Welche Wirtschaftsform herrschte im Dritten Reich?

7 Antworten

Die Machtergreifung Hitlers in Deutschland am 30. Januar 1933 bestätigte die Vermutung, die in der marxistischen Interpretation des Verhältnisses von Ökonomie und Politik von Lenin geäußert wird. Es zeigte sich deutlich,

„daß der politische Überbau über der neuen Ökonomik, über den monopolistischen Kapitalismus … die Wendung von der Demokratie zur politischen Reaktion (ist). Der freien Konkurrenz entspricht die Demokratie. Dem Monopol entspricht die politische Reaktion.“[1]

Der Monopolkapitalismus der Weimarer Republik wurde auch im Nachhinein lange Zeit als wichtige Ursache für die Entstehung des Dritten Reiches verantwortlich gesehen.

Ich würde es als Sonderform der Planwirtschaft bezeichnen - es gab tatsächlich Wirtschaftspläne, man machte aber nicht so ein "Drama" daraus wie in der späteren DDR und verzichtete auch auf Kollektivierungen und Verstaatlichungen.

Planwirtschaft war es auch insoweit, als beispielsweise die Bauern bestimmte Mengen zu festgelegten Preisen abliefern mussten, die Löhne, wenn auch indirekt, staatlich festgelegt wurden (es gab einen "Treuhänder der Arbeit"), mit Kriegsbeginn gab es auch wieder Bezugsscheine für alle möglichen Dinge.

Nazideutschland war natürlich ein kapitalistischer Staat, auch wenn die Rassenideologie der Nazis im Zweifel Priorität über privatwirtschaftliche Interessen erhielt.

In den 20er Jahren bedienten die Nazis gelegentlich antikapitalistische Phrasen, solange sie diese antisemitisch ausschlachten konnten. Ein Beispiel ist die Unterscheidung von "raffendem", jüdischen Kapital, das mit Zinswirtschaft verbunden wurde und "schaffendem", deutschen Kapital, das mit angeblich anständigem Unternehmertum verbunden war.

Die Unterstützerbasis der Nazis waren in der Masse Kleinbürger und Arbeitslose, also diejenigen, die im Kapitalismus und inbesondere in Krisenzeiten um ihre Stellung fürchten mussten oder sie bereits verloren hatten. Der Antisemitismus bot diesen Gruppen einen Sündenbock, der von den systemischen Ursachen ihrer Probleme ablenkte. Antikapitalistische Parolen hatten aber spätestens seit der Ermordung von Ernst Röhm und seinen Anhängern keinen Platz mehr in der NSDAP.

Gleichzeitig waren die Nazis stramme Antikommunisten und assoziierten auch den Kommunismus mit dem Judentum, was auch eine der Rechtfertigungen für den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion darstellte. Der Klassenkampf und die internationale Solidarität der Kommunisten sollten zugunsten einer klassenübergreifenden deutschen Einheit überwunden werden.

Nach der Machtübergabe an die Nazis machten sie zahlreiche Zugeständnisse an Großkapitalisten, um sich ihre Unterstützung zu sichern. So wurden diverse Banken, die Reichsbahn und die Metallindustrie privatisiert, die Arbeiterbewegung und Gewerkschaften zerschlagen, Löhne eingefroren und Streiks illegalisiert. Auch Sozialleistungen wurden aus sozialdarwinistischen Motiven entfernt bzw. an quasi- private Organisationen übergeben und an rassische Voraussetzungen gebunden. Weitere Reformen förderten Monopole und richteten sich auch gegen Kleinunternehmer als die ursprübgliche Machtbasis des Nationalsozialismus.

Durch die Beschlagnahmung von jüdischem Vermögen, die massenhafte Zwangs- und Sklavenarbeit und die Ausbeutung von besetzten Gebieten wurden deutschen Unternehmen insgesamt riesige Profite ermöglicht, was in den meisten Fällen nach dem Krieg übrigens nie aufgearbeitet wurde.

Der Rassenwahn der Nazis stand aber immer an erster Stelle und machte in manchen Fällen Interventionen in die Privatwirtschaft notwendig. So wurden bestimmte Industrien zwangsweise auf die Herstellung von Rüstungsgütern ausgerichtet. Auch der Holocaust bedeutete punktuell Konflikte zwischen der Naziführung und Unternehmern, denn diese hätten mehr davon profitiert, die Arbeitskraft von ethnischen und politischen Gefangenen auszubeuten, statt sie im großen Stil zu vernichten.

Das alles ist typisch für eine faschistische Ideologie: In Krisenzeiten des Kapitalismus wird die Wut und Angst des Kleinbürgertums auf Minderheiten und die Arbeiterbewegung gelenkt. Damit dient der Faschismus zunächst den Interessen des Kapitals, verselbständigt sich aber danach und entzieht sich jeder Kontrolle bis hin zu irrationalen Verbrechen wie dem Holocaust.

Es gab schon Kapitalismus der aber durch Sozialleistungen und Gesetze abgefedert wurde. Eine Art soziale Marktwirtschaft also. Einige fÜhrende SPD Politiker wie der ehemalige Wirtschaftsminister Karl Schiller waren zuvor in der NSDAP gewesen.

Woher ich das weiß:Recherche

Schau hier. Hitler sagte übrigens oft, dass er viel von der Lektüre von Marx gelernt (18:25 - 18:49) hat und dass der gesamte Nationalsozialismus darauf basiere. Nur ging es im Marxismus um die Auslöschung der feindlichen Klasse und im Nationalsozialismus halt um die Auslöschung der feindlichen Rasse.