Wie kamen die wilden Tiere ins Kolosseum?

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In einer Reihe von Gegenden des römischen Reiches und teilweise auch in einigen anderen Ländern (z. B. Indien) wurden von Tierfängern bzw. Soldaten wilde Tiere gefangen, die nach Rom ins Kolosseum kamen.

Die Tiere wurden mit Hilfe von Fallen, Gruben, Schlingen, starken Netzen und Seilen gefangen. Köder wurden zum Anlocken eingesetzt oder Treibjagden unternommen.

Es gibt Darstellungen von bei Fallen lauernden Tierfängern, die bei Betreten einer kastenförmigen Falle eine Tür zuzogen/eine Verschlußkappe herabließen, oder vom Einkesseln von Wildtieren durch Soldaten mit brennenden Fackeln und Netzen und Käfigen mit einer (noch) offenen Tür als eine scheinbare Fluchtmöglichkeit. Zum Teil sind Jungtiere gefangen worden.

Zum Transport sind wohl Eisenkäfige auf Rollen verwendet und Zugtiere vorgespannt worden oder Käfige auf Ochsenkarren geladen worden. Von Flüssen bzw. der Küste aus sind Wildtiere auf Schiffen weiter nach Rom transportiert worden. Weiter ging es wieder mit Landtransport. Vor den Stadtoren gab es vermutlich große Gehege, in die wilde Tiere zunächst kamen.

Im Kolosseum gab es ein Gangsystem, Käfige für wilde Tiere in den Kellerräumen und zur Arena hin Falltüren, Rampenund mechanisch mit Winden bzw. Flaschenzügen bewegte Aufzüge/Lifte.

Die Römer sind nicht gerade schonend und rücksichtsvoll mit Wildtieren umgegangen. Bei Fangversuchen sind wahrscheinlich nicht selten Tiere verletzt oder auch getötet worden. Auch beim Transport oder bald danach sind wohl Tiere massenhaft umgekommen (vgl. Apuleius, Metamorphosen 4, 13 - 14) oder in einem sehr schlechten Zustand angekommen (vgl. Symmachus, Epistulae 2, 76).

Das starke Ausmaß der Jagd hat in manchen Gegenden schließlich zur Ausrottung von Tierarten geführt.

Es gibt bildliche Darstellungen von Jagdszenen auf antiken römischen Mosaiken, zu Tierfang wichtig eines aus dem Isoguntus-Haus in Hippo Regius (Mitte 4. Jahrhundert n. Chr.) und mehrere von einer spätantiken römischen Villa in Sizilien, in der Nähe der Stadt Piazza Armerina (Entstehungszeit der Villa ist nicht genau bekannt, Schätzungen datieren sie auf 305 – 325 n. Chr.).Die Darstellungen sind nicht immer realistisch, sondern enthalten auch Phantasien und zu Topoi (vorgeprägte gängige Motive) gewordene Vorstellungen (vgl. dazu Wulf Raeck, Modernisierte Mythen : zum Umgang der Spätantike mit klassischen Bildthemen. Stuttgart : Steiner, 1992, S. 24 – 70 (2. Nichtmythologische Jagddarstellungen)

https://www.gettyimages.de/detail/nachrichtenfoto/algeria-annaba-mosaic-work-depicting-the-hunting-for-nachrichtenfoto/122215589

http://amphi-theatrum.de/1354.html (ziemlich weit unten)

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0f/Villa_del_Casale_31.jpg

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/55/Villa_Del_Casale_Grande_Chasse-2.jpg

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d1/Villa_romana_di_Piazza_Armerina_-_Sicilia_-_tigre.JPG

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/42/Transport_d%27animaux_exotiques%2C_villa_de_Casale%2C_Piazza_Armerina%2C_Sicile%2C_Italie.jpg

https://www.alamy.de/stockfoto-antike-romische-mosaik-kampfen-und-jagen-villa-romana-del-casale-unesco-weltkulturerbe-in-der-nahe-von-piazza-armerina-77225770.html

http://www.hellenicaworld.com/Italy/RomanEmpire/Architecture/de/VillaRomanaDelCasale.html

„Im Gegensatz zu seinem Namen ist das Thema des Bodenmosaiks eine große Tierfangaktion für die Spiele in Rom: Kein Tier wird getötet und die Jäger benutzen ihre Waffen nur zur Verteidigung. Man unterscheidet aufgrund der verschiedenen technischen Charakteristiken und der offensichtlichen Brüche in der Zusammensetzung des Mosaiks sieben verschiedene Szenen, die von zwei verschiedenen Gruppen von Mosaiklegern ausgeführt worden sind.

