Wo befindet sich Gott in einem geozentrischen Weltbild?
Ich muss momentan in der Oberstufe "Leben des Galilei" lesen. Auf der Seite 28 frägt Sagredo "wo ist Gott in unserem Weltsystem?" als Galilei beweise gegen das geozentrische Wetlbild fand. Aber wo soll sich Gott nach der christlichen Lehre im geozentrischen Weltbild befinden?
2 Antworten
Im geozentrischen Weltbild wurde Gott außerhalb des physischen Universums angenommen. Gott wird dabei nicht als Teil des Himmels oder der himmlischen Sphären betrachtet, sondern als transzendentes Wesen, das das gesamte Universum erschaffen hat und darüber wacht.
Gar nicht. Auch im heliozentrischen Weltbild glauben Christen, Muslime, Juden usw. dass Gott transzendent ist und nicht an irgendeinem Ort in der Welt "lokalisiert" werden kann. Das geozentrische Weltbild wäre einfach nur eine gute Bestätigung gewesen, für die Annahme, dass Gott die Erde und den Menschen als seine besondere Schöpfung in den Mittelpunkt der Welt stellte. Doch auch, wenn diese Annahme wegfällt, wird Gott weiterhin außerhalb der Welt betrachtet.
Man hat gemäß dem Geozentrischen Weltbild eine Analogie der unterschiedlichen "Welten" gesehen: (metaphysischer) Himmel - Weltall - Erde - Mensch (Leib-Seele). Das alte Weltbild hat seine Grundlage zwar in Beobachtung (z.B. Überlegungen zur Entfernung der Himmelsobjekte aufgrund ihrer Bewegungsgeschwindigkeit am Nachthimmel) und Erfahrung, aber die "Messdaten" und Empirik waren im vorwissenschaftlichen Zeitalter dem Gesamtverständnis im Zweifelsfall nachgereiht, wenn die Widersprüche naturphilosophisch tragbar waren und im Alltag kein Problem darstellten: Selbst Claudius Ptolemaeus hatte in Einzelheiten ein genaueres astronomisches Wissen als sein Weltbild vermittelt.
Die Hierarchie der Engel und himmlischen Heerschaaren (lt. De Coelesti Hierarchia, 5./6. Jh.) findet ihre Analogie im Bau des Sonnensystems (Erde, Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn, Fixsternhimmel) und ist ihm übergeordnet. Es gibt viele schöne Illustrationen aus dem 15. bis 17. Jahrhundert. Besonders kunstvolle Darstellungen finden sich z.B. im Hauptwerk des englischen Arztes, Alchemisten und Kepler-Zeitgenossen Robert Fludd (Utriusque Cosmi ... metaphysica, physika atque technica, historia, 1617-19). Hier wird Gott als über der physischen und metaphysischen Welt schwebend dargestellt (mal als Dreieck, als Auge, als Taube, als alles umschließende Wolke, als umhüllendes Feuer, oder als steuernde Hand). Er ist gemäß alter Auffassung also "über" -- dabei aber nicht "außerhalb" -- der Welt(en), durchdringt sie und hat sie, ihre jeweiligen Gesätzmäßigkeiten, durchaus auch im naturphysikalischen Sinn, und ihr Ineinanderwirken (gemäß dem hermetischen Analogiegesetz "Wie oben so unten" und den Entsprechungen zwischen Himmel, Makrokosmos und Mikrokosmos) geschaffen und wacht über sie.
In dieser Grafik (Wikimedia Commons --> "Robert Fludd") sind die inneren Schichten das irdische Leben (v.a. im Kontext der Elemente Erde und Wasser), Länder, Elemente, Pflanzen, Tiere, Mensch. Darüber kommen Luft und Feuer, die Planetenbahnen (mit den traditionellen Planetensymbolen), Fixsternhimmel ("caelum stellarum"), die drei Haupthierarchien der Engelschöre, bereits Teil des "himmlischen Feuers". Darüber schwebt die göttliche "Wolke aus Licht" mit einer steuernden Hand (symbolisiert durch die Ketten) und den Buchstaben JHWH auf hebräisch, die für "Jahwe" stehen. (Die Frau im Bild ist eine alchemistische Figur. Die Ketten drücken nicht aus, dass der Mensch -- oder gar das weibliche Geschlecht -- "Sklave" sei...)
Dasselbe noch einmal, aber etwas anders dargestellt:
Die Analogie zwischen den Welten wird in der letzten Grafik durch die Zahlen des dekadischen Zahlensystems illustriert.
Ein kleiner Artikel dazu auch auf Englisch:
https://publicdomainreview.org/essay/robert-fludd-and-his-images-of-the-divine/
Ich verstehe, aber in wie fern würde das Heilozentrische Weltbild das wiederlegen? (darum geht es in der text stelle)