Was ist ein waldorfschule genau?

3 Antworten

Also das ist eine Gesamtschule: nur ein Drittel der Schüler, die zusammen in der ersten Klasse sitzen, machen am Ende Abitur, oder weniger. Die anderen gehen vorher mit Hauptschulabschluss oder Mittlerer Reife ab - oder ganz ohne Abschluss. Denn alle Abschlüsse muss man durch Prüfungen erreichen, man bekommt sie nicht automatisch ab einer bestimmte Klassenstufe. Im Schnitt sind Oberschüler einer Waldorfschüler den Gymnasiasten um mehrere Jahre im Rückstand, was den Lernstoff angeht.

"Gute Schule"? Wenn man ganz viel Malen und Musik als gute Schule bezeichnet, ja. Allerdings muss man genau diese Kunst und diese Musik auch mögen. Auf jeden Fall geben sich alle viel Mühe: die Lehrer, die Eltern, manche Schüler. Für diese viele Mühe kommt am Ende recht wenig heraus: Man lernt zu wenig.


heffenberg  26.06.2012, 00:43

"nur ein Drittel der Schüler, die zusammen in der ersten Klasse sitzen, machen am Ende Abitur, oder weniger"?

Kann ich nicht bestätigen. An unserer Schule gibt es in der ersten Klasse maximal 34 Schüler, und es machen jedes Jahr etwa 16 bis 22 das Abi.

"Ganz ohne Abschluss" ist selten: Die meisten bei uns, die kein Abitur machen, haben den MSA oder die Fachhochschulreife. Bei Wikipedia heisst es dazu:
"Im Jahre 2006 erhielten in Deutschland 48 Prozent der ca. 5000 Waldorfschulabgänger das Abitur, 8 Prozent die Fachhochschulreife, 33 Prozent den Realschul- und 7 Prozent den Hauptschulabschluss."

Im Gegensatz dazu hier die Zahlen der staatlichen Schulen von 2010:
Abitur 31%, Fachhochschulreife 1,6%, Mittlere Reife 40,5%; Hauptschulabschluss 20,8%, Ohne Abschluss 6,1%.

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juna57  26.06.2012, 00:59
@heffenberg

@heffenberg, DH, das kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. L. G. juna57

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denise0711  12.07.2012, 00:53
@heffenberg

DH heffenberg, kenne ich genauso, in meiner Waldorfschul-Klasse sind 34 Schüler, davon gehen jetzt mit mir 24 zum Abitur und die restlichen 10 machen ihren Realschulabschluss bzw. einige ganz wenige ihren Hauptschulabschluss.

Ich finde nicht grade, dass somit wenig rauskommt bzw. wenig gelernt wird (@aida99), es wird anders gelernt.

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Die erste Waldorfschule wurde 1919 von Rudolf Steiner (1861-1925) in Stuttgart gegründet. Mit ihr wurde zum erstenmal das Prinzip sozialer Gerechtigkeit im Bildungswesen verwirklicht. Unabhängig von sozialer Herkunft, Begabung und späterem Beruf sollten junge Menschen eine gemeinsame Bildung erhalten. Als erste Gesamtschule, haben die Waldorfschulen das mit dem vertikalen Schulsystem verbundene Prinzip der Auslese, durch eine Pädagogik der Förderung ersetzt. Kein Sitzenbleiben. 12 Schuljahre.

Der Lehrplan der Waldorfschulen ist auf die Weite der in den Kindern liegenden seelischen und geistigen Veranlagungen und Begabungen ausgerichtet. Neben den sachbezogenen Unterrichtsgebieten, wird besonderes Gewicht auf vielseitigen künstlerischer und handwerklichen Unterricht gelegt. Hierbei werden schöpferische Fähigkeiten und individuellen Stärken des Einzelnen gefördert - um ihn in seiner Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen.

Ein entscheidendes Prinzip des Waldorflehrplans liegt hierbei in der Abstimmung der Unterrichtsinhalte und Unterrichtsformen auf die Prozesse kindlichen Lernens und die Stufen menschlicher Entfaltung in Kindheit und Jugend. Der Unterricht ist von Schulbeginn an auf das Ziel innerer menschlicher Freiheit hinorientiert. In den ersten Schuljahren, in denen die eigene Urteilskraft der Schüler erst heranreift, ist "bildhafter" Unterricht ein wesentliche Unterrichtsprinzip. Die Tatsachen werden so behandelt, dass die Schüler zusammen mit dem Anschaulichen auch das Gesetzmäßige und Wesenhafte der Dinge im Sinne echter Bilder verstehen und erleben lernen. (aus diesem Umstand leitet sich auch der bekannte Witz ab, das Waldorfschüler ihren Namen tanzen müßten ;-)

Dem Streben nach eigener Lebensgestaltung und Urteilsbildung vom 14. Lebensjahr an entspricht der wissenschaftliche Charakter vieler Unterrichtsfächer vom 9. bis 12. Schuljahr. Die Waldorfschulen sehen hier die pädagogische Aufgabe nicht darin, eine voruniversitäre Ausbildung zu betreiben, sondern den Unterricht inhaltlich so zu vertiefen, dass er sich mit den Lebensfragen des jungen Menschen verbinden kann und Antworten gibt.