·        Die ersten drei Szenen sind in kleinen (5-6 mm), sehr regelmäßigen quadratischen Steinen ausgeführt, die Farbglasuren aufweisen. Es finden sich nur wenig verschiedene Gesteine, aber etwa fünfundzwanzig verschiedene Farben.

·        Die verbleibenden Szenen in der südlichen Häfte des Gangs sind in größeren Steinen (6-8 mm) und weniger detailreich ausgeführt. Es finden sich mehrere Gesteinsarten und insgesamt fünfzehn verschiedene Farben.

Der stilistische Unterschied zwischen den beiden Teilen des Gangs ist recht offensichtlich. Während in der südlichen Hälfte die Figuren trocken, schematisch und arm an Volumen sind, zeigen sich die der nördlichen Hälfte plastisch und naturgetreu in der Darstellung der Personen und der Tiere. Möglicherweise ist die südliche Hälfte das Werk einer konservativeren Werkstatt, die sich treu an den stilistischen Kanon des dritten Jahrhunderts und die Figurensprache des Westens hielt, während die nördliche Hälfte von einer progressiveren Werkstatt ausgeführt wurde, deren Ausdrucksweise mehr dem vierten Jahrhundert entspricht. Vermutlich haben diese Künstler griechische oder kleinasiatische Einflüsse verarbeitet.

·        Die erste Szene zeigt den Fang verschiedener Tiere, von denen jedes in einer anderen Provinz Afrikas dargestellt zu sein scheint. Eine Ausnahme bildet Tripolitanien. Soldaten, die man im Mosaik an ihrer Kleidung erkennt, fangen einen Panther in Mauretanien mit einer Methode, wie sie in der Historia Augusta beschrieben wird: Ein Köder lockt ihn in eine Falle. In Numidien fangen Reiter in Satteln eine Antilope. In Bizacena wird ein Wildschwein in einem Sumpf gefangen, den man vielleicht als den Lacus Tritonis südlich von Hadrumetum identifizieren kann.

·        In der zweiten Szene in einem Hafen vor einem luxuriösen Gebäude im Hintergrund, vielleicht einer Strandvilla, überwacht ein Reiter, möglicherweise ein Angestellter der kaiserlichen Post, den Transport einer schweren Last. Vier Männer tragen einige verschnürte oder in Kisten verpackte Tiere auf den Schultern, ein Aufseher peitscht einen Sklaven und andere Diener ziehen Strauße und Antilopen auf ein Schiff. Die Forschung ist sich einig, dass hier der Hafen Karthagos dargestellt ist, dessen an dessen Hafenforum zur antoninischen Zeit ein achteckiges Gebäude und ein Tempel mit halbkreisförmigen Portikus standen, die der Architektur im Hintergrund dieser Szene ähneln.

·        In der dritten Szene, die sich vor dem Eingang der Aula mit der Apsis befindet, sieht man ein Stück Land zwischen zwei Meeren. In der Mitte beobachten eine Gruppe von drei Personen das Entladen von Tieren von zwei Schiffen, die von zwei Seiten kommen. Wegen der prominenten Stellung sah man in dieser Gruppe die Darstellung der Tetrarchen oder Maxentius (Sohn des Tetrarchen Maximian) mit zwei hohen Beamten, oder auch einen procurator ad elephantos (kaiserlicher Beauftragter für die Tiere in den Spielen) mit zwei Angestellten. Das Land zwischen den beiden Meeren ist mit Sicherheit Italien, und vielleicht ist hier Ostia, der Hafen Roms dargestellt. Das gleichzeitige Entladen der beiden Schiffe ist ein Beispiel für den in der Spätantike typischen Erzählstil.

·        In der vierten Szene sehen wir die Verschiffung der Tiere in einem östlichen Hafen, vielleicht in Ägypten, wie es die Darstellungen eines Elefanten, eines Tigers und eines Dromedars vermuten lassen. Die Jäger tragen Beinkleider orientalischen Stils.

·        Die fünfte Szene stellt den Fang von Rhinozerossen am Nil mit Fallen dar. Es sind typische rote Blumen und charakteristische Pagodengebäude zu sehen.

·        Die sechste Szene zeigt im oberen Teil den Kampf zwischen wilden Tieren und einen Löwen, der einen Mann angreift und deswegen getötet wird. Darunter erwartet eine Person gehobenen Alters mit ehrenvollem und autoritären Audruck, flankiert von zwei Soldaten mit Schilden die Ankunft einer geheimnisvollen Kiste, die den Greifen enthalten könnte, der am Ende des Korridors dargestellt wird.

