Wieso wird Karl der Große als Vater Europas bezeichnet?

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Gründe für die Bezeichnung Karls des Großen als „Vater Europas sind“:

  • bedeutende Herrscherleistung in der Frühzeit des europäischen Mittelalters

  • Herrschaft zwar nicht über ganz Europa, aber über einen großen Teil

  • Grundlegung eines christlichen Universalkaisertums vom Westen des ehemaligen römischen Reiches her, in Erneuerung eines römischen Kaisertums (mit Konkurrenz zum byzantinischen/oströmischen Kaisertum), was die politischen Strukturen Europas lange Zeit prägte

  • Weitertragen von Hinterlassenschaften der antiken Kultur (vor allem von Griechen und Römern geprägt), als dauerhaftes gemeinsames europäisches Erbe

  • Verwendung der Bezeichnung in zeitgenössischer Dichtung

Karl der Große (748 [vermutlich, über das genaue Geburtsjahr besteht keine völlige Übereinstimmung] - 814) war ein bedeutender Herrscher in der europäischen Geschichte. Er erbte die Herrschaft über das Frankenreich (zunächst [768 – 771], bis zu dessen Tod, noch geteilt mit seinem Bruder Karlmann). Durch Eroberungen (z. B. Sieg über die Langobarden mit Zugewinn von beträchtlichen Teilen Italiens; Unterwerfung der Sachsen) vergrößerte Karl der Große sein Reich beträchtlich. Es vereinte zwar nicht ganz Europa, aber einen erheblichen Teil.

Im Westen erstreckte sich sein Reich bis einschließlich zur spanischen Mark (kein großer Teil Spaniens, sondern ein Grenzgebiet im Pyrenäenraum vom Baskenland bis zum Gebiet um Barcelona), stieß im Norden auf den Atlantik und die Nordsee (bis in das heutige Schleswig-Holstein hineinreichend). Im Osten waren Böhmen und Mähren und slawische Völker wie z. B. die Abodriten, Wilzen. Sorben und Kroaten mehr oder weniger stark von ihm abhängig.

Aus dem Frankenreich gingen Frankreich und Deutschland hervor und insofern kommt er in den geschichtlichen Wurzeln beider Staaten vor (als Karl der Große bzw. Charlemagne).

Karl der Große hat Gesetze und Vorschriften erlassen und einige germanische Stammesrechte (in der Sache eine Verschmelzung germanischer, römischer und christlicher Rechtsvorstellungen) aufzeichnen lassen.

Das Frankenreich ist manchmal als Europa bezeichnet worden. Der Priester Cathwulf schrieb in einem Brief an Karl den Großen schon 775: „Weil er selbst [Gott] dich zu Ehren des Ruhms des Königreiches Europa erhöht hat“ (quod ipse te exaltavit in honorem glorie regni Europe).

Zu dem geographischen Europabegriff kamen auch ansatzweise religiöse und politische Inhalte.

Karl der Große, germanischer Herkunft, kam mit der Kaiserkrönung 800 in Rom verstärkt in eine Art Erneuerung des (west)römischen Kaisertums. Darin steckte die Idee eines von einem Kaiser regierten Universalreiches.

Im kulturellen Bereich gab es eine gewisse karolingische Erneuerung, bei dem Reste antiken literarischen Erbes gesammelt wurden. Gelehrte aus verschiedenen Teiles Europas wie der Angelsachse Alkuin, die Langobarden Paulinus von Aquilieia und Paulus Diaconus, der Westgote Theodulf von Orléans, der Ire Dungal, später der Franke Einhard wirkten als Berater und/oder Helfer Hof Karls des Großen. Eine neue, ziemlich klare und einfache Schriftart (karolingische Minuskel) wurde entwickelt, die für einen einheitlichen Schriftgebrauch gedacht war. Im Bildungswesen und in der Baukunst gab es Bemühungen um einen Aufschwung.

In der Verbindung mit der christlichen Kirche hat Karl zu der starken Prägung des mittelalterlichen Europas als christliches Abendland beigetragen.

Schon in zeitgenössischer Dichtung ist Karl der Große von Verehrern als Vater Europas (pater Europae) gerühmt worden. In einem um 800 entstandenen Gedicht (Karolus magnus et Leo papa; Paderborner Epos, Aachener Karlsepos) wird Karl der Große unter anderem „Europas verehrungswürdiger Gipfel" (Vers 95 Europae venerandus apex), als „verehrungswürdiger Leuchtturm Europas“ (Vers 169 Europae veneranda pharus) und als „König, Vater Europas" (Vers 504 Rex, pater Europae) gepriesen.

Die Wirkungsgeschichte (Rezeption/Nachleben) hat Karl den Großen unter anderem unter dem Gesichtspunkt einer Bedeutsamkeit für eine europäische Einheit betrachtet.

Unter Loslösung von persönlichen und nationalen Zielen wurde Karl vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg zum Stammvater Europas gekürt. Seit 1950 vergibt die Stadt Aachen den Karlspreis für Verdienste um die Einigung Europas.


Albrecht  13.05.2012, 03:29

In Nachschlagewerken (besonders zum Mittelalter) und in Biographien kann nach Informationen gesucht werden.

