Wie wird unser elektrischer Strombedarf bei Dunkelheit und Windstille gedeckt in Deutschland?

5 Antworten

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Das kannst du hier https://app.electricitymaps.com/zone/DE sehr gut verfolgen. Einfach mal mit der Zeitleiste (Historische Daten) spielen.

Wenn es in D ein zu geringes Angebot an PV und WKA gibt müssen andere Energieträger einspringen. Derzeit wohl überwiegend die Braunkohle. Das führt dann dazu das Kraftwerke die ursprünglich längst in der Sicherheitsreserve bzw. Abschaltung sein sollten wieder angefahren werden, siehe Braunkohlekraftwerk Jänschwalde: Comeback mit voller ...

Richtig ist das es irgendwo in Europa immer Wind gibt und auch wenn bei uns keine Sonne scheint kann das wo anders der Fall sein. Genauso Richtig ist aber auch das die Übertragungsnetze nur eine begrenzte Kapazität haben. Schaut man sich an was die Netze so über die Grenzen bringen bewegen wir und hier eher im einstelligen GW-Bereich. Definitiv zu wenig für den Bedarf von Deutschland.

Wenn wir den Weg der Abschaltung von konventionellen Kraftwerken weiter gehen wollen ist das A & O die Entwicklung tragbarer wirtschaftlicher Speichertechnologien. Damit steht und fällt Alles. Allerdings befinden wir und hier in vielen Bereichen noch in der Grundlagenforschung. Von effektiven Großanlagen sind wir nur Jahre wenn nicht Jahrzehnte entfernt.

Auch ist der so oft geforderte massive Ausbau von PV und WKA keine Lösung. Wir nutzen heute schon nur 50% der installierten Leistung und das an den guten Tagen.

Natürlich über Kraftwerke, die mit Kohle, Gas und Öl betrieben werden und durch limitierte Importe aus dem Ausland, die keine solche ideologisch, wider der Physik verbohrte Energiepolitik betreiben.

Die Kernkraftwerke hat die Politik sinnfreier Weise ohne Not abschalten lassen, was uns künftig noch große Probleme bereiten wird, da sich der Bedarf perspektivisch deutlich erhöhen wird und wir bereits jetzt zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten Netzengpasssituationen haben.

Es wird immer ein wie auch immer gearteter Energiemix vorliegen, da es ein Märchen aus 1000 und einer Nacht der Politik ist, ausschließlich mit alternativen Energien ein Industrieland mit Elektroenergie versorgen zu wollen.

Das ist deshalb so, da die alternativen Energien nicht beliebig regelbar und stetig in Form von gesicherter Leistung in dem Umfang anfallen, wie diese benötigt werden.

Bei der öffentlichen Elektroenergieversorgung kommt es vielmehr darauf an, dass die Netzfrequenz zu jeder Sekunde konstant bei 50 Hz gehalten werden muss.

Es sind nur minimale Abweichungen im Toleranzbereich. Das sogenannte Totband beschreibt sich mit +/- 20 mHz, in dem keine Regelenergie zum Einsatz kommt.

Bei größeren Abweichungen springen Kraftwerke, die in der Regelenergiereserve betrieben werden, ein.

Hier wird noch zwischen unterschiedlichen Regelstufen unterschieden

  • Primärregelung
  • Sekundärregelung

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, werden weitere in Reserve stehenden Kraftwerke zugeschaltet.

Verlässt die Netzfrequenz größere Abweichungsschwellen, erfolgt im ersten Step eine Auftrennung des Verbundnetzes in mehrere Teilnetze.

Verlässt die Netzfrequenz gar den Bereich von +/- 2,5 Hz, schalten sich alle Kraftwerke automatisiert ab.

www.netzfrequenzinfo.de

Eine Wiederinbetriebnahme kann nur durch schwarzstartfähige konventionelle Kraftwerke erfolgen, wobei der Netzwiederaufbau nicht trivial ist und längere Zeit in Anspruch nehmen kann und es nicht auszuschließen ist, dass es bei der Synchronisation mehrerer Inselnetze zu Rückschlägen kommen kann.

Die Argumentation, dass es irgendwo immer Wind greift nicht.

Das ist deshalb so, da einerseits bei ortsfesten Hochdruck-Großwetterlagen das nicht so ist.

Andererseits muss man analysieren, wo Wind- und Solaranlagen primär ans Netz angebunden sind.

95 % dieser Anlagen speisen ins Niederpannungs- und Mittelspannungnetz ein.

In dieser Spannungsebene ist ein Transport über größere Entfernungen einfach nicht möglich.

Lediglich die Offshore-WKA speisen in die Hoch- und Höchstspannungebene ein, die für einen Energietransport über größere Entfernungen geeignet ist.

Speicher in den benötigten Größenordnungen, um saisonale Schwankungen auszugleichen wird es nicht geben, dazu sind die Mengengerüste viel zu groß.

Die Wasserstofferzählung wird auch keine Lösung darstellen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Studium Energetik, beruflich im Energiesektor tätig

Moin,

ich arbeite in einem regionalen Energieversorgungsunternehmen für die Industrie!

