Wozu wird der Druck in einem Kraftwerk erhöht?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Da sind wir beim Herrn Carnot. Der theoretisch maximal mögliche Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine ist umso höher, je größer die Differenz zwischen oberer und unterer Temperatur ist. Man versucht daher, die Verdampfungstemperatur so hoch wie möglich zu kriegen. Das gelingt gemäß der Dampfdruckkurve dadurch, dass man den Druck erhöht. Je höher die Druckdifferenz zwischen Eingangs- und Ausgangsdruck der Turbine liegt, umso höher ist auch die Temperaturdifferenz zwischen Turbineneintritt und Kondensationstemperatur.

Nur nebenbei eine kleine Anekdote:

Die erste praktisch nutzbare und mechanische Arbeit verrichtende Dampfmaschine wurde 1712 Thomas Newcomen gebaut, um Wasser aus Bergwerken herauszubefördern. Die Dampfmaschine wurde immer weiterentwickelt wobei ein entscheidender Schritt James Watt 1769 gelang, indem er die Kondensation des Dampfes aus dem Arbeitszylinder herausnahm und in einen getrennten Kondensator verlagerte. Die damaligen Dampfmaschinen funktionierten durch praktische Versuche, aber warum genau, wusste niemand. Damals ging man davon aus, dass Wärme eine ganz eigene Substanz, ein Stoff sei.

Der erste, der sich mit den Zusammenhängen zwischen Wärme und mechanischer Arbeit theoretisch beschäftigte, war Sadi Carnot, der 1824 die Schrift "Réflexions sur la puissance motrice de feu et sur les machinespropres à développer cette puissance" ("Reflexionen über die Antriebskraft des Feuers und die Maschinen, um diese Kraft zu entfalten") veröffentlichte. Damit begründete Carnot die Thermodynamik. In seiner Abhandlung stellte er fest, dass Wärme nicht gleich Wärme ist und die Möglichkeit, Wärme in mechanische Arbeit umzusetzen, von der Temperaturdifferenz zwischen Arbeitsmedium (z.B. Dampf) und Umgebungstemperatur abhängt. Deshalb wurde später auch der Carnotwirkungsgrad nach ihm benannt.

Carnots Schrift blieb außerhalb Frankreichs jahrzehntelang weitgehend unbeachtet. In England gabs schon einige Zeit lang Dampfmaschinen und auch die ersten Dampflokomotiven, z.B. von George Stephenson.

1829 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, wer die schnellste Lokomotive bauen kann, um dann damit die entstehende Eisenbahn in England aufzubauen. Der Sohn von George Stephenson, Robert Stephenson, war weit gereist und er war derjenige, der als einziger von allen Konstrukteuren die Schrift von Carnot gelesen hatte. Da er dadurch wusste, dass zwischen mechanischer Arbeit und Wärme ein enger theoretischer Zusammenhang besteht, baute er nicht wie die anderen Konstrukteure einen größeren Dampfkessel und Arbeitszylinder, sondern er erhöhte den Druck und damit die Arbeitstemperatur. Mit seiner Rocket gewann er deutlich den Wettbewerb und wurde in der Folge der bedeutentste Lokomotiv- und Eisenbahnbauer von ganz Europa. Auch die erste Eisenbahnstrecke Deutschlands wurde 1835 von ihm gebaut incl. der Lokomotive "Adler", die eine Kopie der Rocket war.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe Thermodynamik im Hauptfach studiert.

yarik 
Beitragsersteller
 14.05.2021, 12:32

Achso.. Also laut Carnot-Wirkungsgrad muss man die Temperaturdifferenz zwischen Turbinenausgang und Turbineneingang erhöhen. Je stärker man den Dampf im Brennraum überhitzt, desto höher wird die Temperatur sein. D.h. man würde die Temperaturdifferenz erhöhen und mehr Wirkung erzielen. Wieso geht man dann nicht hin und überhitzt den Dampf komplett weg auf 1000°C, das würde doch für mehr Wirkung sorgen. Die höchste Temperatur im Dampfkraftprozess liegt aber nur bei ca. 600°C?

0
biggestmaxi  14.05.2021, 16:42
@yarik

Bei hohen Drücken benötigt man auch höhere Festigkeit des Materials von Rohren und Druckbehälter etc. Die Warmfestigkeit geht aber bei hohen Temperaturen deutlich zurück. Daher die technische Grenze der Temperatur für hohen Druck.

2
Hamburger02  14.05.2021, 20:36
@yarik
Wieso geht man dann nicht hin und überhitzt den Dampf komplett weg auf 1000°C

Das würde man aus Effizienzgründen schon gerne machen, aber dann werden die ganzen Stähle weich und können dem hohen Druck nicht mehr standhalten.

Hier findest du ein Schaubild zur Festigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur:

https://www.heissbemessung.net/Infothek/Materialien_im_Brandfall/Kritische-Temperatur-Stahl.html

Bei 600°C beträgt die Festigkeit gegenüber 100 °C auch nur noch 30%. Aber das kann man durch besondere Legierungen und dickere Bauteile noch einigermaßen Ausgleichen. Mehr Druck darf es dann aber nicht geben, das wäre kontraproduktiv. Bei 1000 °C hat der Stahl aber nur noch 5 % der ursprünglichen Festigkeit und das bei noch weiter erhöhtem Druck. Das lässt sich nicht mehr durch Sonderlegierungen und größer dimensionierten Bauteile sinnvoll ausgleichen.

0

Jetzt überlegt mal was passiert wenn der Druck irgendwann über einen Grenzwert geht in der Leitung. Denn man kann ab einem gewissen Punkt nicht mehr Wasser durchschicken, egal bei 1000bar oeer 10000 bar mehr.