·        In der siebten Szene sehen wir den Fang eines Tigers in Indien mit einer List, die von Claudian und dem hl. Ambrosius überliefert wird. Eine Kristallkugel wird dem Tiger zugeworfen. Das Tier sieht das eigene Spiegelbild in der Kugel, glaubt eines seiner Jungen zu erblicken und wendet seine Aufmerksamkeit von den Jägern ab, die es ohne Schwierigkeiten fangen können. Die letzte Episode, die wegen ihrer Einzigartigkeit die Aufmerksamkeit vieler Forscher auf sich gezogen hat, zeigt den Fang eines Greifen mit einem menschlichen Köder.

·        In den Apsiden der nördlichen und südlichen Enden des Ganges finden sich zwei weibliche Figuren. Die schlecht erhaltene nördliche Figur hält einen Speer in der rechten Hand und wird von einem Löwen und einem Leoparden flankiert. Es handelt sich vielleicht um die Personifikation Mauretaniens, oder, gröber gesehen, Afrikas. Die andere weibliche Figur besitzt olivgrüne Haut. Die sie umgebenen Tiere, ein kleinohriger Elefanten, ein Tigers und ein Phönix weisen auf die Darstellung Indiens hin. Von den ebenfalls dargestellten Ästen hängen formidines, rote Bänder, mit denen indische Jäger Tiger einfingen.“

Keith Hopkins/Mary Beard, Das Kolosseum. Aus dem Englischen übersetzt von Ursula Blank-Sangmeister unter Mitarbeit von Anna Raupach. Stuttgart : Reclam, 2010 (Reclams Universalbibliothek : Reclam-Sachbuch ; 18611). S. 128 – 129:

„Wie stellten es die Römer an? Wie fingen sie zunächst einmal die Tiere, ohne auf die bequemen modernen Betäubungspfeile zurückgreifen zu können? Anscheinend mit Hilfe vielfältiger Fallen und Gruben und der raffinierten Verwendung von in Schaffelle gehüllten menschlichen Ködern! Und wie gelang es ihnen, diese wilden und zweifellos verängstigten Tiere lebend und in guter Kampfkondition aus weit entfernten Teilen des Teiches bis in die Hauptstadt zu transportieren? Skeptiker werden antworten, dass es ihnen häufig nicht gelang. Symmachus war jedenfalls über die abgemagerten Bärenjungen enttäuscht, und möglicherweise erreichten mehr tote als lebendige Tiere das Ziel. Wie dem auch sein, hinter den Übertreibungen und den Fehlschlägen, die in der antiken Literatur nicht hinausposaunt werden, bleibt hartnäckige Realität, dass zumindest gelegentlich solche Tiere in großer Zahl den Weg nach Rom schafften. Eine Rolle spielten hierbei Privatunternehmen, mit denen entsprechende Vereinbarungen getroffen wurden. Wie wir aus Briefen wissen, die von ihm erhalten sind, wurde in den späten 50er Jahren Cicero, der neue Statthalter der Provinz Kilikien (in der heutigen Türkei) bedrängt, für Schauspiele seines übel beleumdeten Freundes Marcus Caelius einige Panther aufzutreiben. Cicero wich aus und erklärte, dass es nur wenige Tiere gebe. Doch später scheint der Staat bei der Beschaffung der Tiere auch Heereseinheiten eingesetzt zu haben. Es war wahrscheinlich eine sinnvolle Beschäftigungstherapie für Garnisonssoldaten in Friedenszeiten. Von Inschriften kennen wir z. B. einen «Bärenjäger», der in der Rhein-Legion diente, und wissen, dass in Germanien innerhalb von sechs Monaten 50 Bären gefangen wurden.“

https://www.g-geschichte.de/plus/tiere-als-gladiatoren/

„Pompejus (*106, +48 v. Chr.) überraschte die Besucher, als er neben 600 Löwen und einigen Elefanten auch ein Nashorn in den aussichtslosen Kampf schickte. Von überall her aus dem römischen Reich wurden außergewöhnliche Tiere geholt und in der Arena „verheizt“. Man kann an den getöteten Exoten regelrecht die Ausbreitung des römischen Imperiums ablesen. Ob aus dem Nahen Osten, aus Afrika, Indien oder Germanien, kein Teil des Reichs wurde ausgelassen.