Josef Fleckenstein, Karl (I.) der Große. A. Leben und Persönlichkeit. In: Lexikon des Mittelalters, Band 5: Hiera-Mittel - Lukanien. München ; Zürich : Artemis, 1991, Spalte 960:
„Im Bewußtsein der Nachwelt bleibt K., was er für die Hofgelehrten war: der »Vater Europas«.“

Matthias Becher, Karl der Große. Originalausgabe, 5., aktualisierte Auflage. München : Beck, 2007 (Beck'sche Reihe : C. H. Beck Wissen ; 2120), S. 118 – 121 (Held und Heiliger. Das Nachleben Karls im Mittelalter)

Dieter Hägermann, Karl der Große : Herrscher des Abendlandes ; Biographie. Berlin : Propyläen, 2000, S. 682 - 685

Wilfried Hartmann, Karl der Große. Stuttgart : Kohlhammer, 2010 (Urban-Taschenbücher ; 643), S. 347 – 260 (Nachleben)

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Hallo sweetLadyxD, diese Frage kannst Du aber doch in den meisten historischen, schriftlichen Quellen nachlesen! Beispiel Google und andere Suchmaschinen. Aber zu Deiner Frage eine kurze und bündige Antwort:

Karl der Grosse eroberte das bis dahin grösste mittelalterliche Reich auf dem europaischen Kontinent. Mit seiner Krönung zum Kaiser zu Weihnachten 800 in Rom, trat er das Erbe des römischen Reiches an. Navigator Allgemeinwissen nennt 2 Gründe für Karls Bezeichnung zum Vater Europas:

  1. Weil das Fränkische Reich zur Zeit Karls des Großen geografisch in weiten Teilen dem heutigen Europa entsprach. Es reichte zum Ende seiner Herrschaft – nach heutigen Begriffen – von der Nordsee bis zum Atlantik und beinhaltete zum Beispiel Dänemark, Böhmen, Mähren, Österreich und Ungarn, umfasste große Teile Italiens und Spaniens, umspann das heutige Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande und den Norden und Westen Deutschlands.
  2. Weil das Frankenreich, das als einziges unter den Germanenreichen dauerhaften Bestand hatte, unter Karl dem Großen das griechisch-römisch-christliche Erbe mit ganzer Kraft weiter trug, dessen Vorstellungen erfüllte und den Grundstein einer gemeinsamen „europäischen“ Kultur legte.

Weitere Details unter nachstehendem Link. viel Erfolg beim Lesen und Verstehen!

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/622986/

Die Bezeichnung Vater Europas ist nicht übertrieben, wenn man mal überlegt dass die 6 Gründungsstaaten der Europ. Wirtschaftsgemeinschaft, der Vorläuferin der Europ. Union, fast genau das Herrschaftsgebiet Karls umfassten.

Zahlreiche Reformen die nicht nur die Geschichte Frankreichs und Deutschlands prägte. DIe karolingische Renaissance brachte Wiederbesinnung auf antike Kunst Architektur und Literatur sowie auf Latein. Viel Einfluss auf Wissenschaft und Bildung im Mittelalter.. Die Dreifelderwirtschaft verschaffte Landwirtschaft hohe Erträge. Seine Münzreform die auch in England übernommen wurde und dort bis 1971 gültig war.

Seit dem Rom keine Hauptstadt mehr war, übernahmen die Bischofe immer mehr Aufgaben und hatten in der Politik einen Großen Einfluss. Ab den 5. Jahundert wurden die Bischöfe Papst gennant, was soviel wie Vater bedeutet. Ab da an war derPapst das geistliche Oberhaupt der Kotholiken in West- und Mitteleuropa

Schau mal erst, wer Karl "den Großen" als Vater Europas bezeichnet. In der Zeit Karls war es üblich (das kann man an den Gedichten Alkwins oder Theodulfs drastisch ablesen), sich bei Karl dadurch Gehör zu verschaffen, dass man ihn lobte, was das Zeug hält. Dieses Lob (Einhard ist ein solcher Fall) muss überhaupt nicht mit der Realität zusammenstimmen. Es ist wie heute: Wer gelobt wird, hört nur das Lob. Wenn man jetzt aber mal - nachdem man in die Geschichte hineingeschaut hat - fragt, ob das, was Karl gemacht hat, den Titel "Vater Europas" verdient, dann wird die Frage interessant. Nur mal so ohne viel nachzudenken hingeschrieben:

Pro: Ganz überragendes kulturelles Interesse. Rechtschreibung und Richtigschreibung ("Ein Gebet, das nicht korrekt geschrieben ist, wird wohl nicht gehört"). Vereinheitlichung der Kultur durch Normschrift ("karolingische Minuskel"). Verwaltungsstrukturen werden geschaffen. Tatkräftig.

Contra: Michael Doeberl hat das Vorgehen Karls als "Karolingischen Imperialismus" bezeichnet. Karl konnte sich kein Europa der Regionen vorstellen. Er konnte sich nur sich selbst an der Spitze aller vorstellen. Schließlich konnte er sich die Regierung nur mit einem Aachen als Sitz vorstellen, verbunden mit einem irrealen Legitimationsbedürfnis seiner Position. (Dies werden die Päpste später ausnutzen und beim Investiturstreit in die Arena eintreten). Karl hatte für die Leistung anderer keinen Sinn. Obwohl das tassilonische Bayern eine kulturelle Hochblüte hatte, mußte es dran glauben - und dies (siehe Matthias Becher: Eid ...) in rechtlich frivoler Weise.

Kurz: Wer sich ein Europa mit einem autokratischen Monarchen wünscht, kann einfach von "Vater Europas" sprechen. Wer das nicht wünscht, sollte differenzieren in manches, was anerkenneswert und bewunderungswürdig ist und anderes, was Schrott ist.