Was hat euch an den Hippies fasziniert?

8 Antworten

Der Wunsch nach Änderung von veralteten Strukturen in der Gesellschaft. Z.B Frau durfte ohne Einwilligung des Mannes nicht arbeiten. Familenpass für Vater, Mutter, Kind. Frau konnte nicht allein verreisen. Zusammenleben von unverheirateten Paaren war "wilde Ehe". Das wurde auch in den Akten des Arbeitgebers erwähnt. Keine Gardinen vor den Fenstern galt als "Kommune". Scheidung galt mit "Schuldprinzip". Frau ging leer aus. Vergewaltigung in der Ehe war keine Straftat. Sex in der Ehe war Pflicht. Übernachtung erlauben von Freund bei der Freundin (oder umgedreht) war einen Straftat laut "Kupplungs-Paragraph). Und vieles mehr gab Grund zu Provokation, Demonstration. Von Politik ganz zu schweigen (Vietnam-Krieg usw).

So war das. Ob die Hippis "faziniert" haben? Kann ich schwer sagen. Zumindest zum Nachdenken angeregt.


Ottavio  25.12.2017, 11:40

"Der Wunsch nach Änderung von veralteten Strukturen in der Gesellschaft" - das stimmt schon. Aber die Hippies, 1965, das ist lange her. Wie jung waren wir denn da?

Welche Ziele hatten denn die Hippies? Hatten sie wirklich Ziele, oder gab es da nur Musik und LSD? Hatten sie tatsächlich Ziele? Die Befreiung von der sexuellen Zwangsmoral wohl schon. Aber alle diese Ziele des Feminismus jetzt in die Hippiebewegung hineinzuprojizieren, geht gar nicht. Der Feminismus kam mindestens zehn Jahre später und war in vielen Aspekten eher eine Gegenbewegung gegen das, was die Hippies angestoßen haben.

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Nirakeni  25.12.2017, 12:15
@Ottavio

Findest du? Das vermischte sich doch alles. 1968 in Amerika, dann Berlin (Dutschke). Waren die sogenannten Hippis die "Subkultur"? Die Mitläufer, die Phantasten? Der Feminismus wurde auch schon 69 oder Anfang 70? von Alice Schwarzer in ihrer Zeitung "Emma" aufgegriffen.

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Nirakeni  25.12.2017, 12:21

Ottavio, findest du? Das vermischte sich doch alles. 1967/68 Amerika Woodstock, dann Berlin (Dutschke). Waren die Hippis die "Subkultur", die Phantasten? Und Alice Schwarzer hat schon 69/ oder 70 die Zeitschrift "Emma" herausgebracht und das Thema "Feminismus" publik gemacht. Anfang der 70iger im Stern: Paragraph 218 "Mein Bauch gehört mir".

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Ottavio  25.12.2017, 18:20
@Nirakeni

Die Hippies waren nicht die ganze Subkultur der späten 60er Jahre, aber sie gehörten zu den Phantasten darin. Die Hippiekultur hat vor allem in den USA stattgefunden 1965 bis 1968; die Hippies zogen den Open-Air-Konzerten hinterher und berauschten sich an der Musik und LSD. Sicher hatten sie auch einen Nachklang in der deutschen Studentenbewegung; aber deren "Antiautoritäre Phase" war im Herbst 1968 vorbei.

Die politisierten Student-inn-en in der Zeit von 1968 bis 1974 waren keine Hippies und keine Feministinnen; sie aber waren damals die eigentliche Massenbewegung. Was sie allerdings mit den Hippies verband, war ihre Gegnerschaft gegen den Vietnamkrieg.

Der (neue) Feminimus als Bewegung entwickelte sich nach dem von Dir angesprochenen Stern; bis 1975 war von ihm an den Universitäten aber noch nichts zu spüren. Seine Beziehung zu den Hippies war durchaus antithetisch.

Die Hippiefrauen vögelten mit Männern, mit denen sie nicht verheiratet waren; die Feministinnen vögelten auch mit den Männern nicht mehr, mit denen sie verheiratet waren. Ich weiß, auch darin kann man eine Parallelität ausmachen. Aber man möge mir verzeihen, dass ich darin vor allem die Gegensätzlichkeit sehe.

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Ottavio  25.12.2017, 18:58
@Nirakeni

Ich habe gerade mal gegooglet, so ganz genau erinnere ich mich auch nicht an alles.

Der besage Spiegel ist tatsächlich schon 1971 herausgekommen, und es gab damals unter weiblichen wie männlichen Sudent-inn-en auch eine Bewegung für die Freigabe der Abtreibung, aber als feministisch verstand die sich wirklich nicht, das hätte ich gemerkt.

