Wieso fehlt es manchen Eltern an Selbstreflektion?
Manche Eltern meinen einfach ihre Kinder zu besitzen, weil sie sie zeugten, es füttern, für einen Dach über‘m Kopf zu sorgen. Sie meinen sie als Objekt zu nutzen, um ihren Stress rauszulassen. Sie meinen das Kind sei respektlos, wenn das Kind Respekt fordert, weil man der Erzeuger ist. Sie meinen, sie haben das Recht ihre Kinder anzuschreien. Sie meinen, sie haben das Recht ihre psychischen Probleme an ihren Kindern weiterzugeben. Sie meinen, sie haben das Recht, den Kindern zu sagen sie seien zu sensibel und gar psychisch krank, wenn sie die Eltern auf ihr Fehlverhalten (Anschreien, manipulieren, psychische Gewalt) aufmerksam machen. Alle die sich gegen die Eltern auflehnen wollen angeblich aus der Ameise einen Elefanten machen.
Ich habe hier gerade meine Eltern beschrieben. Ich frage mich oft, wieso ich in dieser Familie geboren wurde. Ich frage mich, wieso meine Eltern so sind. Klar, die wurden auch so erzogen und gar schlimmer, aber wieso scheinen die nicht zu begreifen, dass ich einfach nur fordere, nicht angeschrien zu werden? Ist Respekt so viel verlangt? Wieso müssen die ihre psychischen Probleme mir weitergeben? Ich sehe manchmal selbst, wie ich ihnen ähnele, indem ich genauso wie sie schreie, obwohl ich diese Verhaltensmuster gar nicht haben möchte. Ich möchte mich von meinen Eltern trennen und von dem ganzen Mist erholen. Ich muss unbedingt zum Psychotherapeuten. Ich will nicht so wie die werden. Ich will auch mal Kinder haben, und denen zeigen, was wahre Liebe ist. Eltern sind doch dafür da, um ihre Kinder bedingungslos Liebe zu schenken, nicht ihre Kinder auszunutzen und psychisch fertig zu machen. Immer wenn ich das versuche meinen Eltern zu erklären sagen sie mir, sie bereuen es, mich gezeugt zu haben, mich gefüttert zu haben usw.
Hinzu kommt, dass meine Eltern sich verschuldet haben um sich ein Haus zu kaufen, damit wir es erben. Dafür rechtfertigen sie ihr Fehlverhalten nach dem Motto: Wir schuften so hart, deshalb sollst du die Klappe halten wenn ich dich anschreie und als Stressball missbrauche. Ich habe nie von meinen Eltern verlangt, dass sie sich ein Haus kaufen und sich somit verschulden sollten. Ich würde lieber in einer Einzimmerwohnung leben mit lieben Eltern als in so einem großen Haus mit meinen Eltern. Wieso ist das für sie nur so schwer zu begreifen? Wieso sind für sie materialistische Sachen eine Begründung für Gewalt? Ich finde meine Eltern haben in jeglicher Hinsicht versagt. Ich wünschte sie würden meine Sichtweise verstehen. Sie verstehen nicht, wieso ich hier weg muss. Ich will diesen Teufelskreis, der in meinem Familienstammbaum herrscht beenden und somit für eine psychisch stabile Lage für meine Nachkommenschaft sorgen. Falls es sich jemand tatsächlich bis hier durchgelesen hat, meinen Respekt. Ich würde gerne eure Meinung zu diesen Arten von Eltern hören. Wie würdet ihr euch fühlen? Wie würdet ihr handeln? Ich habe noch so viel zu erzählen, wie es aussieht mit meinen jüngeren Geschwistern, aber Platz fehlt
3 Antworten
Puh, ich lese hier nicht nur bei Dir, sondern auch bei Deinen Eltern Frust. Ein offenes Gespräch mit beiden Elternteilen gleichzeitig wäre ratsam. Nicht, weil es dann besser wird. Aber es wird vorbereitend auf Weiteres aufbauen. Nämlich auf die Tatsache, dass Du Sachen die Dich stören und Dinge die Du Dir wünschst, bei Deinen Großeltern ansprichst.
Du solltest auch Dein Verhalten begründen und wie sich das auf Dich auswirkt. Kommuniziere klar und zunächst ohne (!) Vorwürfe.
Eventuell kannst Du Dich Freunden anvertrauen oder sprich auch mit Deinem Vertrauenslehrer darüber.
Gute Idee, aber bereits versucht. Oft genug Konversationen darüber geführt, ohne Vorwürfe zu machen, ganz im lieben Ton. Werde aber dafür angeschrien und angeblich bin ich respektlos, weil ich meinen perfekten Eltern, die mich scheinbar so sehr lieben, kommuniziere was mein Problem (und das meiner Geschwister, und das Problem der gesamten Nachkommenschaft meiner und meiner Geschwister sein könnte) ist.
Es gibt viele Gründe, warum manche Eltern an Selbstreflektion mangeln. Einige Gründe können sein:
- Trauma aus der Vergangenheit, die sie dazu bringt, ihre Kinder als Ersatzobjekt für ihre unerfüllten Bedürfnisse zu nutzen
- Fehlende Kommunikation und schlechte Konfliktlösungsfähigkeiten, die dazu führen, dass sie schnell zu Gewalt greifen, anstatt Probleme verbal auszudrücken und zu lösen.
