Was sagt ihr zu diesem zitat?

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Das Zitat kann erst im Zusammenhang voll verstanden werden.

Jeremy Bentham wendet sich gegen eine Behauptung, Gerechtigkeit sei das Ziel (der Endzweck) der Regierung und der bürgerlichen Gesellschaft. Diese Behauptung war in einem der 1787 – 1788 in den USA von Alexander Hamilton, James Madison und John Jay unter dem gemeinsamen Pseudonym Publius geschriebenen Artikel/Essays vertreten worden (Nr. 51 in der Schrift „The Federalist“):

„Justice is the end of government. It is the end of civil society.“

„Gerechtigkeit ist das Ziel der Regierung. Sie ist das Ziel der bürgerlichen Gesellschaft.“

Jeremy Bentham, Constitutional Code. Book I. Chapter XVI. Supreme legislative. Section VI. Omnicompetence.

„But justice, what is it that we are to understand by justice: and why not happiness but justice? What happiness is, every man knows, because, what pleasure is, every man knows, and what pain is, every man knows. But what justice is, - this is what on every occasion is the subject-matter of dispute. By the meaning of the word justice what it will, what regard is it entitled to otherwise than as a means of happiness? By justice, did the writer mean equality! Instead of justice he should then have said equality. But of four subordinate ends of government, equality is but one, and of that, the importance is neither so great nor so clearly visible as the three others, or, at any rate, as two of the three others, namely, subsistence and security.“

„Gerechtigkeit aber, was ist es, was wir unter Gerechtigkeit zu verstehen haben, und warum nicht Glück, sondern Gerechtigkeit? Was Glück ist, weiß jedermann, weil jedermann weiß, was Lust ist, und jedermann weiß, was Schmerz ist. Aber was Gerechtigkeit ist, - das ist's, was bei jeder Gelegenheit Gegenstand des Streites ist. Die Bedeutung des Wortes Gerechtigkeit sei, welche sie wolle, auf welche andere Auffassung hat sie berechtigten Anspruch als darauf, als Mittel zum Glück zu gelten? Mit Gerechtigkeit hat der Verfasser Gleichheit gemeint! Statt von Gerechtigkeit hätte er von Gleichheit reden sollen. Aber von vier untergeordneten Zielen ist Gleichheit nur eines, die Wichtigkeit ist weder so groß noch so klar sichtbar wie die drei anderen oder jedensfalls von zwei anderen, nämlich Lebensunterhalt und Sicherheit.“

Bentham behauptet:

1)     übergeordnete Stellung von Glück als Ziel

2)     deutlich bessere Begreifbarkeit und Unumstrittenheit, was Glück bedeutet, als was Gerechtigkeit bedeutet

Glück (im Sinn von Glückseligkeit/gutem Leben/Wohlergehen/hohe Zufriedenheit, nicht von günstigem Zufall) ist als höchstes Gut im Bereich des Handelns unter dem Gesichtspukt der Motivation (Was ist wünschenswert?) einleuchtend. Wenn gefragt wird, worumwillen etwas erstrebt wird, ergibt sich letztlich Glück als erstrebter Endpunkt.

Gerechtigkeit ist meines Erachtenn allerdings etwas in sich Wertvolles und etwas, das sein solle. Ein allgemeines Verständnis dieser Art steckt in Forderungen nach Gerechtigkeit.

Bentham wird wahrscheinlich einer Beurteilung zustimmen, ein gerechterer Zustand sei im Gesamtergebnis auch ein Zustand mit mehr Gück als ein ungerechterer Zustand.

Er vertritt das größmögliche Glück der größmöglichen Zahl als Prinzip, wobei alle Betroffenen als ein Subjekt, also grundsätzlich gleich viel, zählen. Bentham kommt bei seiner Ethik also nicht ohne einen Gleichheitsgrundstz aus.

In Bezug auf Streit und Wissen über Gerechtigkeit und Glück kann Benthams Behauptung nur eingeschränkt als richtig gelten.

Wenn auch über eine genaue Definition von Gerechtigkeit eine allgemeine Einigung schwierig ist, gibt es in Annäherung doch ein allgemeines Vorverständnis, was Gerechtigkeit ist:  Sie ist etwas Gutes, in personaler Hinsicht eine Charaktertugend (etwas Ähnliches wie die Rechtschaffenheit einer Person) bzw. in sachlicher Hinsicht (das Gerechte) eine inhaltliche Richtigkeit mit Bezug auf Verteilung/Zuteilung mit irgendeiner Art von Gleichheitsgrundsatz, wenn auch nicht unbedingt quantitav genaue Gleichheit für alle (strikt egalitaristischer Standpunkt) beim Ergebnis. Non- oder antiegalitaristische Standpunkte kommen bei ihren Gerechtigkeitstheorien nicht wirklich gut ohne irgendeinen Gleichheitsgrundsatz aus. Ein Kriterium der Unparteilichkeit (Verbot von Diskriminerung) setzt eine grundsätzliche Gleichberechtigung voraus, ein Grundsatz der  hinlänglichen Versorgung mit Gütern oder des ausreichend großes Anteils enthält keine Lösung, woran gemessen etwas hinlänglich oder ausreichend ist und welche Anspüche als darüber hinausreichend zurückzuweisen sind (denn dies setzt einen Vergleich von Ansprüchen voraus, von dem Gerechtigkeit angeblich nach non- oder antiegalitaristischen Standpunkten unabhängig ist), und eine Aussage, alle sollten genug haben, setzt implizit eune grundsätzliche Gleichheit und eine Ablehnung von Ungleichbehandlung voraus.

Bei der Gerechtigkeit ist viel weniger die Bedeutung des Begriffs umstritten als die genauen Grundsätze und Maßstäbe (z. B. Leistung, Verdienst, Bedarf) und vor allem ihre konkrete Anwendung.

Auch bei Glück gibt es keine völlige Einigkeit darin, worin es genau besteht. Aristoteles, Nikomachische Ethik 1, 2 nennt als Beispiele von Meinungen dazu: Lust, Reichtum, Ruhm/Ehre, Gesundheit.

Bentham versteht Glück als Lust (bzw. Freude, Vergnügen, etwas Angenehmes; es kommt ihm auf die Sache an, nicht auf einen bestimmten sprachlichen Ausdruck dafür). Da es davon eine Erfahrung über Sinnesempfindung gibt, ist in der Tat eine Kenntnis, was Glück = Lust bedeutet, vorhanden.

Über eine Gleichsetzung von Glück und Lust besteht allerdings keine allgemeine Eingigkeit. Lust als Glücksbestand ist einleuchtend, aber es könnte gegen eine Gleichsetzung eingewendet werden, nicht alles, was lustvoll ist, sei immer gut (z. B. wegen eines trügerischen Anscheins oder eines Unterschieds bei kurzfristiger und langfristiger Betrachtung). Glück könnte dann als umfassender als nur Lust verstanden werden (dies ist z. B. ein Standpunkt von Aristoteles).

Im von Bentham vertretenen Utilitarismus gibt es kaum lösbare Schierigkeiten mit der Gerechtigkeit auf individueller Ebene. Die Gesamtbilanz nach Lust/Freude und Schmerz/Leid enthält kein Prinzip, wie die Verteilung auf die Individuen gut und richtig ist.

Das Empfinden von Glück ist weniger subjektiv, als das Gerechtigkeitsempfinden.

Was soll man zu dem Zitat schon sagen? Ist inhaltlich eigentlich nichts von Bedeutung.