Wie viel Prozent der Einwohner in Schlesien sind nach dem zweiten Weltkrieg zurück geblieben?

4 Antworten

Es gibt Verbände für die Heimatvertriebenen, die auch Jahrbücher oder Sammelbände zur Geschichte der ehemalig deutsch besiedelten Gebiete zusammenstellen und drucken, vielleicht findest Du dort mehr Informationen zu der Gegend wo mal Deine Großeltern gelebt haben, alte Fotos von Orten und Bewohnern, Daten aus Kirchenbüchern wer wen geheiratet hat und so weiter, das wird alles gesammelt und veröffentlicht, was übrig geblieben ist, was die Vertriebenen retten konnten.

Meine Großmutter wurde von meiner Urgroßmutter mit den Geschwistern auf die Flucht geschickt. Anzunehmen ist, dass der Rest der Familie entweder erschossen oder in ein KZ gesteckt worden ist, es ist leider nichts darüber bekannt, was aus meinen Urgroßeltern geworden ist, aber auch nicht wer sie waren, das hat Oma nie erzählt.

Sie hat auf der Flucht ihre beiden Geschwister aus den Augen verloren und bis heute ist nicht klar, ob sie überlebt haben, oder nicht.

Meine Oma kam aus Tschechien, bzw. der Grenzregion, schlug sich irgendwie alleine durch, bis sie meinen Großvater traf, die Ehe mit ihm einging und sich Jahre später scheiden lies.

Leider starb meine Oma, als ich noch ein recht kleines Kind war, all die Fragen, die ich heute habe, kann ich ihr nicht mehr stellen. Sie hätte sicher viel zu erzählen gehabt, wenn sie gewollt hätte.

Was ich von ihr weiß, weiß ich von meiner Mama, mit ihr hat sie ein bisschen über die Zeit damals geredet.

Woher ich das weiß:Hobby – Schon seit Kindesbeinen an politisch aktiv und interessiert

Direkt nach dem Krieg, bis etwa 1950 waren es noch ungefähr 50 %. Die Zahl sank stark bis auf etwa 5 % in den Jahren 1955 - 1959. Wuchs durch Nachkommen bis 1970 nochmal auf etwa 10 % an.


Marks09 
Beitragsersteller
 20.06.2024, 14:56

Die Nachkommen sind doch Mischlinge. Traurig das nur so wenig übrig geblieben sind. Ich dachte es wären ca. 30%.

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Schimeck  20.06.2024, 18:09
@Marks09

Warum sollten sie Mischlinge sein? Sie könnten prozentual vielleicht...

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Meine Großeltern hatten irgendwie Glück und durften alles behalten.

Das ist allerdings sehr ungewöhnlich. Bei meinen Großeltern war es so: Großmutter und Großvater sind im heutigen Polen aufgewachsen (damals Deutschland).

Großmutter war noch ein Kind, als die Sowjekts kamen wurde die Schwester erst vergewaltigt, dann getötet. Sie hat sich im Kartoffelkeller versteck. Bei der anschließenden Flucht hat nur meine Großmutter und eine Schwester überlebt. Der Rest fiel sowjetischen Kriegsverbrechen zum Opfer. Die Besitztümer wurden selbstredend konfisiziert.

Großvater war Deutscher polnischer Abstammung und ist im Krieg untergetaucht (um nicht eingezogen zu werden bzw. aus Angst vor Repressalien aufgrund seiner Herkunft). Nach Kriegsende wurde er allerdings (als Deutscher) trotzdem aus seiner Heimat vertrieben, und ist dann, mit nichts als seiner Kleidung am Leib, in einer westdeutschen Stadt gestrandet wo er sich durch Taschendiebstahl als Obdachloser durchgeschlagen hat.

Eines Tages hat er dann meine Großmutter, die ebenfalls in der Stadt gestrandet ist, bestohlen (bzw. hat es versucht und wurde dabie erwischt). So haben sich die beiden kennen gelernt.

Die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten war schon weitgehend vollumfänglich. Dort blieb praktisch nichts und niemand zurück. Alles was irgendwie "deutsch" war wurde "bereinigt" und slawisiert. Jedweder Besitz konfisziert. Alles was an eine deutschen Hintergrund erinnern könnte entfernt, übermalt oder verdeckt. Selbst deutsche Inschriften auf Grabsteinen hat man abgschlagen. Ziel war schlichtweg alles was irgenwie mit Deutschland oder Deutschen auch nur in Verbindung gebracht werden könne zu tilgen. Von den ca. 10 Millionen Deutschen in diesen Gebieten lebten 15 Jahre nach Kriegsende noch ca. 50.000. Der Rest ist geflohen, wurde vertrieben oder ermordet (ca. 2 Millionen Tote). Offiziell hat die polnische Regierung selbst um 1950 bekannt gegeben dass es keine Deutschen mehr in ganz Polen gäbe und das als besonderen Erfolg dargestellt.

Man darf halt nicht vergessen, die Sowjetunion unter Stalin (und damit auch dessen Handlanger in Warschau) war nicht besser als das Deutsche Reich unter Hitler. Beides mörderische Diktaturen die millionenfach Menschen ermordeten.


Marks09 
Beitragsersteller
 20.06.2024, 14:52

Erstmal möchte ich mich bedanken, das du deine Familiengeschichte mit mir geteilt hast. Das sind wiederum Einblicke wie andere es erlebt haben.

Bezugnehmend auf Glück gehabt, meinte ich lediglich dir Großeltern väterlicher Seite. Des Weiteren haben die Großeltern, vor uns Kindern, nie darüber gesprochen. Ich habe nur sehr wenige Infos, die mir mein Vater früher erzählt hat, aber auch er redet nicht darüber. Die einzigen Infos väterlicher Seite sind, das teilweise alle Einwohner eines Dorfes ermordet wurden. Die Sache mit dem Glück ist bezogen darauf, das meine Großeltern die schlimmen Zeiten überlebt haben und dort geblieben sind. Denn laut einiger Recherchen soll es in Odernähe besonders schlimm gewesen sein. Wobei mein Opa in Dresden stationiert war und nur meine Oma sowie ihre Geschwister daheim waren.

Meine Großeltern mütterlicher Seite sowie deren Schwestern haben dagegen die ganze Zeit darüber gesprochen. Sexuelle Themen waren in unserer Familie schon immer ein Tabuthema und wurde nicht mal ansatzweise erwähnt. Deswegen hoffe ich das meinen Vorfahren nichts schlimmes widerfahren ist. Falls doch, finde ich es gut, das sie es nicht erwähnt haben. Der Schmerz wäre zu groß gewesen.

Man merkt jedoch das die Eltern meines Vaters schon richtige Deutsche waren, da immer ausreisen wollte, ihr das dann irgendwann genehmigt wurde.

Wohingegen die Eltern meiner Mutter für immer dort geblieben sind weil sie von Anfang an zweisprachig aufgewachsen sind und der Großvater sowieso aus Polen kam.

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