Wie oft verkaufte der pater familias durchschnittlich seine Kinder als Sklaven? (Beschreibung s.u.)
Also wir behandeln im Geschichte Lk kurs 11te klasse nds das thema Krisen etc in der Antike bzw im römischen Reich, bei der Römischen Gesellschaft gibt es ja den pater familias(oder familiae) der hatte nach dem Zwölftafelgesetz das Recht seine Kinder als Sklaven zu verkaufen, und nun hatte ich die Frage Wie oft kam es vor das ein Pater Familias dies tat? ich habe schon umfangreich gegooglet aber hatte kein glück ich freue mich auf eine schnelle antwort Danke!!!!
3 Antworten
Moin,
darauf wird man dir heute wohl auch kaum genaue Statistiken liefern können, man korrigiere mich, falls ich mich irre. Allerdings wird dieser Fall nicht die Regel gewesen sein, sondern nur im Fall extremer Armut oder eines wirklich krassen Akts der Verstoßung Anwendung finden.
Man muss dabei bedenken, wieviel erst einmal das römische Bürgerrecht und das Recht der Freiheit wert waren, wohingegen ein Sklave in der damaligen Zeit ein leicht erschwingliches "Produkt" darstellte. Für einen solch extremen Akt, auch wenn er nach altem Recht praktikabel war, musste schon eine öffentliche Begründung her, und "wirtschaftlich" war dieser Verkauf auch nicht.
mfg Nauticus
Es gibt zwar Hinweise, daß in manchen Gegenden des römischen Reiches Eltern ihre Kinder tatsächlich als Sklaven verkauft haben. Ein faktischer Verkauf von Kinder in die Sklaverei durch den Vater der Familie/Hausvater (pater familias) ist bei den antiken Römern aber ein seltener Ausnahmefall gewesen. Rechtlich zulässig war dies kaum (nur für die früheste Zeit kann dies nicht ganz ausgeschlossen werden, ist aber sehr unwahrscheinlich).
Eine Duldung des Verkaufs von Kindern aufgrund wirtschaftlicher Not ist anscheinend erst für die Gesetzgebung der Spätantike belegt, die so etwas für ein kleineres Übel im Vergleich zur zunehmenden Kindesaussetzung hielt. Das Kind verlor dabei rechtlich nicht den Status der freien Geburt, sondern kam nur in eine tatsächlich der Versklavung weitgehend entsprechende Rechtsstellung.
Der pater familias hatte insbesondere in der Frühzeit eine starke rechtliche Stellung. Die Zwölftafelgesetze enthielten aber keine Bestimmung, die ihm den Verkauf seiner Kinder in die Sklaverei erlaubte. Die Fragebeschreibung legt eine irrige Deutung der Leges duodecim tabulorum IV 2 zugrunde.
Si pater filium ter venum duit, filius a patre liber esto.
„Wenn der Vater seinen Sohn dreimal zum Verkauf gegeben hat, soll der Sohn vom Vater frei sein.“
Der als Rechtsmöglichkeit vorausgesetzte Verkauf war keine Veräußerung in die Sklaverei.
Die Überlieferung zum Thema Kinderverkauf im römischen Reich ist nicht umfangreich genug um eine Statistik aufstellen und einen Durchschnittswert angeben zu können. Für einen über einen sehr geringen Wert hinausgehenden Durchschnittswert hinsichtlich eines Verkaufs von Kindern in die Sklaverei durch den pater familias gibt es keine Belege.