Die Woche war wieder sehr oft ein "Wetterzustand" namens "Dunkelflaute"

In diesem Fall werden allen konventionellen Kraftwerke (soweit möglich) auf Volllast gefahren. Besonders Gaskraftwerke machen sich da gut, weil man sie innerhalb einer 1/4h ans Netz bringen kann um einen plötzlichen Bedarf zu decken. ...

Es geht da um Bewertungskriterien in einem Zeitraum von 1/4 h ... Man kann in einer 1/4 h im Jahr Millionen verdienen. Nur kennt niemand diese Viertelstunde vorher ...

(Bei Strommangellage werden Rekordpreise für Stromerzeuger ausgezahlt! ...)

Grüße

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Industrie-Elektromeister

Zunächst muss man sagen, dass es bezogen auf Deutschland/Europa mal abgesehen von der Nacht praktisch immer irgendwo Sonne gibt und Strom aus PV gewonnen werden kann.

Auch Flaute herrscht nur selten überall gleichzeitig.

Daneben gibt es auch noch weitere Formen der erneuerbaren Energien, die besser planbar sind wie z. B. Biogas und Wasserkraft.

Das Problem ist hier also erstmal der Energietransport innerhalb von Deutschland bzw. im europäischen Verbundnetz und natürlich muss der Ausbau der Erzeuger entsprechend weit fortgeschritten sein.

Daneben braucht es Energiespeicher. Denn darauf dass statistisch immer irgendwo Energie herkommt, sollte man sich nicht verlassen und zudem müsste man sonst auch absurd viele Erzeuger bauen und überdimensionierte Netze.

Als Speicher kommen heute schon besonders im Privatgebrauch Batterien zum Einsatz. Im großen Stil gibt auch Pumpspeicher (aber auf Grund der Geographie in Deutschland eher weniger).

Hauptspeichertechnologie wird zukünftig Wasserstoff sein, gewonnen aus Elektrolyse. Er ist vielseitig einsetzbar und kann auch wieder verstromt werden.

Alles Speicher haben gemeinsam, dass sie bei Überschuss an Erzeugung gefüllt werden und bei Mangel an Erzeugung geleert werden.

Daneben wird man zukünftig stärker darauf achten, wann man Ernergie verbraucht und Geräte vorwiegend dann betreiben, wenn Strom im Überschuss (und damit günstiger als zu anderen Tageszeiten) zu haben ist.


BerndBauer3  14.01.2024, 15:26

Abgesehen von der Nacht. Auch nachts wird Strom gebraucht. Im Sommer ist die Nacht 8 Std, im Winter ist die Nacht 16Std. Und auch 1 Stunde vor Sonnenuntergang, und 1 Stunde nach Sonnenaufgang gibt es fast keinen Strom. Nur wenn die Sonne höher am Himmel steht. Wenn schlechtes Wetter ist, scheint vielleicht irgendwo die Sonne, aber an dreiviertel der Standorte scheint sie nicht.

Im Juni produziert eine PV-Anlage 10 mal so viel Strom, wie im Dezember. Auch wenn man 3 mal, 4 mal, 5 mal so viele PV-Anlagen hätte, würde es im Winter nicht reichen. Im Sommer hätte man zu viel Strom, und die Anlagen müßten abgeschaltet werden. Für viel Geld gekauft, und aufgebaut, aber nur im Winter in Betrieb.

Das Energie möglichst dann verbraucht wird, wenn es viel Energie gibt, ist wichtig. Aber das geht nur bei einem kleinen Teil des Verbrauchs, vielleicht 20%.

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Callidus89  14.01.2024, 16:37
@BerndBauer3
Auch nachts wird Strom gebraucht

Habe ich was anderes behauptet? Auch mit völlig ist klar, dass PV im Winter weniger Ertrag liefert als im Sommer.

Mein Text sollte vor allem deutlich machen, dass es ein Gesamtkonzept gibt, in dem PV nur ein Baustein von vielen ist.

Im Sommer hätte man zu viel Strom, und die Anlagen müßten abgeschaltet werden. 

Mit Nichten. Ich habe auch von Speichern gesprochen wie dem Wasserstoff. Der wird gerade im Sommer viel produziert werden. Der Wasserstoff lässt sich problemlos über Monate und Jahre speichern und kann daher im Winter zur Stromerzeugung genutzt werden.

Das Energie möglichst dann verbraucht wird, wenn es viel Energie gibt, ist wichtig. Aber das geht nur bei einem kleinen Teil des Verbrauchs, vielleicht 20%.

Und selbst wenn es nur 5 % sind, so ist es ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept.

Einen großen Baustein im Gesamtkonzept habe ich im übrigen vergessen: Energieeinsparung. Z. B. Energieeffiziente Gebäude (Vorgaben im Neubau, Sanierungspflichten im Altbau), Umstieg auf effizientere Antriebe, etc. Alles was man weniger verbraucht, muss gar nicht erst erzeugt und gespeichert werden.

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Keine Angst, das haben die Erzeuger auf dem Radar. Es wird nicht erst seit heute dunkel.