Was die Zeugnisse und Abschlüsse betrifft haben die Waldorfschulen mit der Auslese, auch das übliche Zensurensystem abgeschafft. Die Zeugnisse bestehen aus möglichst detaillierten Charakterisierungen, die die Leistung, den Leistungsfortschritt, die Begabungslage, das Bemühen in den einzelnen Fächern durchsichtig machen. Die Schüler schließen die Schule mit der Mittleren Reife, Fachhochschulreife oder dem Abitur (nach dem 13. Schuljahr) ab- gemäß den in den Bundesländern jeweils geltenden Regeln.

Waldorfschulen werden zwar staatlich bezuschußt, finanzieren sich aber auch über private Zuschüssen bzw Schulgeld, das je nach nach Einkommen gestaffelt ist.

Hier noch einige nützliche Infos und ein Eindruck was eine Waldorfschule ausmacht, leider sind die Plätze immer sehr begehrt und schnell vergeben, so wie bei dieser im Kölner Norden...viel Freude beim ansehen. LG IID

http://www.youtube.com/watch?v=Elj-SFvvnnc



Mucker  26.06.2012, 01:40

Ja - das war von Rudolph Steiner !

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Waldorfschulen sind sehr unterschiedlich. Ob eine "gut" ist oder nicht, musst Du selbst für Dich entscheiden, indem Du Dir die betreffende Waldorfschule ansiehst.

Es sind Gesamtschulen, die Schüler werden also nicht wie an staatlichen Schulen nach der 4. oder 6. Klasse in Gewinner, Mittelmäßige und Verlierer sortiert, sondern bleiben als Klassenverband zusammen. Gut die Hälfte der Schüler macht im Durschschnitt das Abitur, die meisten anderen die Mittlere Reife, wenige den Hauptschulabschluss oder (an manchen Waldorfschulen) die allgemeine Fachhochschulreife.

Aber, wie gesagt: Waldorfschulen sind unterschiedlich: An manchen kann man das Abitur machen, an anderen muss man dazu nach der 12. Klasse die Schule wechseln. An der Kasseler Schule kann man parallel eine Ausbildung in einem handwerklichen Beruf machen und kriegt dann neben dem Abi noch einen Gesellenbrief. An der interkulturellen Waldorfschule in Mannheim gibt es zusätzlich zum normalen Sprachunterricht noch eine "Begegnungssprache" (z.B. Türkisch, Polnisch), um das Verständnis für andere Kulturen in unserer multikulturellen Gesellschaft zu fördern. An der Schule in Berlin Kreuzberg gibt es einen integrativen Zug, in dem behinderte und nichtbehinderte Schüler gemeinsam unterrichtet werden. Falls Du Dich also für eine bestimmte Waldorfschule interessierst, solltest Du Dir genau diese Schule ansehen und nicht von einer auf eine andere schliessen.

Da freie Schulen von den Bundesländern nur einen Zuschuss zu den Personalkosten erhalten, müssen die Eltern an Waldorfschulen Schulgeld bezahlen. Ausserdem (bzw. unter anderem deswegen) wird von den Eltern sehr viel mehr Engagement erwartet als an staatlichen Schulen.
Die Elternschaft ist wie bei allen freien Schulen im Durchschnitt deutlich mehr am Thema Bildung und an der schulischen Entwicklung ihrer Kinder interessiert als man es an staatlichen Schulen gewöhnt ist (natürlich gibt es auch an Staatsschulen engagierte Eltern, aber dort landen eben auch automatisch all die Massen, denen das Thema völlig egal ist und die ziehen den Durchschnitt mächtig nach unten).

Die Waldorfpädagogik wurde von Rudolf Steiner, dem Begründer der "Anthroposophie", entwickelt, weswegen man an den Schulen viele Anthroposophen trifft - Anthroposophie ist aber kein Unterrichtsfach. Die Schulen stehen Angehörigen aller Religionen offen, aber die Teilnahme am christlichen Religionsunterricht ist Pflicht.

Im Durchschnitt gibt es an Waldorfschulen weniger Gewalt, weniger Fremdenfeindlichkeit und weniger Rechtsextremismus als an staatlichen Schulen (auch Gymnasien schneiden im Vergleich schlechter ab).

Mehr Informationen findest Du (wie meistens) bei Wikipedia.