Wie sammelt man Ideen für Geschichten?
Ich habe schon immer sehr für Fantasie Geschichten geschwärmt und hatte (zumindest früher) sehr viele Ideen in meinem Kopf. Meine Deutschlehrer haben immer gesagt, dass ich einen ziemlich einfallsreichen Wortschatz hätte, wahrscheinlich vom vielen Lesen. Wenn ich irgendwelche Aufsätze schreiben muss habe ich keine Probleme, Dinge zu erfinden oder zu beschreiben und die Handlung ist logisch aber wenn ich hobbymäßig meine eigenen Ideen bearbeiten will blockt es plötzlich, dann ist mein Schreibstil hässlich, unkreativ und die Handlung kann ich sowieso nicht ineinander verweben, weil mir keine Überbrückungen zwischen den einzelnen Ereignissen einfallen. In Romanen passt irgendwie alles so gut zusammen und die ganze Handlung scheint praktisch durchzufließen, viele Autoren schaffen es, mit wenigen Wörtern ganze Welten zu beschreiben. Ich verfasse einen ganzen Absatz über das Aussehen eines Hemdes und es klingt immer noch nicht so, wie ich es mir vorstelle.
Verklemme ich mich zu sehr und bin zu pingelig?
5 Antworten
Hey :)
Ich verstehe dein Problem gut und ich kann den anderen da nur zustimmen: Kein Buch entsteht einfach so, dahinter steckt eine Menge Arbeit. Mein Lieblingszitat, was das angeht, stammt von Ernest Hemingway: "The first draft of anything is shit". Also, die erste Version ist immer Mist und das merkt man hinterher auch. Aber das macht ja nichts. Der erste "Durchgang" ist der, in dem das Schreiben noch am meisten Spaß macht und in dem man einfach seiner Fantasie freien Lauf lassen kann. Das, was dabei rauskommt, ist sprachlich meist nicht besonders, aber dafür gibt es ja die Überarbeitung.
Insofern: Sei nicht zu streng mit dir selbst, hab einfach Spaß am Schreiben, der Rest kommt später, in den vielen Überarbeitungsschritten. Und es heißt ja auch "Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen." :)
LG Leonie
Wahrscheinlich spielt bei dir auch ein persönlicher Perfektionismus mit hinein. Eine Geschichte für die Schule ist das eine, aber eine, wo wirklich dein gesamtes Herzblut drinsteckt, ist dann schon was anderes.
Ich denke, jeder Autor hat hohe Ansprüche an sich selbst.
Wenn du Ideen brauchst:
Raus in den Wald, entspannende Musik etc. Nimm dir einfach Zeit für dich ohne irgendwelche Unterbrechungen oder Störungen, setz dich nicht selbst dabei unter Druck und mach etwas, was dich entspannt und dir Spaß/Freude bereitet. Mein Tipp hier: Am besten hälst du deine Ideen auf Papier fest. Mit dem Laptop lässt sich der Text zwar besser redigieren und schneller schreiben, aber meistens lenken dich dann andere Sachen (E-Mails, Internet, Spiele, Dateien auf dem Desktop) etc. vom Schreiben ab und spätestens dann ist jegliche Inspiration meistens schon dahin.
Wenn du an einer Textstelle nicht weiterkommst:
Lass es bleiben und setz dich ein anderes Mal wieder daran. Wenn du zu lange daran knabberst, wird es nur noch schlimmer. Lieber zwei, drei Nächte (oder länger) darüber schlafen und es frisch von Neuem versuchen.
Oft kommt einem dann die Idee, ein Teilkonzept etwas umzuändern und den Fokus jeweils auf andere Dinge zu verlegen. In deinem Beispiel könntest du also den Absatz über das Aussehen des Hemdes einfach auf einen oder zwei knappe Sätze verkürzen oder sogar ganz weglassen - und schon geht die Geschichte flüssiger weiter, wenn du dich zum Umändern erst einmal daran gesetzt hast.
Wichtig bei all dem ist, dass du dich nicht selbst fertigmachst, wenn etwas nicht so klappt, wie es soll oder du länger brauchst als geplant. Nicht umsonst brauchen professionelle Autoren meist mehrere Jahre, um einen Roman fertigzustellen.
Immer wieder etwas zu finden, was einem nicht gefällt, ist keine Niederlage, sondern die Chance, es zu überarbeiten, damit besser zu machen, neue Ideen zu entwickeln und sich selbst letzten Endes laufend zu entwickeln und zu verbessern.
