Welchen Nutzen hat das Karteikartensystem beim Lernen?

3 Antworten

Die Lernkartei nach Sebastian Leitner hat in erster Linie die "Aufgabe", dass ein Lernender (sie muss nicht zwangsweise nur von Schülern genutzt werden) sich auf "intelligente" Weise selber abfragt und so den Stoff wiederholt, auf das er im Langzeitgedächtnis gespeichert wird und gut abrufbar ist.

Dabei soll das vorerst nicht Gewusste häufiger wiederholt werden (also landet meistens in den Fächern 1 - 3, während die Fächer 4 und 5 seltener wiederholt werden brauchen. Doch auch in dem Fall gilt, dass auch nicht mehr Gewusstes in Fach 1 kommen soll, damit es den Prozess des Wiederholens durchläuft und so eine größere Wahrscheinlichkeit besteht, dass man dieses Wissen festigt).

Ich nutze da immer eine Art Vergleich:
Etwas, was jemand bewusst gelernt hat, vergisst er eigentlich nicht wirklich, ABER es ist extrem blass in den jeweiligen Bereichen des Gehirns abgespeichert, zudem noch mit "Extras" verknüpft, die beim Abrufen nicht da sind, so dass es kaum möglich ist, die gelernten Fakten auf die Schnelle wiederzufinden.
Durch das "intelligente" Wiederholen sollen diese Fakten in einem kräftigen Farbton "angemalt" werden, so dass eine "Suchanfrage" in Deinem Gehirn erfolgreich wird.
Das Ganze ist natürlich jetzt eher symbolisch zu sehen. Es wandert keiner mit einem Pinsel durch Deine Synapsen und streicht diese an.

Was mich jedoch sehr ärgert: Gar nicht mal wenige Webseiten, die das Prinzip Lernkartei erklären, schlurren dabei sehr, hauen sachliche Fehler rein und erklären das Beschreiben des Vorgehens bei/mit einer Lernkartei so ungenau (insbesondere das Beschriften der Karteikarten), dass es mir in der Seele wehtut :-(

Was man wirklich machen sollte:

1) Man darf mehr als nur kurze Frage und kurze Antwort auf eine Karte schreiben. Es sind Zusatzinformationen erlaubt, die vielleicht zur Frage, vielleicht auch zur Antwort passen. So zum Beispiel Schlüsselwörter, die sich mit dem Wissen verknüpfen können

2) Ja, ich weiß, aus Zeitgründen kaum machbar, aber dennoch sollte man aus zwei Gründen die Karteikarten mit der Hand schreiben: Zum einem, weil sich das Gehirn Handschriftliches besser merken kann als Getipptes, zum anderen, weil man beim Schreiben mit der Hand gleichzeitig die Ping-Pong-Methode anwenden kann. P-P-M bedeutet, dass der Lernende während des Schreibens der Karte die Frage und die Antwort schon mal ein wenig im Kopf "Ping-Pong" spielen lässt und den Fakt schon mal ein wenig memoriert.

3) Man muss nicht zwangsweise nur Frage/Antwort schreiben.
Es ist genauso erlaubt, einen Text auf die Karte zu schreiben, der Lücken aufweist. Und den Inhalt dieser Lücken muss man dann wissen. Allerdings sollte man behutsam damit umgehen. Ich selber habe für mich beschlossen, dass ein Text bei mir maximal drei Lücken haben sollte.

4) Nach meiner Ansicht sollte spätestens ab Fach 3 die Antwort wie aus der Pistole geschossen kommen. Bei den Fächern 1 und 2 ist eine längere Wartezeit noch drin, ab Fach drei sollte die Antwort wirklcih im Bruchteil einer Sekunde kommen.
Warum?
Das hat etwas mit der Reiz-Reaktion zu tun. Bestes Beispiel: Die Hand landet aus Versehen auf der heißen Herdplatte. Im Minibruchteil von einer Sekunde jagt ein Schmerz in Deinen Kopf, und Du ziehst die Hand sofort wieder zurück.
Und Du lernst daraus, dass Hand auf heißer Herdplatte eine sehr schlechte Idee ist. Und eine sehr schmerzhafte mit dazu.
Dass Abfragen in Millisekunden ist zwar nicht schmerzhaft, aber recht effektiv, was den Lern- und Merkeffekt angeht.