Leonhard Schumacher, Sklaverei in der Antike : Alltag und Schicksal der Unfreien. München : Beck, 2001 (Beck's archäologische Bibliothek), S.31 - 32:
„In Rom waren Kinder wie alle Angehörigen einer weitaus exzessiveren Gewalt des Familienoberhauptes (pater familias) unterworfen. Die patria potestas umfaßte das Recht zur Tötung (ius vitae necisque) ebenso wie das Recht zur Veräußerung (ius mancipationis). Indessen wurde die Ausübung des Tötungsrechts bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. durch Sitte und Herkommen faktisch begrenzt. Die Tötung setzte einen ‚rechten Grund‘ (iusta causa) voraus, der im Zweifelsfalle durch ein Hausgericht zu billigen war. Die Veräußerung (mancipatio) – von dem Juristen Gaius als eine Art symbolischen Verkaufs definiert - führte indessen sicher nicht in die Sklaverei, sondern begründete ein neues Herrschaftsverhältnis: Das so ‚verkaufte‘ Hauskind befindet sich anschließend in manicipio eines anderen Gewalthabers. Inhaltlich entsprach die neue Stellung etwa der eines Familiensohnes ohne dessen gentilizische Rechte: Beide sind der Gewalt einer anderen Person unterworfen und deshalb nach römischer Auffassung zwar unfrei (alieni iuris), doch keineswegs versklavt. Formale Analogien zwischen einem servus und einer Person in manicipio ließen sich im Grunde auf den filius familias auswieten. Inhaltlich resultieren sie aus dem genuin römischen Verständnis der Hausgewalt des Familienoberhauptes und lassen sich nicht auf unsere Vorstellungen von Unfreien übertragen. In die Irre führt in diesem Zusammenhang auch die etymologische Definition des Juristen Florentinus (Dig. 1,5,4,2), der mancipia als kriegsgefangene Sklaven deutet - quod ab hostibus manu capiantur. Definitiv läßt sich zwar nicht ausschließen, daß ein pater familias in archaischer Zeit auch Kinder als Sklaven ins Ausland verkauft haben mag, aufgrund der skizzierten Situation halte ich diese Hypothese aber für wenig wahrscheinlich. Als Rechtsgeschäft zielte die mancipatio jedenfalls seit früher Zeit auf eine Beendigung der väterlichen Gewalt, um die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit (Emanzipation) eines Hauskindes zu Lebzeiten des Vaters zu begründen.
Ein tatsächlicher Verkauf von neugeborenen Kindern römischen Rechts aufgrund wirtschaftlicher Not wurde, soweit ich sehe, erst durch die spätantike Kaisergesetzgebung toleriert, um der zunehmenden Kindesaussetzung zu begegnen. Obwohl ausdrücklich betont wurde, daß ein so verkauftes Kind den Status der freien Geburt (ingenuitas) nicht verliere, führte das Geschäft – technisch handelte es sich um einen Dienstvertrag (locatio conductio operarum) – zu einer Rechtsstellung, die faktisch der Versklavung weitgehend entsprach. Der Unterschied lag in der zeitlichen Begrenzung auf maximal (?) 25 Jahre, wobei zunächst dem Vater bzw. den Eltern, später jedermann das Recht eingeräumt wurde, das Kind durch Geldzahlung oder Stellung eines Ersatzsklaven auszulösen.
Insgesamt verdeutlichen diese Überlegungen, daß der Kinderverkauf in bezug auf genuin römische Verhältnisse der Republik und Kaiserzeit als Quelle der Sklaverei praktisch außer Betracht bleiben kann. Für die nichtrömische (peregrine) Provinzialbevölkerung gilt dies nicht in gleichem Maße. Die recht spärliche Überlieferung bietet Hinweise, daß in bestimmten Gegenden Kinder von ihren Eltern durchaus als Sklaven verkauft wurden, teils aus wirtschaftlicher Not (Tac. ann. 4,72,2), teils gewerbsmäßig (Philostr. Apoll. 8,7,12). Dieselbe Praxis überliefert Herodot (5,6,1) in früherer Zeit auch für die Thraker. In welchem Umfang diese Verkäufe stattfanden und welche Konsequenzen sie für den Sklavenmarkt insgesamt hatten, läßt sich indessen kaum feststellen. Noch weniger wissen wir über die Praxis der sogenannten Randvölker des Imperium Romanum, etwa der Skythen oder Gaetuler.“