Da kämpften Löwen aus Syrien gegen Elefanten aus Indien oder Afrika, Krokodile und Flusspferde aus Ägypten trafen auf afrikanische Strauße oder Antilopen, afrikanische Leoparden wurden von Bären aus Britannien zerrissen, mauretanische Löwen jagten äthiopische Affen, Tiger aus Armenien zerfleischten afrikanische Wildesel und Zebras, hungrige Hyänen wurden auf afrikanische Giraffen, germanische Bisons und Eber gehetzt. Hunderte, ja Tausende von Auerochsen, Elchen, Gazellen, Gnus, Hirschen, Hunden, Kamelen, Luchsen, Pferden, Tigern, Wildeseln, ja selbst Hasen fanden ihr Ende unter den Jubelrufen der blutgierigen Römer.“

https://www.geo.de/geolino/mensch/1636-rtkl-kolosseum-der-blutigste-zirkus-der-welt

„Für die blutigen Spiele müssen Tausende Raubkatzen nach Rom geschafft werden. Die römischen Soldaten in Nordafrika oder dem heutigen Irak stellen Fallen und fangen Raubkatzen. Ochsenkarren befördern die Tiere in die nächstgelegenen Hafenstädte, dann geht es über das Mittelmeer in Richtung Rom. Vor den Toren der Stadt werden die Tiere vermutlich in großen Gehegen gehalten. Oft lässt man sie aushungern, damit sie so gefräßig wie möglich in der Arena ankommen. Die maßlosen Spiele in Rom haben Folgen. Spätestens im 4. Jahrhundert nach Christus finden die Jäger, die für Nachschub sorgen sollen, kaum noch Tiere in freier Wildbahn. In Nordafrika gibt es einfach keine Raubkatzen mehr.“


Die Tiere wurden in Afrika von spezialisierten Tierfängern in Fallen gefangen. Mit Gewalt hat man sie in einen transportablen Käfig getrieben und diesen Käfig mit Zugtieren an die Küste gebracht. Per Schiff kamen die Tiere nach Rom, wurden dort wieder auf einem Karren und mit Zugtieren ins Kolosseum gebracht. Die Ankunft der Tiere in Rom und ihr Zug durch die Stadt war natürlich immer ein Ereignis. In der Arena hat man die Tiere durch spezielle Gänge geleitet. So wie es bei Gladiator zu sehen war, dass die Tiere angekettet waren, entspricht nicht der Wahrheit. Niemand hätte einem Löwen die Kette um den Hals legen können.


Lieschen471  10.02.2021, 11:54

Gute Antwort das habe ich mich auch schon gefragt....

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SarahAusRostock 
Beitragsersteller
 16.09.2019, 19:01

Danke. Die erste richtige Antwort

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zitat:

Für die blutigen Spiele müssen Tausende Raubkatzen nach Rom geschafft werden. Die römischen Soldaten in Nordafrika oder dem heutigen Irak stellen Fallen und fangen Raubkatzen. Ochsenkarren befördern die Tiere in die nächstgelegenen Hafenstädte, dann geht es über das Mittelmeer in Richtung Rom. Vor den Toren der Stadt werden die Tiere vermutlich in großen Gehegen gehalten. Oft lässt man sie aushungern, damit sie so gefräßig wie möglich in der Arena ankommen. Die maßlosen Spiele in Rom haben Folgen. Spätestens im 4. Jahrhundert nach Christus finden die Jäger, die für Nachschub sorgen sollen, kaum noch Tiere in freier Wildbahn. In Nordafrika gibt es einfach keine Raubkatzen mehr. Die Preise für sie steigen ins Unermessliche. Bis zu 600 000 Sesterzen kostet ein Löwe – umgerechnet sechs Millionen Euro! Doch zu dieser Zeit ist das Römische Reich sowieso schon kurz vor dem Zusammenbruch, der Spaß ist vorbei.

quelle: https://www.geo.de/geolino/mensch/1636-rtkl-kolosseum-der-blutigste-zirkus-der-welt

und wie du schon erfahren hast, gab es lastenlifte und kräne im kolosseum.

traurig, aber wahr. aber solche offizielle tierquälereien gab es noch lange, ein besonders erschütterndes beispiel ist von 1916, elefantin mary.

https://de.wikipedia.org/wiki/Mary_(Elefant)

:)) evella


SarahAusRostock 
Beitragsersteller
 16.09.2019, 19:14

Also damals gab es schon das Problem das gewisse Tierarten fast augerotten wurden. Ich dachte das wäre ein Problem unserer Zeit. Danke für deine Antwort

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Wie baute man das Kolosseum, so ganz ohne Kräne, Bagger und Bohrmaschinen? Mit Muskelkraft.


SarahAusRostock 
Beitragsersteller
 16.09.2019, 18:52

Kräne hatten die ja. Du Klugsch...

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Kriegstaube  16.09.2019, 18:54
@Slarti

Vielleicht waren da auch so esel die im kreis gelaufen sind :-).

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Kriegstaube  16.09.2019, 18:57
@Slarti

yello strom, wie soll so ein esel sonst funktionieren O_o ?!

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Man fing sie in Bodenfallen oder in Netzen.