5) Und ja, ich weiß da werde ich wieder Shitstorm von Lehrern und Lehrerinnen bekommen, aber - und da hat wieder die händische Lernkartei einen knuffigen Vorteil - haue mal zwischen dem Stoff, den Du lernen willst, eine Karte, die nichts mit dieser Thematik zu tun hat, vielleicht sogar ein vollkommen anderes Fach ist.
Warum?
Das menschliche Gehirn ist - leider - recht träge. Wenn etwas mit Routine kommt, schaltet es "auf Sparflamme". Angenommen, jetzt kommt ein Mensch und haut Dir heimlich still und leise eine Karte rein, die nichts mit dem Thema zu tun hat. Sagen wir, Du lernst was für Bio und plötzlich sollst Du eine Matheaufgabe lösen. Es muss keine schwierige sein, nichts, wo Du eine Stunde dran sitzt.
Wenn Du sie in 5 Minuten gelöst hast, ist das vollkommen ausreichend.
Dieser andere Stoff hat auch "nur" die Aufgabe, die Trägheit, die Routine, zu unterbrechen, den Kopf zu zwingen, nachzudenken, wach zu werden, neuen Elan zu kriegen.

6) Gut, da muss ich zugeben bin ich mir jetzt selber unsicher und drücke Dir den Stempel "Probiere aus, was für Dich am besten ist.
Es gibt mittlerweile zwei Punkte, die für Spacing sprechen. Das Blöde ist nur, es sind zwei genau gegenteilige Thesen.
Man weiß, Lernen am selben Platz hat seine Vorteile, weil das Gehirn sich daran gewöhnt und in den Modus geht und somit schneller arbeitet. Routine halt.
Man weiß aber auch: Wenn wir lernen, lernen wir zufällig viele andere Dinge mit. Diese Dinge verknüpfen sich mit den Fakten, die man lernt. So werden sie auch abgespeichert und man hat Schwierigkeiten, sie zu finden, weil einem die Verknüpfungen fehlen.
Spacing nun bietet zwei Möglichkeiten: Zwar immer am selben Ort lernen, aber an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten wiederholen, um die mitgelernten Fakten, die das Abrufen erschweren, zu verlernen.

Die zweite Variante: Sowohl an unterschiedlichen Orten lernen und wiederholen, um möglichst viele Verknüpfungen zu sammeln, die das Wiederauffinden erleichtern sollen.

Beides hat denselben Weg, beides hat aber unterschiedliche Ansätze. Welcher für Dich der geeignetste ist, müsstest Du für Dich selber rausfinden.
Und natürlich alles unter der Prämisse, dass meine Beschreibung für DICH der richtige Weg ist. Das ist leider das Problem: Es gibt viele Lernstrategien, die aber nicht für jeden geeignet sind. mancher braucht diesen Weg, ein zweiter einen vollkommen anderen. Und Du kannst sogar davon ausgehen, dass ein und derselbe Schüler für ein Schulfach Lerntechnik eins. für ein anderes Schulfach aber eine ganz andere Technik nutzt, weil diese sich für dieses Fach für ihn als am Optimalsten herausstellt.

Es soll das Auswendiglernen strukturieren. Bei der Arbeit mit Karteikarten geht es um Wiederholung bestimmter Inhalte, die auf den Karten stehen. Wenn man sich den Inhalt einer Karteikarte gemerkt hat, kommt sie ganz nach hinten. Es dauert also eine Weile, bis man sie das nächste Mal wieder in der Hand hat.

Karten, deren Inhalte man sich nicht gemerkt hat, kommen in ein mittleres Fach. Wenn alle Karten aus dem ersten Fach abgearbeitet sind, nimmt man die, die man sich nicht merken konnte und legt sie nach vorne in das ersten Fach. Wenn man sie sich beim zweiten Mal merken konnte, kommt sie - wie alle gemerkten Karten - ins letzte Fach. Hat es mit dem merken auch bei der zweiten Wiederholung nicht geklappt, kommt die Karte wieder ins zweite Fach.

Im Laufe der Zeit sollten nicht nicht gemerkten Karten immer weniger werden.

Gruß Matti