich zu Karate aufschlagen: Eine Sache, die mich beim Karate, im Sinne der selbstverteidigung immer gestört hat ist: Beim Training ist es immer Karate gegen Karate. Dir wird Technik xy gezeigt und danach die Verteidung dazu. Das hilft dir aber in einer Konfliktsituation nicht. Beim Wing Tsun haben wir mit den "alltäglichen" Dingen trainiert, wie schwingern oder einfachen faustschlägen nach vorne. Im 11. Schülergrad geht es auch um den Kampf gegen Messer und Schlagstock. Im 12. um "Sanfte Mittel" also um Hebel usw. Abgesehen von, auf die Straße gehen und echte kämpfe anzetteln (wie in Fight Club :D ) kann ich mir kein Praktischeres Training vorstellen. Außerdem (aber das muss kein pro sein), haben wir bevor wir angefangen haben zu kämpfen (beim ersten schülergrad) gelernt, zu sagen: "Lass mich in Ruhe". Also eine Konfliktsituation möglichst zu meiden. Ich meine mich erinnern zu können, auch ganz kurz über gestik gesprochen zu haben, also wann der gegenüber vor hat anzugreifen etc. Da kann ich mich aber auch sehr gut täuschen. Außerdem haben wir besprochen, wann etwas notwehr ist und wann sie ungefähr endet.

4) Zum Praktischen Training habe ich bereits etwaws gesagt. Meistens benutzen wir kleine handliche "Boxhandschuhe" damit wir etwas weniger schonend mit unserem gegenüber umgehen müssen. Wenn es um Tritte gegen schienbeine geht, haben wir auch schienbeinschoner getragen. Imwiefern die schlaghärte darunter gelitten hat, muss jeder für sich selbst wissen. Selten, aber nicht zu selten, haben wir auch einfach die ganze Stunde mit Pratzen trainiert. Obwohl ich dazu sagen muss, dass es beim Wing tsun eigentlich nicht wirklich auf die schlaghärte ankommt. Besonders ab dem 12. Schülergrad, wo man mit den "sanften Mitteln" anfängt.

5) Was heißt denn für dich Härter? Ich hab gemerkt, wenn ich 1-2 Wochen mal nicht beim training war. Also meine Ausdauer ist imens gestiegen, und die habe ich heute noch nicht ganz verloren. Wenn du erwartest vom Wnig Tsun, wie Arnold Schwarznegger auszusehen, muss ich dich entäuschen. Dennoch werden viele Liegestützen gemacht und auch alle anderen Muskeln werden desöfteren Trainiert. Wir haben aber jede Stunde sehr viele Liegestützen gemacht, weswegen mir die besonders im Kopf geblieben sind  :D

Das war jetzt aber auch nur meine Erfahrung. Allerdings muss ich sagen, dass das beste beim training immer noch die anderen Menschen waren. Lehrer und Schüler waren einfach derart einspannt und cool drauf, dass man sich allein wegen den Leuten wieder auf das Training gefreut hat. Deswegen kann es sein, dass das langweilige und Theoretische training, mir aufgrund der Menschen gar nicht so langweilig und Theoretisch vorkam.

Du kannst es ja mal ausprobieren und schauen, ob dir das ganze zusagt. :)


verreisterNutzer  05.06.2016, 23:58

Zur Schlghärte: Mein Trainer war ziemlich muskulös. Er hat aber auch mehrmals die Woche, mehrere Stunden trainiert. Wir haben seine ganze schlaghärte nur beim pratzentraining gespürt und ich kann dir sagen: die war echt heftig. Keiner von uns (auch keine gut gebaute 18 jährige) konnte diesen Schlag gegen die gehaltene Pratze einfach wegstecken. Wir sind meistens auf den Boden geflogen :D

Also Schlaghärte kommt eher auf dich an, ist aber im allgeimen nicht so wichtig.

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Burhan13227  18.03.2022, 10:58

Mir gehts genau so. Die Stimmung bei uns in der Wing Tsun Schule ist so schön, dass ich einfach nur dann hingehen muss

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Die vielen Vorurteile gegenüber WingTsun kommen daher, dass die verschiedenen Organisationen die WT anbieten quasi einen Werbekrieg gegeneinander führen. Jeder behauptet der andere macht es unrealistisch, nicht traditionell oder hat es geklaut. Im Endeffekt kommt es jedoch auf den Lehrer an, der einen unterrichtet. So gibt es z.B. innerhalb der EWTO sehr kompetente Meister die Wirklich viel können und das was sie können auch gut weitergeben, aber es gibt auch inkompetente, die selbst wohl nicht ganz verstehen was sie da machen.

1.) Wing Tsun wird in unterschiedlichen Schulen unterschiedlich trainiert. Theorie gehört ohne Zweifel dazu.

Es gibt viele Schulen, in denen sehr viel theoretisiert wird und sowohl Ausbilder als auch Schüler viel herumstehen und debattieren über kleinste Winkelunterschiede und besonders über das "ja, und wenn ich dann dies oder jenes mache..." Das führt oft zu weit weg vom eigentlichem Thema und verhindert oft, dass in die Übungen TRAINIERT werden.

Es ist die Aufgabe des Schulleiters, dafür zu sorgen, dass seine Schule kein Debattierclub wird. Dasdies durchaus möglich ist, zeigt sich in meiner jetzigen Schule.

Was Du hier kritisiert hast, ist die Trainingsart, nicht das SV- System Wing Tsun. Es gibt Schulen, auf die trifft die Kritik zu, auf andere nicht.

2.) Du meinst sicherlich den IRAS. Das ist kein "Grundstand". Es ist ein TRAININGSSTAND. In diesem Stand wird der WT-Kämpfer niemals kämpfen - so, wie sowieso nie IM STAND gekämpft wird. Ein Kampf ist immer dynamisch. Da steht niemand rum, man bewegt sich.

