Welche Regeln als Buddhist im Alltag befolgen?
Ich bin 19 und interessiere mich sehr für den Buddhismus. Ich könnte mir auch gut vorstellen, nach den Lehren des Buddhas zu leben.
Ich habe bereits von mehreren Lebensregeln gelesen, es wird allerdings Vielerlei behauptet, dass nicht alles auf jeden zutrifft.
Nun zu meiner Frage:
welche Grundsätze muss ich unter allen Bedingungen einhalten, und gibt es Bedingungen, bei denen es Spielraum gibt?
Danke im voraus
5 Antworten
Ich finde, Thich Nhat Hanh hat diese "Regeln" ( die 5 Silas ) sehr modern und praktisch erklärt. Hier in diesem kurzen Hörbuch erklärt er sie als "Achtsamkeitsübungen":
https://www.youtube.com/watch?v=VVVGDQ1LLxM
Thich Nhat Hanh stellt in diesem Buch fünf Übungen der Achtsamkeit bzw. fünf Übungsfelder für ein liebevolles Miteinander vor. Wenn wir sie in unserem täglichen Leben umsetzen, helfen sie uns, gelassener, friedvoller und achtsamer mit uns selbst und anderen umzugehen und den diversen Herausforderungen des täglichen Lebens besser zu begegnen. Sie beziehen sich auf die Achtung vor allem Leben sowie den achtsamen Umgang mit Kommunikation, mit unseren Beziehungen, mit Konsumgütern, und der Entwicklung von Großzügigkeit. Durch diese Orientierungshilfen für ein glückliches Leben kann jeder Tag ein neues Abenteuer und eine faszinierende spirituelle Übung werden.
Inhalt:
01 Vorwort: 0:00:00
02 Die Kunst des achtsamen Lebens: 0:02:40
03 Die 1. Achtsamkeitsübung: ACHTUNG VOR DEM LEBEN: 0:06:48
04 Der Mensch ist Teil der Natur
05 Wir können erwachen
06 Die 2. Achtsamkeitsübung: GROßZÜGIGKEIT: 0:13:47
07 Wenn wir schenken
08 Je mehr wir geben, desto reicher werden wir
09 Gebender und Empfangender sind eins
10 Die 3. Achtsamkeitsübung: SEXUELLE VERANTWORTUNG: 0:29:13
11 Leerer Sex
12 Achtung vor unserem Körper
13 Die 4. Achtsamkeitsübung: AUFMERKSAMES & LIEBEVOLLES SPRECHEN: 0:25:10
15 Tiefes Zuhören
16 Hundert Prozent gegenwärtig sein
17 Liebevolles Sprechen und mitfühlendes Zuhören
18 Die 5. Achtsamkeitsübung: ACHTSAMER UMGANG MIT KONSUMGÜTERN: 0:30:32
19 Die vier Arten der Nahrung
Es gibt Regeln für zwei verschiedene Personengruppen. Regeln die nur für Mönche & Nonnen gelten (teilweise auch für Laien innerhalb der Klostergemeinschaft) & Regeln, die für alle Buddhisten gelten. Beispielsweise darf ein Mönch oder eine Nonne nicht auf weichen Betten schlafen & Musik ist nur für religiöse Zweck erlaubt.
Für dich ist aber wahrscheinlich viel interessanter, welche Regeln für dich gelten sollten. Da gibt es zum einen die ersten fünf Silas:
- Nicht Töten
- Nicht Stehlen
- Kein sexuelles Fehlverhalten
- Nicht Lügen
- Kein Rauschgift
Ähnlich & auch für alle Buddhisten geltend sind die sogenannten 10 Heilsamen Handlungen. Du kannst sie hier lesen: https://www.sarana-dhamma-treff.de/wp-content/uploads/2018/07/Die-10-Heilsamen-Handlungen.pdf
Und am wichtigsten ist der sogenannte Edle Achtfache Pfad, der auch für alle Buddhisten gilt. Er ist gut auf Wikipedia erklärt: https://de.wikipedia.org/wiki/Edler_achtfacher_Pfad
- Ich bin 19 und interessiere mich sehr für den Buddhismus
Hört sich gut an - bedenke aber, daß es "den" Buddhismus inzwischen nicht mehr gibt. Seit seinem Aufkommen ist er in so viele teilweise unterschiedlichste Gruppierungen zersplittert daß er geradezu mit einem orientalischen Bazar verglichen werden könnte.
Und was erwartest du eigentlich für dich vom Buddhismus?
- Ich habe bereits von mehreren Lebensregeln gelesen, es wird allerdings Vielerlei behauptet, dass nicht alles auf jeden zutrifft.
Hilfreich wäre es, du würdest dies mit Beispielen untermalen.
- welche Grundsätze muss ich unter allen Bedingungen einhalten
Daß du nichts einfach blind glaubst, aber auch nicht ohne Prüfung ablehnst.
- gibt es Bedingungen, bei denen es Spielraum gibt?
Diese Frage zielt auf die Silas ab. Grundsätzlich gibt es keinen starren Rahmen, die "Absicht" spielt eine große Rolle. An den Anfang des achtfachen Pfades hat Buddha ja auch den Erwerb der rechten (richtigen) Ansicht gestellt.
