Wie wird die Kettenreaktion im Atomkraftwerk gestartet?

5 Antworten

Daß das Uran radioaktiv ist und von selbst zerfällt, wie schon gesagt wurde, hilft hier nicht weiter, denn dabei werden keine Neutronen, sondern Alphateilchen abstrahlt.

Das Uran spaltet sich aber auch von selbst, man nennt das spontane Spaltung, und dabei werden die Neutronen abgegeben, die man zum Start der Kettenreaktion benötigt. Die spontane Spaltung passiert zwar sehr viel seltener als der Alphazerfall, aber wegen der großen Zahl der Atome passiert es oft genug, um die Kettenreaktion zuverlässig zu starten.

In den Isotopentabellen ist die Rate der Spontanspaltung mit SF (spontaneous fission) angegeben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Isotope/Ordnungszahl_91_bis_Ordnungszahl_100#92_Uran

https://en.wikipedia.org/wiki/Isotopes_of_uranium


PascalH2004 
Beitragsersteller
 18.06.2020, 13:23

Bremst die Moderator-Substanz das Neutron indem das Neutron durch diese Substanz durchfliegt oder indem die Substanz das Neutron runterkühlt?

Franz1957  18.06.2020, 13:32
@PascalH2004

Bremsen und Runterkühlen sind dasselbe. Temperatur ist ja die mittlere Bewegungsenergie der Teilchen(-freiheitsgrade). Man kann die Neutronen hier als so was wie ein ideales Gas betrachten. Siehe auch unter: Gleichverteilungssatz.

Sobald die kritische Masse erreicht ist, startet die Kettenreaktion im Reaktor, weil das Uran schon von sich aus strahlt.

Die Regelstäbe kontrollieren das.

Wenn Du z.B. angereicherte Uranwürfel auf einem Tisch stapelt, ist das ungefährlich, solange du die kritische Masse nicht erreichst. Ein Würfel zu viel, und die Reaktion startet, und Du bist höchstwahrscheinlich tödlich verstrahlt.

Es kommt auch ein bisschen auf den Reaktortyp an.

Bei einem normalen Leistungsreaktor, der in einen Kernkraftwerk verwendet wird, kann man alleine durch eine so genannte kritische Anordnung durch langsames Entfernen der Steuerstäbe . Eindrücklich sehen bzw. hören kann man es hier: https://youtu.be/kprhz5TSDCI?t=280
Durch das langsame Ausfahren werden immer mehr Neutronen erzeugt durch erste Kettenreaktionen, die Einsetzen. Wie hier beim ersten Anfahren von Nowoworonesch II-1 hört man dann an dem Piepen des Neutronendetektors (ab 5:07), dass immer mehr Neutronen detektiert werden. Irgendwann hat dann der Reaktor seine kleinste kontrollierbare Leistung erreicht und die Kettenreaktion erhält sich selbst. Das ist dann die so genannte "Kritikalität".

Bei Forschungsreaktoren kann es anders sein, ganz abhängig von der Art, wie beispielsweise so genannte Pulsreaktoren, wie der weitläufig gebaute TRIGA-Reaktor. Dort wird gezielt ein Neutron von einer Neutronenquelle oder ähnlichen in den Kern geschossen um ihn zu starten. Die Anordnung der Brennelemente ist unterkritisch, sodass der Reaktor selbst bei ausgefahrenen Steuerstäben keine Kettenreaktion erzeugt. Die Leistung des Kerns nimmt dann aber auch immer weiter ab, da durch die unterkritische Anordnung keine dauerhafte Kettenreaktion aufrecht gehalten werden kann. Solche Reaktoren braucht man beispielsweise um Materialtests durchzuführen um beispielsweise deren Alterung zu simulieren. Das sieht dann in etwa so aus: https://www.youtube.com/watch?v=KRlTTJquY7U

Eine Neutronenquelle ist beispielsweise Beryllium.


PascalH2004 
Beitragsersteller
 18.06.2020, 22:00

Danke für deine ausführlich geschriebene Antwort. Schönen Tag noch! :D

Hier wird das z.B. einfach erklärt:

Aber wie genau entsteht die Wärme in einem Atomkraftwerk?

  • Die Wärme wird im Kernreaktor erzeugt. Es handelt sich dabei um einen dickwandigen Behälter, in dem sich die Brennelemente befinden.
  • Die Brennelemente sind mehrere Meter lange Stäbe, in denen sich uranhaltige Tabletten luftdicht verschlossen befinden. Diese Tabletten, auch Pallets genannt, sind etwa so groß wie eine Fingerkuppe und enthalten etwa fünf Prozent Uran 235. Zwei dieser Tabletten genügen, um einen 4-Personen-Haushalt ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.
  • Das Uran 235 besteht aus Protonen und Neutronen, die sich gegenseitig anziehen. Sobald ein zusätzliches Neutron auf das Uran trifft, ist es instabil und spaltet sich auf. Dabei wird Energie in Form von Wärme freigesetzt. Außerdem entstehen beim Spaltungsprozess zwei bis drei freie Neutronen, die wiederum Spaltungen auslösen können. Es kommt zur Kettenreaktion.
  • Die Spaltung wird nur ausgelöst, wenn die Neutronen gebremst werden. Das funktioniert durch Kühlung mit Wasser. Das Wasser, das im Reaktor aufgeheizt wird, fließt um die Brennelemente und verlangsamt die Neutronen. Die Kernspaltung erzeugt Wärme, das heiße Wasser erhitzt wiederum Wasser (Druckwasserreaktoren) oder wird zu Wasserdampf (Siedewasserrreaktoren). Gleichzeitig pumpt eine Pumpe kaltes Wasser nach.
  • Steuern lässt sich die Kettenreaktion über die sogenannten Steuerstäbe. Diese können zwischen den Brennelementen hoch und runter gefahren werden und verdrängen so das kühlende, die Neutronen verlangsamende Wasser. Werden die Stäbe ganz nach unten gefahren, werden die Neutronen nicht gebremst und es findet keine Spaltung statt.

Franz1957  18.06.2020, 13:23

Entschuldigung, aber die gestellte Frage beantwortet dieser Text nicht.

PascalH2004 
Beitragsersteller
 18.06.2020, 13:13

Bremst die Moderator-Substanz das Neutron indem das Neutron durch diese Substanz durchfliegt oder indem die Substanz das Neutron runterkühlt?

Franz1957  18.06.2020, 13:31
@PascalH2004

Bremsen und Runterkühlen sind dasselbe. Temperatur ist ja die mittlere Bewegungsenergie der Teilchen(-freiheitsgrade). Man kann die Neutronen hier als so was wie ein ideales Gas betrachten. Siehe auch unter: Gleichverteilungssatz.

Da Uran 235 Atome instabil sind und von selbst zerfallen, entstehen ständig ab und zu spontan Neutronen, das reicht aus. Bei den frischen Brennelementen sind das noch so wenige, dass man die Brennelemente sogar anfassen kann (bei der Anlieferung und Einsetzen in den Kern), erst im Verlauf des Abbrandes entstehen noch viel instabilere Atome, dann hält man sich besser fern, dann sind auch die Steuerparameter des Reaktors andere.