Der entscheidende Durchbruch des Feminismus war 1975 Alices Buch Der kleine Unterschied. In meinen Augen definiert es den Beginn des neuen Feminismus in Deutschland. Die erste Emma erschien im Januar 1977, also etwa zehn Jahre nach dem Höhepunkt der Hippiebewegung.

In diesen zehn Jahren ist ja viel passiert, es war eben die Zeit der Student-inn-enbewegung. Sicher hat sich da manches vermischt; es gab aber auch mehr oder weniger klare Strukturen und Entwicklungslinien, die von jemandem, der dabei war, auch zu erkennen waren.

Die Hippies gehörten zu den Phantast-inn-en in der Subkultur. Zu ihren Verdiensten gehört, dass sie im Kampf gegen den Vietnam-Krieg von Anfang an dabei waren und ihr Kampf gegen die repressive Sexualmoral. Sie repräsentierten aber die Antiautoritäre Phase, und die war im Herbst 1968 schon vorbei. Es begann die organisierte Phase, und die war nicht nur in dieser Beziehung bereits eine Antithese zu den Hippies.

Die feministische Bewegung seit 1977 war insofern eine Antithese zur organisierten Studentenbewegung, als diese im wesentlichen aus jungen Männern bestand. Sie war es aber vor allem auch insofern, dass sie dem, was sie sexuelle Freiheit nannten, eine ganz andere Richtung geben wollten, als es die jungen Männer getan hatten.

Ohne Zynismus geht es leider nicht: Die jungen Hippiefrauen haben angefangen, mit den Männern zu vögeln, mit denen sie nicht verheiratet waren. Die Feministinnen haben aufgehört, mit den Männern zu vögeln, mit denen sie verheiratet waren. Eine gewisse Parallelität ist darin nicht zu leugnen. Aber wer davon betroffen ist, sieht das zweite als Gegenteil des ersten.

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Ottavio  25.12.2017, 19:25
@Nirakeni

Die erste Emma kam im Januar 1977 heraus. 1975 brachte Frau Schwarzer ihr Buch Der kleine Unterschied heraus. Das etwa könnte man als Beginn der neuen feministischen Bewegung betrachten - also zehn Jahre später als der der Hippiebewegung. Die Bewegung gegen den §218 war noch nicht feministisch, daran waren auch Menschen beiderlei Geschlechts beteiligt.

Ja, die Hippies waren eine Subkultur, und es waren viele Phantasten dabei. Damit waren sie sicher nicht die einzigen. Zu ihren Verdiensten gehörte der Kampf gegen den Krieg in Vietnam und gegen die repressive Sexualmoral. Die Studentenbewegung, die nach ihnen kam und hinsichtlich des Antiautoritarismus ihre Antithese war, hat diese Aspekte aufgegriffen

Die feministische Bewegung aber hat sich in einigen Punkten als Antithese zur Studentenbewegung empfunden; in anderen hat sie es vielleicht nicht empfunden, sie was es aber. Der wichtigste ist der der Sexualität des Mannes.

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Ottavio  26.12.2017, 09:43
@Nirakeni

Die erste Emma kam im Januar 1977 heraus. Schwarzers Buch Der kleine Unterschied kam 1975 heraus, das würde ich als den ersten Anfang der neuen feministischen Bewegung sehen, also zehn Jahre nach dem der Hippiebewegung. Die Bewegung gegen den §218 wurde von beiden Geschlechtern gleichermaßen getragen und war definitiv nicht feministisch.

Vermischte sich alles? Nun gut manche fängt als Hippiemädchen an und endet als Feministin. Die Zeiten ändern sich und wir mit ihnen. Es ist nicht so viel Gutes daran, sein Leben lang Phantast-in zu bleiben. Aber zwischen Hippiekultur und Feminismus gab es immerhin die organisierte Studentenbewegung 1968 bis 1977. Sie war eine Antithese zur antiautoritären Hippiesubkultur, und die feministische Bewegung war eine Antithese zu ihr

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paulklaus  26.12.2017, 11:55
@Nirakeni

Hippies und politischer Aktivismus der 68er-Generation lassen sich ebenso wenig voneinander trennen wie Joan Baez, Pete Seeger und Bob Dylan vom Widerstand gegen den menschenverachtenden Vietnam-Krieg !!

pk

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Blindi56  27.12.2017, 13:15
@Nirakeni

Die Hippies mit ihrem "Make Peace, not war" waren für die verschiedensten friedlichen Demos und Veränderungen verantwortlich und auf jeden Fall, dank Pille für die Befreiung der Frau (die Hippies haben die freie Liebe vorgelebt).

