Wie viele Transmenschen bereuen es später?


06.07.2022, 14:32

Auch wird in der Doku letztlich die Frage aufgeworfen ob die Medizin es viel zu leicht macht sich umwandeln zu lassen anstatt der Frage nach zu gehen woher der Wunsch überhaupt kommt und ob es vielleicht ganz andere psychischische Probleme gibt die dem Wunsch zugrunde lägen. Geschlechtsdysphorie würde zu schnell diagnostiziert und Eltern damit vor den Kopf gestoßen dass sie es jetzt eben hinzunehmen hätten.

7 Antworten

Von Experte CarinaSchoppe bestätigt

Die Häufigkeit von Re-Transitionern, die bereits körpermodzifizierende Behandlungen in Anspruch genommen haben, wird als "sehr niedrig" beurteilt. Nach Literaturübersicht der AWMF-Leitlinie (2018) reicht die "Spanne der Schätzung [...] von weniger als 1% bis zu 3,8%". Es sei eher erstaunlich, wie gering die Zahl im Vergleich zu anderen Behandlungsprozessen ist (siehe Graham 2017). Die beteiligten Fachkräfte kommen zu dem starken Konsens, dass der Transitionsprozess möglichst ergebnissoffen gestaltet werden soll und Behandlungssuchende zur offenen Exploration ihrer geschlechtlichen Identität befähigt werden sollen - nicht die Behandlungsmöglichkeiten weiter einzuschränken (siehe S. 85ff.)

Die meisten Re-Transitioner geben nicht internale, sondern externale Faktoren für ihre Entscheidung an: "The vast majority of participants reported detransition due at least in part to external factors, such as pressure from family, nonaffirming school environments, and sexual assault. External pressures such as family rejection, school-based harassment, lack of government affirmation, and sexual violence have previously been associated with increased suicide attempts in TGD populations." (siehe Turban et al. 2021).

Die Rate der Rückwandlungen der Personenstandsänderung in Deutschland macht nur etwa 1% aus (siehe Meyenburg et al. 2015)

"Insgesamt zeigt sich, dass die Angst vor sogenannten Regrettern höher ist als die tatsächliche Zahl. Zu einem Massenphänomen ist die Detransition aufgrund der fehlenden Evidenz lediglich als ein Produkt der Fantasie und fehlerhafter Studien geworden. So wurde die meistzitierte Studie zum Thema (Steensma 2011), die sehr hohe Zahlen propagiert, als fehlerhaft aufgezeigt. Dr. Alexander Korte, einer der führenden Kritiker des affirmativen Behandlungsmodells, der in Publikationen unter anderem auf die Steensma-Studie verwies, musste im Bundestag zugeben, dass er seine Zahlen nicht belegen könne. „Die zweite Frage war die Frage nach dem Anteil der Regreter oder Detransitioner. Nun, das ist nicht ganz eindeutig zu sagen, weil die nicht systematisch erfasst werden. Ich räume allerdings gern ein, dass die Zahl nicht sehr hoch ist (…)." (Wilken 2022)


Freethinker89 
Beitragsersteller
 06.07.2022, 16:00

Vielen Dank für diese wirklich herausragende Antwort. Derartig detaillierte Antworten habe ich bisher nur auf Quora English gesehen. Vielen vielen Dank dafür und ich hoffe das solche Antworten hier auf Gutefrage langfristig Schule machen

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PmMeYourCactus  06.07.2022, 16:05
@Freethinker89

Danke auch für die positive und freundliche Rückmeldung, das findet sich auf GF ebenfalls leider selten

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Die Zahl wird wohl irgendwo um 2 % liegen (vgl. z.B. Dhejne et al. 2014). Die meisten Personen, die "bereuen", "bereuen" ihren Weg bereits vor medizinischen Eingriffen (vgl. z.B. hier).

Hallo Freethinker89,

ob wie viele Menschen die Operationen und die Behandlungen bereuen, weiß ich nicht, aber zu diesem Thema kann ich meine Meinung fügen.

Leider wird über dieses Problem kaum gesprochen, deswegen kontrolliert die Operationen und Behandlungen jedes Land "falsch". Was im Land1 erlaubt ist, kann zur Bereuung führen, was im Land2 verboten ist, kann zum Selbstmord führen.

Ich kenne einen transsexuellen Jungen aus Ungarn, in seinem Land ist es komplett verhindert, die Transition auszuführen. Er hat sehr starke Dysphorie und schon mehrmals versucht, sich das Leben zu nehmen. Die transphoben Gesetzte in Ungarn haben ihm sicher nicht geholfen. Bisher hat ein Papier darüber, dass er Geschlechtsstörung im Jugendalter oder sowas ähnliches hat, die ihm helfen wird, mit 18 die Transition schneller anzufangen (falls die Gesetzte aufgehoben werden).

In den Ländern, wo die Gesetze viel zu locker sind, werden es natürlich Menschen geben, die den Geschlechtswandel bereuen. Die Transition ohne richtig genug kontrollierte Regeln zu erlauben ist nicht gut und werden die Transakzeptanz noch mehr hemmen.

Ich bin nicht ganz sicher, in welchen Ländern, aber so weit ich weiß, in Skandinavien sind Geschlechts-OPs und Hormonbehandlungen unter 18 völlig verboten und sind mit Medikamenten ersetzt, die die Pubertät verhindern. Ein transsexueller Junge wird keine Brüste haben, und ein transsexuelles Mädchen wird keinen straken Knochenbau und tiefe Stimme haben. Nach 18 können sie sich beschließen, ob sie die Transition anfangen wollen. Falls es sich herausstellt, dass sie eigentlich nicht transsexuell sind. Um die Bereuung zu verhindern.

LG

Haste keine anderen Sorgen im Leben😅