Dig. = Digesta (Digesten)
Tac. ann. = Tacitus, Annales (Annalen)
Philostr. Apollo. = Philostratos (Φιλόστρατος; lateinisch: Philostratus), Βίος Ἀπολλώνιου Τυανέως [Leben des Apollonios von Tyana; lateinisch: Vita Apollonii Tyanae]
Herbert Hausmaninger/Walter Selb, Römisches Privatrecht. 9., völlig neu bearbeitete Auflage. Unter Mitarbeit von Richard Gamauf. Wien ; Köln ; Weimar : Böhlau, 2001 (Böhlau-Studien-Bücher : Grundlagen des Studiums), S. 21:
„Die umfassende Hausgewalt des römischen pater familias erlaubte diesem ua. Familienangehörige durch mancipatio in die potestas eines anderen pater familias zu übertragen. Wahrscheinlich sind häufig Haussöhne auf Zeit zur Arbeitsleistung an fremde Familien „verkauft“ worden, so daß die zwölf Tafeln regulierend eingreifen mußten: IV 2 Si pater filium ter venum duit, filius a patre liber esto. Wenn der Vater seinen Sohn dreimal zum Verkauf gegeben hat, soll der Sohn vom Vater frei sein. (Wenn der Vater seinen Sohn dreimal verkauft hat, soll der Sohn vom Vater frei sein.)
Dieser Zwölf-Tafel-Satz wurde von der Pontifialjurisprudenz zur Entlassung des Haussohnes aus der Hausgewalt (Emanzipation) ebenso wie zur dauernden Übertragung von Hauskindern in eine fremde Hausgewalt (Adoption) herangezogen.“
Susanne Hähnchen, Rechtsgeschichte : von der Römischen Antike bis zur Neuzeit. Begründet von Friedrich Ebel sowie Georg Thielmann. 4., völlig neu bearbeitet und erweiterte Auflage. Heidelberg ; München ; Landsberg ; Frechen ; Hamburg : Müller, 2012, S. 25 - 26:
„Zur Emanzipation von Hauskindern benutzte man den alten Satz:
XII tab. 4,2:
SI PATER FILIUM TER VENUM DUIT, FILIUS A PATRE LIBER ESTO.
(Wenn der Vater den Sohn dreimal verkauft, soll der Sohn vom Vater frei sein.)
Man muß sich das wohl so vorstellen, dass größere Hauskinder ähnlich wie Sklaven zur Nutzung wegegeben wurden, gegen Entgelt, aber nicht dauerhaft, z. B. über den Sommer als Erntehilfe. Danach ließ sich der Vater die Gewalt über den Sohn zurück übertragen. Ursprünglich war die Bestimmung als Schutz des Hauskindes gegenMissbrauch der patria potestas gedacht, in dem Sinne, dass der Vater es eben maximal dreimal „verkaufen“ konnte. Noch Jahrhunderte später nutzte man die Bestimmung zur Emanzipation, indem man den Sohn dreimal unmittelbar hintereinander demselben Käufer bewusst zum Zweck der Freilassung manzipierte (und dieser zurück); am Ende der Prozedur war der Sohn frei. Enkel und Töchter wurden übrigens nach Ansicht der alten Juristen schon durch einmaligen Verkauf frei (argumentum e contrario).“
Leonhard Schumacher, Sklaverei in der Antike : Alltag und Schicksal der Unfreien. München : Beck, 2001 (Beck's archäologische Bibliothek), S. 33 - 34:
„Fassen wir die Ergebnisse hinsichtlich endogener Versklavungen zusammen, so wird deutlich, daß sie zahlenmäßig weder in Griechenland noch in Rom von erheblicher Bedeutung gewesen sein können. Drei Komplexe zeichnen sich ab:
1) Aufgrund wirtschaftlicher Not sind Versklavungen nur für die Frühzeit zu erschließen. In Athen wurde diese Konsequenz durch die Reform Solon definitiv ausgeschlossen, andere Poleis sind diesem Beispiel früher oder später gefolgt. Im Rom des 5. Jahrhunderts war sie im Zwölf-Tafel-Gesetz zwar rechtlich verankert, wurde aber durch die Schuldknechtschaft überlagert und kam faktisch kaum zur Anwendung.