Durch den IRAS werden kampfrelevante Attribute geschult. 

1 Attribut: Es werden die Füsse extrem nach innen gekehrt, weil bei die überwiegende Mehrheit der Leute im entspannten normalen Stand die Füsse nach außen zeigen. Ziel ist im Grund die Gewöhnung, dass die Füsse nach vorn zeigen. So wird man schneller bei Schritten, beim Laufen.

Es gibt noch mehrere Attribute, die durch diesen Stand geschult werden. Ein guter Ausbilder teilt sie seinen Schülern mit.

3.) Natürlich gibt es zu jeder Übung einen Praxisbezug. Aber nicht jede Übung simuliert das Kämpfen. Siehe auch die Erklärung bei Onkel Schorsch.

4.) Was meinst Du mit fehlendem praktischem Training? Kreis, Sparring und Situationstraining? In einigen Schulen gibt es das, in anderen nicht. 

Das Schlagkrafttraining, technisch in die Luft, auf Pratzen und auf Polster kommt in nahezu jedem Training vor, bei den mir bekannten Schulen. Die einen lassen es nebenherlaufen, die anderen unterrichten und TRAINIREN das WIE und WARUM richtig. 

Du kritisierst hier wieder nur die Trainingsart, nicht die Kampfkunst Wing Tsun.

5.) Härter? Wie meinst Du das? Die Schulen haben unterschiedliche Ausrichtungen, die leider nicht immer direkt dem Schüler mitgeteilt werden. Alles versprechen die Selbstverteidigungsfähigkeit zu steigern.

Einigen ist echte Selbstverteidigung incl. Konflikttraining, Situationstraining, Sparring, Stresstraining, Fitness tatsächlich wichtig.

Anderen ist nur die Fitness wichtig. 

Anderen ist die Harmonie der Bewegungen das höchste Gut und dass die Leute sich im Traing wohlfühlen (Familie, geistige  Erbauunung, Spaß). Dann kann man die Leute natürlich nicht so fordern, stressen, Sparring machen, endlos Bewegungen einschleifen.

Fazit: Was meistens kritsiert wird, ist die Trainingsart des Wing Tsun. Die aber ist von Verband zu Verband, von Schule zu Schule unterschiedlich. 

Meine Antwort resultiert aus über 12 Jahren Training im Wing Tsun an zwei sehr unterschiedlichen Schulen und diversem Herumschnuppern. Die Kritik, die Du hier aufführtes, ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. 

Es gibt teils sehr schlechte Wing Tsun Schulen. Als schlecht bezeichne ich es, wenn die ursprünglichen Versprechen (SV-Fähigkeit steigern, komplettes System lehren, Kostentransparenz) nicht eingehalten werden.

Es gibt aber auch sehr gute Schulen. 

Ich halte das Wing Tsun System für effektiv in Bezug auf SV, wenn es richtig und komplett unterrichtet wird. Der Schüler muss jederzeit wissen, welche Übung wozu dient UND wie realistische Angriffe aussehen können.

Diese Kritik kommt von Leuten, die das Prinzip von "Training" nie begriffen haben.

Ich will das mal an einer anderen Sportart darstellen. Beim Fußballtraining machst du ganz sonderbare Übungen, die du nie anwenden kannst. Ball mit dem Fuß in der Luft halten, Kopfball-Tennis,  zahllose Übungen ohne Ball, bei denen man den Körper verrenkt, Übungen, bei denen man den Ball mit den Händen hält,  und so weiter und so fort. Ist Fußballtraining deshalb praxisfern und sinnlos? Natürlich nicht! Denn diese Übungen stärken das technische Können, die Mobilität, die Reflexe usw. und sind für den Fußballer enorm wichtig.

Ganz genau so ist das mit den diversen WT-Übungen. Es geht zum Beispiel beim Chi Sao nicht darum, dass man das bei einem Realkampf so einsetzt. Das wäre ja bekloppt! Aber man lernt gewisse Reflexe und Bewegungsmuster, sowohl aktiv wie passiv. Es wird also im Realkampf nicht Chi Sao eingesetzt, sehr wohl aber das, was man durch Chi Sao lernt.

Zur Stellung mit den einwärts gehaltenen Füßen: Das ist keine ungewöhnliche Position. So wird der Körper gut nach vorn ausgerichtet und die Knie werden geschont. Wer über viele Jahre und Jahrzehnte hin trainiert, wird es zu schätzen wissen, wenn beim Training (Achtung!  BeimTraining! Siehe dazu meine obige Erklärung) eine gelenkschonende Haltung eingenommen wird.

WT ist ein sehr gutes und effektives Trainigssystem. WT im Einsatz sieht aber völlig anders aus als WT beim Training.

Also ich mache Wing Tsun es macht mega viel Spaß und es bringt dir viel da man dort sehr viel Selbstvertrauen gewinnt und man macht dort viel Selbstverteidigung


Jungleerika 
Beitragsersteller
 05.06.2016, 23:50

Die Frage für mich als Laie ist eben, ob das, was vermittelt wird auch dann ausreichen kann, wenn der Angreifer sich bei erster Gegenwehr nicht von seinem Angriff abhalten lässt, weil er Gewaltbereit ist und sich durch die erste Gegenwehr nicht abhalten/ verunsichern lässt.

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KittyCat2909  06.06.2016, 00:05
@Jungleerika

Wenn du in schneller Folge Kettenfaustschläge verabreichst bekommst, dürfte die erste Verunsicherung gewiss sein.

Obendrein gibt es einen Griff, bei dem du auf der Stelle bewustlos wirst. ;)))

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Kiwchen  06.06.2016, 22:33

japp genau

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