Bei Befolgung der Leitlinien "ohne Stock, ohne Schwert, fühlsam, voll Teilnahme, hegt er zu allen lebendigen Wesen Liebe und Mitleid" und "überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit liebevollem Gemüte" kann es erst gar nicht zu Fehlverhalten kommen.
Wie bereits erwähnt, sind die fünd Tugendregeln und die zehn heilsamen Wirkensfährten essenzielle Grundlagen. Eine hilfreiche Einteilung, welche diese beiden Themengebiete beinhaltet aber darüber hinausgeht, ist die der zehn transzendenten Tugenden (dasapāramī). Zum Zweck der Erleuchtung ist es notwendig, nach traditioneller Erklärung, dass man sich in diesen über einen langen Zeitraum übt (und dies bezieht sich nicht nur auf Buddhas, sonder auch auf den regulären Nachfolger). Wie dem auch sei, die alltägliche Praxis können sie auf jeden Fall auch ohne große Verzögerung bereichern, auf welchem Level auch immer. Dies sind die zehn:
- Dāna: Gebefreudigkeit, Freigebigkeit.
- Sīla: ethisches Verhalten, Sittlichkeit: Einhaltung der 5, 8 oder 10 Tugendregeln
- Nekkhamma: freiwilliger Verzicht, Entsagung (inkludiert Meditation).
- Paññā: Weisheit.
- Viriya (auch Vīriya): Willenskraft.
- Khanti: Geduld.
- Sacca: Wahrhaftigkeit.
- Adhiṭṭhāna: Standhaftigkeit, Entschlossenheit.
- Mettā: Mitfühlende Güte, liebevolle Güte.
- Upekkhā: Gleichmut.
Einige weitere nützliche Tugenden finden sich einbegriffen unter den sogenannte zehn Gebieten des verdienstvollen Wirkens (dasapuññakiriyavatthu):
- Dāna: wie oben.
- Sīla: wie oben.
- Bhāvana: Meditation, d.h. sowohl Ruhe als auch Einsicht.
- Apacāyana: Ehrfurcht vor Älteren und verwirklichten Personen.
- Veyyāvacca: Dienst in heilsamen Taten.
- Pattidāna: Teilen oder Übertragen von spirituellen Verdiensten.
- Pattānumodana: sich an den Verdiensten anderer erfreuen.
- Dhammassavana: Hören der Lehre.
- Dhammadesanā: Unterrichten der Lehre.
- Diṭṭhijukamma: Aufrichtung der eigenen Sichtweise.
Wenn Du bei Buddhismus mit MÜSSEN beginnst, beginnst Du grundverkehrt und solltest Dir überlegen, ob der Islam oder der Katholizismus nicht besser für Dich geeignet sind!?
Buddhismus ist die "Religion" der Eigenverantwortung!
Befolge die Regeln, die Du gut, richtig, sinnvoll und hilfreich findest.
Lass' Dir NIE, niemals, von anderen sagen, was Du als Buddhist tun MUSST!
Ist doch ok! Kein Problem! --ich denke, den Denkanstoß, den hast Du jetzt! - oder?
Das denke ich auch, ja. Was mich noch interessieren würde: Ist eine Zuflucht notwendig, um als Angehöriger des Buddhismus zu gelten? Oder ist die Befolgung der Lehren Zeichen genug?
Letzteres ist genug - Die "Zuflucht" ist i.d.R. nur dann nötig, wenn Du in eine buddh. Gemeinschaft/Verein aufgenommen werden willst.
Du solltest auch wissen, dass die Zuflucht zwar häufig aber bei lange nicht allen Buddhistischen Vereinigungen üblich ist - Bei den Nichiren-Buddhisten bspw. denen ich angehöre, gibt es überhaupt keine Zuflucht.
Ok vielen Dank für die Hilfe. Dürfte ich vielleicht noch fragen, wodurch sich die Nichiren-Buddhisten von anderen buddhistischen Vereinigungen unterscheiden?
Ganz grob: Sie folgen den Lehren des japanischen Mönches Nichiren Daishonin (13. Jhdt.) einer Art "Martin Luther" des Buddhismus, der gegen die damals dominierenden Strömungen Amida- und Zen-Buddhismus aufbegehrte und auf Basis der Analyse des Lotos Sutra zum Schluss kam, dass JEDER Mensch in diesem Leben ohne Askese und Kasteiung seine Buddhaschaft würde öffnen können (...weshalb er verbannt wurde und jede Menge sonstigen Ärger bekam) - allein durch das STudieren der Weisheit des Lotos Sutra und das Chanten des Mantras "NamMyohoRengeKyo".
Mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Nichiren-Buddhismus
Eine dt. Nichiren-Buddhismus Verein ist die Soka Gakkai International ev. https://www.sgi-d.org/
Tut mir leid für die falsche Wortwahl. Ich wollte mir nur mal einen Denkanstoss einholen, da ich mich bisher nur wenig mit der Religion auseinandergesetzt habe.