Vielleicht probierst du es mal mit einer Mindmap? Einfach alles mögliche zusammen schreiben, was dir gerade einfällt - und dir dann das Beste rauspicken,
Hab gerade erst in einem Autorenforum (dsfo.de - ist ratsam, dort mitzulesen!) den Spruch (auf englisch) gelesen: Ein Entwurf ist noch keine Bombe, oder so ähnlich. Wahrscheinlich stellst Du für Deine "privaten" Werke einfach zu hohe Ansprüche an Dich selber, und dann verkrampft alles. Mach erst mal grobe Entwürfe für Deine Geschichten, schreib alle Szenen sofort nieder, die du mühelos schreiben kannst, und taste Dich daran langsam weiter. Die komplizierten Szenen schreibt man dann, wenn man sie perfekt im Kopf hat. Überbrückungen sind in der Tat schwierig, aber am Ende reicht oft ein einziger eleganter Satz (oder ein paar Sätze), um eine perfekte Überleitung zu erreichen, in der Kürze liegt die Würze, stell Dir einfach einen Szenenwechsel im Film vor, der muß auch nicht ewig eingeleitet werden, solange er an einer "logischen" Stelle kommt. Ein ganzer Absatz nur über ein Hemd lohnt nur dann, wenn es wirklich ein ganz besonderes Hemd ist und solch einer langen Beschreibung wert, sonst reicht eine oberflächliche Beschreibung (z. B. blaues Hemd/ buntes Trachtenhemd in den Farben... aus Leinen...bestickt... ), man muß sich gar nicht in zu viel Details auslassen, weil der Leser ja selber eine Phantasie hat, und jedem sei gegönnt, sich das Hemd auf seine Weise vorzustellen. Abermals, in der Kürze liegt die Würze, und detaillierte Beschreibungen nur dort, wo sie wirklich nötig sind. Zu lange Beschreibungen ermüden einfach nur beim Lesen, also keine Angst vor radikalen Kürzungen und Straffungen. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum Du Dich mit Aufsätzen (wo Du Dich zwangsweise kurz fassen mußt) so leicht tust, und mit Deinen episch langen privaten Ergüssen so schwer. Wichtiger ist, daß was los ist in der Geschichte, Action, Romantik und jede Menge Drama, Baby, worauf die Geschichte eben jeweils hinauslaufen soll. Der Leser muß die Gelegenheit bekommen, seine Phantasie auf Wanderschaft zu schicken, und das geht am besten in den "Lücken" zwischen den Worten, die seine Phantasie selber auffüllen muß, Du lieferst nur das Gerüst dafür. Ein wirklich guter Autor deutet viele Sachen nur an, und der Leser ist hinterher, bei einem zweiten Lesen, oft ganz erstaunt, daß eine bestimmte Szene so gar nicht im Buch steht, sondern man sie sich nur anhand gelieferter Andeutungen so vorgestellt hat. Oder, um es mit der "Unendlichen Geschichte" zu sagen, Du liest nie eine Geschichte zweimal auf die gleiche Art. Hilft Dir das weiter?
In romanen passt irgendwie alles so gut zusammen und die ganze Handlung scheint praktisch durchzufließen, und viele autoren schaffen es, mit wenig Wörtern ganze Welten zu beschreiben.
Dir sollte allerdings klar sein, dass auch das nicht einfach aus dem Nichts kommt. Hinter so ziemlich jeden Buch steckt eine Menge Arbeit. Mehrere Monate oder sogar Jahre an Planung, Überlegung, Formulierung und Korrektur.
Bis am Ende das polierte Gesamtbild rauskommt, dass der Leser im Laden kaufen kann, muss da Einiges passieren. Man kann sich eben nicht einfach 3 Szenen ausdenken, die zusammenkleben und das wars. Man fängt sicherlich irgendwo mit einer Grundidee an, aber die muss man danach ausbauen, eine Handlung aufbauen, Charaktere erstellen und sich immer wieder selbst kritisch hinterfragen. Sich fragen "Macht diese Szene überhaupt Sinn?" oder "Würde dieser Charakter sich überhaupt so verhalten?".
Besonders Letzteres kann eine große Hilfestellung sein, wenn du nicht weißt, wie es von einer Szene zur nächsten geht. Eine Geschichte tol zu inszenieren ist eine Sache. Aber letztlich ist deine Geschichte nunmal das Abenteuer deiner Charaktere. Es geht dort um sie und nicht um dich. Wenn als ein Ereignis passiert, dann nicht nur, weil DU es dort haben willst, sondern weil es aus Sicht deiner Charaktere Sinn macht. Wenn du also nach einem Ereignis nicht weißt, wie es weitergehen soll, dann "frag" deine Charaktere, was sie in dieser Situation machen würden. Dafür musst du deine Charaktere aber auch enstprechend gut "kennen".
Und was den Schreibstil angeht: Man findet nunmal nicht immer auf Anhieb den perfekten Satz. Darum ist ein wesentlicher Punkt beim ernsthaften Schreiben einer Geschichte nunmal die Korrektur. Text schreiben, nochmal durchlesen, verbessern, blöd finden, komplett verwerfen, nochmal neu schreiben, verbessern, umformulieren, umstrukturieren, etc. Ein Text muss und kann manchmal garnicht auf Anhieb gut klingen. Man muss nunmal durch erneutes Lesen herausfinden, wo die Probleme im Text sind und was schlecht klingt und das ganze entsprechend korrieren. Und das meistens nicht nur einmal. Das ist natürlich eine Menge Arbeit, aber sowas gehört eben zu den Aufgaben eines Schreibers.
Was mir auch auffällt: Da du gleichzeitig sagst, dass du Probleme mit dem Schreibstil hast und dass du deine Szenen garnicht verbinden kannst, sage ich dir noch: ERST planen, DANN schreiben. Kurz gesagt: Plane deine Geschichte erstmal von vorne bis hinten durch und zwar so genau, dass du eigentlich weißt, was du schreiben willst. Mach dir vielleicht sogar eine Liste, in der du vermerkst, was in welchem Kapitel passieren und erwähnt werden soll. Und DANN, wenn du genau weißt, was du schreiben willst, kannst du dich ans Formulieren machen. Die Handlung erst während des Schreibens zu entwerfen, ist schwierig und führt meist zu der Feststellung, dass das irgendwie nicht so recht funktionieren. Wenn du weißt, was du schreiben willst, musst du dich während des Schreibens nur noch darum kümmern, es dem Leser entsprechend anschaulich zu präsentieren.
Ich empfehle dir mal noch einen Blick auf den Workshop hier zu werfen:
https://www.carlsen.de/manga/specials-und-aktionen/storytelling-workshop
Dort findest du einige hilfreiche Tipps, wie du beim Planen und Verfassen deiner Geschichte vorgehen kannst, bzw. worauf du achten solltest.