Wieso sagt man „Gesetz verabschieden“?
Weiß jemand woher dieser Ausdruck kommt? Ich verstehe es einfach nicht. Ich kann verstehen, wenn man sagt, dass ein Gesetz beschlossen wird. Wieso sagt man aber ein Gesetz verabschieden? Was genau wird verabschiedet? Ist das vielleicht ein Wort, das mehr als eine Bedeutung hat und gar nichts mit dem verabschieden wie beim auseinandergehen zutun hat? Ich danke euch!
3 Antworten
Dein Tipp mit dem Auseinandergehen ist schon gar nicht so schlecht. Es geht bei der Verabschiedung des Gesetzes darum, dass der Gesetzgeber sich also von dem Gesetz trennt und es in die Welt entlässt:
Etymologie
Abschied · abgeschieden · Abgeschiedenheit · verabschieden
Abschied m. ‘Aufbruch, Trennung, Entlassung aus einem Dienstverhältnis’, übertragen ‘Tod’, (bis zum 18. Jh.) ‘Beschluß, Vereinbarung, Entscheidung’ (vgl. Reichsabschied, ein Gesetz verabschieden). Das gegen Ende des 14. Jhs. aufkommende Substantiv ist (wahrscheinlich in Analogie zu Ableitungen von anderen starken Verben, vgl. Abstieg zu absteigen) die Konkurrenzform von dem aus dem reduplizierenden Verb abscheiden ‘(sich) trennen’ gebildeten, nur wenig jüngeren Abscheid m., das im 18. Jh. durch Abschied verdrängt wird. Von dem heute vorwiegend fachsprachlich verwendeten Verb abscheiden ‘(sich) absondern, abtrennen’, veraltet ‘weggehen, Abschied nehmen’, übertragen ‘verscheiden, sterben’ (mhd. abescheiden ‘lostrennen, entfernen, entlassen, verabschieden’, vgl. asächs. ofskīðan, mnd. afschēden, got. afskaidan ‘trennen’) ist vor allem das zugehörige abgeschieden Part.adj. ‘entlegen, einsam, zurückgezogen, verstorben, tot’ gebräuchlich, das die im Sprachgebrauch der Mystik (um 1300) entstandene ältere Form abgescheiden ‘losgelöst von irdischen Dingen, weltabgewandt’ im 17. Jh. ablöst. Zur Etymologie s. scheiden. Dazu Abgeschiedenheit f. ‘Entlegenheit, Einsamkeit’ (18. Jh.), in religiösem Sprachgebrauch ‘Weltabgewandtheit’ (17. Jh.), nach älterem, in der Mystik geprägtem Abgescheidenheit (um 1300). – verabschieden Vb. ‘(aus dem Dienst) entlassen, in den Ruhestand versetzen, ein Gesetz annehmen und für rechtsgültig erklären’, (reflexiv) ‘auf Wiedersehen sagen, sich empfehlen’ (18. Jh.).
Ich hatte mir letztens noch dieselbe Frage gestellt, gerade da Internet-Quellen hierzu leider wenig aufschlussreich sind. Unser Verfassungsgeschichte-Professor erklärte uns, dass der Begriff des „Verabschiedens“ von Gesetzen einen historischen Hintergrund hat, der aus der Zeit des Reiches in der frühen Neuzeit stammt:
So gab es hier, als passendes Gegenstück zur feierlichen Eröffnung des Reichstags, den sog. „Reichsabschied“ beim Auseinandergehen des Reichstags. Bei diesem Reichsabschied erfolgte bis 1654 ebenfalls die Bekanntmachung des Reichsschlusses (bzw. der Beschlüsse) durch den Kaiser. Da ein Gesetz erst seine Wirksamkeit erlangen kann, sobald die Bevölkerung die Möglichkeit zur Kenntnisnahme des Gesetzes hat, gehörte die Bekanntmachung zum Gesetzesbegriff.
Fazit: Der Reichsabschied prägte somit den Begriff der „Verabschiedung“ von Gesetzen.
Gesetzentwürfe durchlaufen im Bundestag in der Regel drei Beratungen (Lesungen).
Es taucht damit mehrmals auf der Tagesordnung auf, bis es beschlossen wurde. Dann ist es auf den Weg gebracht - und man kann sich von ihm verabschieden.