2) Der Verkauf von Kindern in die Sklaverei war in Athen seit Solon ebenfalls verboten. Über die Verhältnisse anderen Poleis liegen kaum Nachrichten vor, doch spricht jedenfalls nichts für einen ausgedehnten Kinderhandel. Die römische Praxis der Manzipation von Hauskindern führte nicht zu deren Versklavung. Aus strukturellen Gründen kann der Verkauf von Kindern ins Ausland in der Republik allenfalls die Ausnahme gewesen sein. Wenn der Kinderhandel in der Spätantike toleriert wurde, so lag faktisch zwar eine Versklavung vor, die rechtlich aber als zeitlich begrenzter ‚Dienstleistungsvertrag‘ zu werten ist. In gewissem Umfang landeten allerdings Kinder peregriner Eltern auf dem Sklavenmarkt.
3) Die Versklavung als Strafe spielte erst in der römischen Kaiserzeit eine größere Rolle. Im republikanischen Recht war diese Sanktion offenbar vorgesehen, wurde aber kaum praktiziert. Ein ähnlicher Befund läßt sich für den attischen Strafprozeß vermuten.“
Maximal so oft wie er Kinder hatte. Eine Sache mehrfach zu verkaufen, war auch in der römischen Rechtsordnung nicht möglich.
Ein Kind ist keine Sache.
Die Römer kannten eine Unterscheidung zwischen Personenrecht und Sachenrecht.
Eine Maximalangabe ist kein Durchschnittswert und vor einer Angabe, wieviel sich theoretisch als mathematische Möglichkeit maximal ergibt, ist es sinnvoll, die rechtliche Zulässigkeit eines solchen Verkaufs zu prüfen.
Die gleiche Sache kann übrigens von jemanden mehrmals verkauft werden, wenn er sie in der Zwischenzeit (jeweils) rechtmäßig zurückerhalten hat.
Ein Maximalwert ist selbstverständlich kein Durchschnittswert. Also teilst Du jetzt den Durchschnittswert mit?
Ich gehe darauf ein, was über den Durchschnittswert zu wissen möglich ist.
Rechtlich zulässig war ein solcher Verkauf nicht (eventuell mit Ausnahme der allerfrühesten Zeit), was eine für den Durchschnittswert relevante Information ist.
Eine konkrete Zahlenangabe zum Durchschnittswert kann nicht ernsthaft mitgeteilt werden, da keine ausreichende Quellengrundlage vorhanden ist, so etwas zu errechnen.
Der von mit gegebenen Antwort war dies zu entnehmen und es ist seltsam, diese nicht einfach durchzulesen, sondern danach zu fragen, ob ich den Durchschnittswert mitteile.
Eine konkrete Zahlenangabe zum Durchschnittswert kann nicht ernsthaft mitgeteilt werden, da keine ausreichende Quellengrundlage vorhanden ist, so etwas zu errechnen.
Eben!
Und das habe ich paraphrasiert.
Rechtlich zulässig war ein solcher Verkauf nicht (eventuell mit Ausnahme der allerfrühesten Zeit),
Was mir neu ist. Und eigentlich ausreichen würde, um das Thema recht kurz abzuhaken.
Die Aussage „Und das habe ich paraphrasiert.“ trifft nicht zu. Der Satz „Maximal so oft wie er Kinder hatte.“ enthält dies eindeutig nicht und der folgende Satz auch nicht.
"nur im Fall extremer Armut oder eines wirklich krassen Akts der Verstoßung" - Nein, eben nicht.
Man muss dass eher so sehen: wenn ein Junge etwas lernen sollte, wozu er nicht im Haus selbst angelernt werden konnte, dann wurde er zur Ausbildung in ein anderes Haus gegeben, und befristet einem anderen Pater Familias übergeben. Dies fällt dann unter diese Vorschrift, denn es ist ein (befristeter) Verkauf in eine fremde Knechtschaft oder Sklaverei.