Wo bestimmt man die Trennlinie vom Leichenschänder, Grabräuber, hin zum Archäologen?

4 Antworten

Verdammt gute Frage.

Ich bin der Meinung dass es der Staat bzw. die Wissenschaft ist.

Eine Frage sollte noch hinzugefügt werden:

Wer bestimmt das?

Der Mensch ist nun mal neugierig und will wissen was früher halt war und hofft vielleicht auch neue(alte) Entdeckungen zu machen.

In der heutigen Zeit verliert der verstorbene seine Rechte, wenn die Laufzeit für das Grab bzw. die Grabpflege ausgelaufen ist.

Da fragt man sich natürlich, muss das sein, aber wie bei vielen Dingen, geht es einfach um berühmt oder reich zu werden.

Nichts gegen hübsche Frauen aber es gibt immer noch Tierversuche in der Kosmetik und es gibt noch viele andere Dinge die nicht sein müssten.

Es wird einfach gemacht weil man als einzelner Mensch machtlos ist.




Jerne79  29.09.2015, 13:10

Da fragt man sich natürlich, muss das sein, aber wie bei vielen Dingen, geht es einfach um berühmt oder reich zu werden.

Wer denkt, daß man von Archäologie reich und berühmt wird, sollte dringend einen Realitätsabgleich vornehmen. Archäologen setzen das Denkmalschutzgesetz durch. Die Medien zahlen dem Archäologen nichts für Interviews, wer publiziert, tut dies in der Regel in seiner Freizeit, bestenfalls enthält man eine sehr überschaubare Aufwandsentschädigung vom Verlag. Und berühmte Archäologen... Wie viele lebende Archäologen kann der Durchschnittsbürger nennen?


Kopfkino: Ewig bestehende Totenruhe. Jährlich sterben etwa 1% der Bevölkerung bei uns, sagen wir mal 800 000 Leute. Pro Nase nehmen wir mal 1x2m Grabfläche an. Wenn da nie wieder einer dran darf. Macht also 1 600 000 Quadratmeter Grabfläche im Jahr. Damit brauchst du keine 250 Jahre, bis ganz Deutschland ein Friedhof ist...


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Jerne79  29.09.2015, 13:18
@Jerne79

Vergiß die letzte Zeile, mir ist beim Rechnen auf die Schnelle eine Kommastelle verrutscht. ;) War selbst schon ganz verwirrt. Natürlich würden wir deutlich länger brauchen. Trotzdem würde das einen enormen Platzbedarf bedeuten.

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Kristall08  29.09.2015, 16:09
@Jerne79

Mal abgesehen davon, dass Knochen mit der Zeit auch ganz einfach verschwinden, weil sie sich in Auflösung begeben... 3:)

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Jerne79  29.09.2015, 17:08
@Kristall08

Gut, das kommt auf den Boden an. Bei uns im Sand hast du nach ein paar Jahrhunderten nur noch Brösel in der Hand. Von vorgeschichtlichen Bestattungen mit anthropologisch auswertbaren Skeletten können wir hier nur träumen. Im Löß sieht die Sache wieder anders aus. Da wird man immer ganz neidisch, wenn man sieht, was die Kollegen da alles haben. ;)

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Kristall08  29.09.2015, 20:47
@Jerne79

Wir haben hier auch Löß, aber keine erhaltenen Knochen. Dann haben die Kalk drin, der hier fehlt. :D

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Jerne79  29.09.2015, 23:35
@Kristall08

Das ist ja fies. :( Da nehm ich lieber den Sand, der gräbt sich leichter. ;)

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Kurz und knapp: Die einen haben eine Erlaubnis und in der Regel altruistische Motive, die anderen nicht.

Der Leichenschändung ist erstmal die "einfache" Störung der Totenruhe.

Der Grabräuber stört a) die Totenruhe mit dem Ziel der persönlichen Bereicherung und gräbt b) ohne irgendeine Erlaubnis. Letzteres gilt auch für den Raubgräber, der sich generell an Bodendenkmälern zu bereichern versucht.

Gräber werden bei uns nach etwa 15-20 Jahren aufgelassen. Das ist auch wichtig, sonst wäre unser ganzes Land voll mit Friedhöfen. Damit werden sie aber nicht automatisch für den Archäologen interessant. Der im übrigen selten gefeiert ist. Die meisten sind auch nicht für Grabräuber interessant, weil in unserem Kulturkreis Grabbeigaben nicht allzu häufig sind. Danach wird das darin liegende Skelett zur Seite geschoben oder ggf. umgelagert und ein anderer Toter wird darin bestattet.

Archäologisch interessant ist man damit noch nicht, dazu sollte man schon eine Weile länger ungestört rumliegen. Der Archäologe gräbt nicht nur aus, er dokumentiert auch nach entsprechenden Vorgaben des Denkmalschutzes. Und er hat eine denkmalschutzrechtliche Grabungserlaubnis! Auch Archäologen dürfen nicht einfach graben, wo sie wollen. In Deutschland graben wir in der Regel auch nur, wenn das Bodendenkmal bedroht wird, beispielsweise durch Bauprojekte.

Wirklich überrascht bin ich im übrigen immer wieder von Kirchenvertretern. Leichenschändung und Grabraub sind bei uns selten. Wir Archäologen begegen Skeletten in der Regel mit einem gewissen Respekt. Der Totengräber hat vielleicht ein bißchen schwarzen Humor, denkt aber auch an die Hinterbliebenen. Selbst Bauarbeiter empfinden noch eher eine skurrile Faszination und melden Skelettfunde oder fragen selbst auf Friedhöfen, was sie damit machen sollen. "Schmeißen Sie das Zeug da hinten hin" hört man aber ausschließlich von Messnern und Co.

Aus meiner Perspektive: Beim Archäologen hast du eine faire Chance, friedlich und sauber sortiert in einer Schachtel zu liegen. In eine Vitrine schaffst du´s eh nur, wenn irgendwas besonderes los ist. Auf dem Friedhof wirst du nach 20 Jahren zur Seite geräumt oder ganz weggeschmissen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Studium und 17 Jahre Berufserfahrung

Ganz einfach: Archäologen wissen, was sie tun. Und warum.

Sie wollen mit ihrer Arbeit einem wissenschaftlichen Ziel dienen und sich nicht persönlich bereichern, wie das bei Grabräubern der Fall ist.

Das ist eine sehr gute Frage! (y)

Ich finde, dass man die Toten keineswegs ausgraben sollte. Auch deren Schätze nicht, falls vorhanden.

Nur wenn es sich um eine Ausgrabung zur Aufklärung eines Verbrechens handelt, halte ich das für angemessen. LG :)


Kristall08  29.09.2015, 20:41

Ich finde, dass man die Toten keineswegs ausgraben sollte.

Das ist aber der Alltag auf deutschen Friedhöfen. Die werden nicht liegengelassen, bis die Knochen vergangen sind. Nach 25 Jahren oder Ablauf des Bezahlzeitraums wird ausgegraben und entsorgt, wenn die Fläche neu belegt wird. ;-)

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Jerne79  29.09.2015, 23:36
@Kristall08

Oder halt zur Seite geschoben und der nächste kommt dazu.

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