Aber sie haben auch grundsätzlich das Politikbewusstsein der Jugend  in Zeiten es Vietnamkrieges geweckt und so auch viel bewegt. Davor war in Deutschland noch quasi Nach- Nachkriegszeit und das Wirtschaftswunder hatte gerade begonnen, da gab es wenig Interesse für Weltgeschichte. Das hat die Hippiebewegung auch angestoßen.

Natürlich spielt alles ineinander, auch überhaupt die Jugendkultur, die da entstanden ist, ganz neue Musikrichtung, neue Möglichkeiten....Befreiung vom Modediktat, man konnte alles tragen....

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Fasziniert haben mich damals die Hippies nicht wirklich, aber hochgradig angeregt, über andere Lebensentwürfe nachzudenken.

"Make love, not war" bleibt der zentrale Satz, der mein Leben bestimmt hat. Ich bin aktiver Pazifist, bekenne mich aber auch zum ersten Teil, dem Recht auf Sexualität und der Befreiung von der sexuellen Zwangsmoral. Die Hippies haben eine Bewegung angestoßen, in der auch ich mich bewegt habe, die sich aber natürlich weiterentwickelt hat. Manches, was durch These und Antithese daraus geworden ist, finde ich keineswegs faszinierend:

Faszinierend war für die vielen Gitarristen meiner Generation die Erfindung des Nachhallverstärkers. Sie hat die damalige Musik geprägt, besonders die von Jimmy Hendriks. Ich konnte sie schon damals nicht ertragen ohne Dröhnung, und das ging wohl den meisten so. Aus der Gitarre wurde eine Geige.

Aber alles hat seine Zeit. Die Faszination der Hippies hatte ihre Zeit von 1966 bis 1968 für die, die damals gerade im richtigen Alter waren.


armaaaaani 
Beitragsersteller
 25.12.2017, 12:10

danke

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paulklaus  26.12.2017, 11:51

Long live everlasting FLOWER POWER ! WOODSTOCK FOREVER !!!

pk

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Die Lebenseinstellung an und für sich! - Die Infragestellung veralteter Ansichten, das Leben jenseits gesellschaftlicher Zwänge, das Ausleben eigener Bedürfnisse (z.B: freie Liebe, öffentliche Nacktheit, an die eigene Befindlichkeit angepasster Lebensrythmus, Verzicht auf Statussymbole und Reichtum zugunsten spiritueller Erfüllung, ...), Toleranz gegenüber anders denkenden, Kollektivierung privaten Eigentums, usw. - Das muss einfach ein geiles Lebensgefühl gewesen sein, oder?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Die Musik (Flower Power) und die lässigere Kleidung!

Zuhause lauf ich auch heute noch ganz gern in solcher Kleidung rum und hab Haare, die mir fast bis zum Po gehen. (Wahrscheinlich, weil ich es damals nicht durfte!)

Werde bald 60, aber man ist so alt, wie man sich fühlt.

Die haben all das gemacht, was wir (als "brave Kinder" ) nicht durften.

Rumhängen, Musik hören, träumen, na ja, Drogen nehmen, sozusagen frei sein von allen Zwängen und unabhängig.

Zumindest schien es uns so.

Eigentlich fand ich aber nur die "Flower-Power-Musik" gut, die aus dieser Szene kam.


paulklaus  26.12.2017, 11:57

Schrecklich plakative Vorurteile ! DU hast die Zeit sicher nicht miterlebt ! Es war auch keine SZENE, sondern eine WELTUMSPANNENDE BEWGUNG !

pk

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Blindi56  27.12.2017, 13:09
@paulklaus

Ich habe die Zeit miterlebt, war da 16 (Woodstock), leider kam bei uns noch nicht so viel davon an, wie man dann im nachhinein wusste, und Politik war noch nicht so interessant für uns.

Aber natürlich waren die Hippies auch für die (friedlichen) Demos gegen Vietnamkrieg und einige "Befreiungen" verantwortlich.

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paulklaus  28.12.2017, 18:47
@Blindi56

Ich war 25, studierte ("Unter den Talaren der Muff von 1000 Jahren !"), bin bis zu meinem Lebensende dankbar, die Ära der Flower Power LIVE / hautnah miterlebt zu haben und fühle mich heute noch als ehrliches Kind der WOODSTOCK-Generation und aktives Mitglied der Alt-68er...

pk

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Blindi56  29.12.2017, 16:10
@paulklaus

Jaa, mit 25 hat man das ja auch alles viel mehr registriert. Wir waren mit 16 fast noch Kinder (zu der Zeit...), daher kam auch fast nur das offensichtliche rüber.

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