Woher weiss man bei der Titrationskurve einer AS wo der IEP, HÄP und ÄP liegt?

1 Antwort

Das mit die Titrationskurve von Glycin. Sie sieht nicht viel anders aus, als die einer an­de­ren Säure (20 ml 0.1 mol/l Glycin, titriert mit 0.1 mol/l NaOH):

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Die Titratioskurve beginnt im Sauren und hat einen Sprung (=ÄP, voller Kreis). Außer­dem gibt es einen HÄP, der ziemlich genau beim halben Verbrauch liegt und der da­durch de­fi­niert ist, daß gleich viel Zwitterion (violetter Hintergrund) wie Anion (blau) vor­­liegt. Das Kation (rot) ist nur am linken oberen Eck klein zusehen (es liegt also nur am An­fang der Titration in sehr kleinen Mengen vor). Die erste Ablei­tung der Titra­­ti­ons­­kurve ist weiß eingezeichnet.

Etwas interessanter wird es, wenn wir nicht Glycin titrieren, sondern Glycin Hydro­chlo­rid (also beginnen wir mit dem Kation H₃N⁺CH₂COOH, rot). Ab 20 ml Verbrauch (=ers­ter ÄP) ent­spricht die Titrationskurve näherungsweise dem, was wir im ersten Bild ge­­se­hen ha­ben, weil dann ja die Mehrheit des Gly als Zwitterion vorliegt:

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Hier hast Du zwei Äquivalenzpunkte bei 20 bzw. 40 ml, und einen HÄP bei 30 ml. Bei 10 ml gibt es keinen HÄP, denn Du siehst an den Hintergrundfarben, daß sich immer mehr Zwitterion (violett) als Kation (rot) in der Lösung aufhält. Das ist aber penibel kon­zen­tra­tions­abhän­gig; würde man in 1 mol/l Lösung arbeiten (und mit 1 mol/l NaOH ti­trie­ren), dann sähe das Bild subtil anders aus. Der erste HÄP läge dann bei 8.4 ml Ver­brauch, aber das weiß ich nur, weil ich die Titrationskurven berechnet habe und da­her die Kon­zen­tra­tio­­nen aller Spezies kenne; nur aus Betrachtung der Titra­ti­ons­­kurve kannst Du das nicht sehen, sondern nur durch Halbierung des Verbrauchs schätzen (≈10 ml), und dabei würdest Du in der verdünnten Lösung schwerst daneben­liegen.

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Es bleibt noch die Frage nach dem isoelektrischen Punkt, also dem, bei dem gleich­viel Kation wie Anion in der Lösung vorliegt. Das ist in der verdünnten Lösung bei 19.2 ml und in der konzentrierten bei 19.9 ml der Fall, allerdings kannst Du das auch nicht aus der Titrationskurve herauslesen. Du kannst nur schätzen, daß es der Nähe zum ersten ÄP (≈20 ml) liegen muß (bzw, in der allerersten Titration, bei ≈0 ml Ver­brauch).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
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lars675st 
Beitragsersteller
 28.06.2021, 14:52

Wow!!! VIELEN DANK FÜR DIE MÜHE!!

Nun ja, ich habe 3 pKs-Werte gegeben, muss anhand dieser ÄP, HÄP und IEP bestimmen...ich bin dahingehend etwas unsicher, zumal Sie gesagt haben, dass man das per se nicht erkennen kann:/

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indiachinacook  28.06.2021, 15:20
@lars675st

Was genau sollst Du bestimmen? Den Verbrauch in einer Titration (ann m"usten ja irgedwelche Konzentrationen geben sein), oder den pH an einem bestimmten Punkt? Letzteres kannst Du mit Bordmitteln natürlich immer nur näherungsweise machen, weil das Massenwirkungsgesetz ja für mehrbasige Säuren nicht in geschlossener Form lösbar ist.

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lars675st 
Beitragsersteller
 28.06.2021, 15:21
@indiachinacook

Ich habe pKs-Werte gegeben und muss die Ionen jeweils aufschreiben und den Verlauf des Graphen (mit charakteristischen Punkten)

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