- Ständiger Druck und Stress, unter dem sie sich befinden, der sie dazu bringt, ihre Kinder als Ventil für ihre Anspannungen zu nutzen.
- Mangelndes Bewusstsein für die Auswirkungen ihres Verhaltens auf ihre Kinder und ihre Beziehung zu ihnen.
- Mangelndes Wissen und mangelnde Unterstützung, was gesunde Erziehungsmethoden angeht, die sie dazu bringt, in ihre alten und schädlichen Verhaltensmuster
In deiner Situation würde ich versuchen, so gut wie möglich mit meinen Eltern zu kommunizieren und ihnen meine Sichtweise auf die Dinge zu erklären. Ich würde versuchen, einen Weg zu finden, um ihnen zu helfen, ihre eigenen Probleme und Traumata zu verarbeiten, ohne dass ich dafür die Last tragen muss.
Um meine jüngeren Geschwister im Kinderheim zu beschützen, würde ich versuchen, Hilfe von Sozialarbeitern und anderen professionellen Helfern zu bekommen und ihnen meine Sorge um meine Geschwister mitzuteilen. Ich würde mich auch an Familienmitglieder wenden, die in der Lage sind, die Kinder aufzunehmen und sie vor Misshandlung und Missbrauch zu schützen.
Wenn ich nicht mehr zuhause sein kann, würde ich mich an die Behörden wenden und um Hilfe bitten. Ich würde auch versuchen, Kontakt mit meinen Geschwistern aufrechtzuerhalten, indem ich ihnen Briefe schreibe oder telefonisch mit ihnen spreche und sicherstelle, dass sie in einer sicheren und liebevollen Umgebung leben.
Durch Kommunikation ist es leider nicht möglich - habe es des öfteren versucht. Vergeblich.
Meine übrigen Familienmitglieder sind alle genauso konservativ wie meine Eltern.
Es macht überhaupt keinen Sinn den eigenen Eltern vorzuwerfen, dass sie bestimmte Fähigkeiten oder Eigenschaften nicht haben.
Zitat meiner Schwester:"Lieber Bruder, manchmal entdecke ich an mir Eigenschaften, die ich an meiner Mutter nicht mag."
Es ist dir zu wünschen, dass dir irgendwann einmal auch eine analoge Form von Selbstkritik gelingt. Die Kritik an den anderen ist viel zu einfach und meist einseitig.
Nicht nur ich sehe das so, sondern auch meine Geschwister. Abgesehen davon, kritisierte ich mich auch selbst, denn ich sage, dass ich mich manchmal wie meine Eltern verhalte. Ich versuche mich aber zu verbessern und mich von toxischen Menschen zu trennen und eine psychologische Beratung in Erwägung zu ziehen. Danke für die Anregung zur Selbstkritik
Hast du mal überlegt, warum deine Eltern die von dir beschriebenen Verhaltensformen zeigen?
Die haben es von ihren Eltern so erfahren. Transgenerationales Trauma, schon mal davon gehört?
Die Frage war als Denkanregung gedacht. Es hilft dir nicht viel Schuldzuweisungen zu verteilen. Aber das Wissen über die Entwicklung könnte dir helfen bei dir selbst diese Entwicklung teilweise zu vermeiden. Momentan bist du der Richter deiner Eltern. Später werden deine Kinder deine Richter sein.
Ich verstehe. Vielen lieben Dank. Ich bin stets bemüht darin, mich zu bessern. Wie würdest du in meiner Situation handeln wenn du jüngere Geschwister hättest, die du beschützen möchtest wenn du von Zuhause wegziehst?
Du kannst sie nicht beschützen. Du kannst nur für sie möglichst gut erreichbar sein. Das kannst du in die Wege leiten. Nach deiner Beschreibung ist die Situation nicht so krass, dass das Jugendamt einschreiten müsste.
Doch ist es. Ich habe mich beim Jugendamt gemeldet und die Lage detailliert geschildert. Es ist eine Form von psychischer Gewalt und somit sehr wohl ein Grund dafür, dass das Jugendamt einschreitet
Dann ist das jetzt eine Sache des Jugendamts. Du kannst dem Jugendamt deine Mitwirkung anbieten.
Ich überlege aber ob es Sinn macht, dass meine jüngeren Geschwister ins Kinderheim oder lieber zuhause bleiben sollen. Was würdest du sagen?
Das ist ganz ganz schwer. Wenn die Kinder von sich aus wegwollen, dann wäre die Entscheidung leichter. Meist ist das aber nicht der Fall. In solchen Fällen steht man nur vor der Wahl zwischen der einen oder der anderen Tragödie. Und man muß damit rechnen, dass die getroffene Entscheidung sich hinterher als genau die Katastrophe erweisen wird, die man befürchtet hat. Und das man dies dann auch noch vorgeworfen bekommt.
Wie würdest du dich in meiner Situation verhalten? Wie würdest du deine jüngeren Geschwister beschützen, die in einem Kinderheim schlechter aufgehoben wären? Und noch was: Wie würdest du das tun, wenn du gar nicht mehr Zuhause sein kannst?