Was haben eure Großeltern oder Urgroßeltern - falls sie in den 30ern und 40ern lebten - so über das Dritte Reich erzählt?

7 Antworten

Meine Oma war bei Kriegsende 20, hatte also als Jahrgang 1924 ihre Kindheit und Teenagerzeit im 3. Reich und Krieg.

So richtig viel hat sie nicht erzählt, nur auf Nachfrage.

Etwa dass sie nicht zum Bund Deutscher Mädel erschienen ist ohne Folgen, sie lebte auf dem Dorf, hat die Leute da wohl nicht so interessiert.

Auch etwas über die dunkle Ahnung bezüglich des Holocaust, dass man wohl ahnte, dass da "irgendetwas ist", ohne genau zu wissen, was.

Ein wenig über die Flucht aus Ostpreußen, wie sie im völlig zerbombten Hamburg ankam.

Dann ein wenig über die Besatzung durch die Engländer nach Kriegsende. Sie hat für die gearbeitet und konnte daher noch etwas Englisch.

Schlimm war für sie, dass ihr Bruder, ihr Vater und ihr Opa alle eingezogen wurden, alle nach Russland kamen und man nie erfahren hat, was aus denen wurde. Beim Roten Kreuz läuft noch immer ein Suchantrag auf meinen Namen, falls sie die mal irgendwo ausbuddeln.

Ihr Mann hingegen kam 1949 aus der Gefangenschaft zurück, halb verhungert und musste erstmal mit Schonkost wieder zu Kräften kommen. Ziemlich genau 9 Monate nach seiner Heimkehr wurde mein Vater geboren, offensichtlich wurde die Rückkehr angemessen gefeiert.

Ich hab noch viele Dokumente und Briefe von dem, sogar noch den Krankenhausbericht von 1953, wo er an Spätfolgen seiner Verwundungen mit nur 31 verstarb.

Das es furchtbar war.

Es gab nichts zum fressen, man hatte ständig angst zu sterben und alle haten angst oder waren zwueder.

Mein opa wurde gezwungen die katze zu essen - das hat er nie ganz verkraftet.

Ich denke für viele hat es später, bei anderen sicherlich auch nie, die Erkenntnis gebracht, das Ihnen ihre Vorfahren im Gespräch sicherlich nicht die Wahrheit über ihr Denken und (Nicht-) Handeln während der NS Zeit erzählt haben. Wer gibt schon gerne zu Mitläufer oder aktiver Nationalsozialist gewesen zu sein?! Es ist doch in der Nachbetrachtung schon interessant wie viele seinerzeit die Nazis verflucht haben wollen, nur deckt sich das in keiner Weise mit der heutigen Faktenlage zum deutschen Mitläufertum.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Geschichte Schwerpunkt Deutsches Reich / Nationalsozialismus

Mein Großvater war als junger Mann Soldat beim Kaiser, machte sich 1922 in der Weimarer Republik selbständig, seinen Schreibtisch habe ich hier in der RSA noch zu stehen und er sagte zu dieser schwierigen Zeit konnte er nur überleben, wenn er fuer die Landwirte arbeiten konnte, welche in Naturalien zahlten. Bei den Nazis wurde er nicht mehr an die Front eingezogen, er fungierte als Leiter einer Feuerwehrabteilung und überlebte zum Gegenteil meines Vaters, der am 19 Februar 1945 im Samland/Fischhausen gefallen ist, diesen Zweiten Weltkrieg.

Somit musste darueber nicht viel erzählt werden, denn es ist eine gelebte Zeit gewesen.

Nach 1945 erschienen die neuen Leute, welche im Ort das Sagen hatten und wollten sein Motorrad requirieren, als er die Axt aus dem Stall holte und sie denen unter die Nase hielt, verschwanden sie und nichts passierte danach, was damals reine Glückssache gewesen ist. Bei diesem aufrechten Mann ging ich noch in die Lehre und erreichte gerade noch den Gesellenstatus, bevor er starb und der Betrieb geschlossen werden musste.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

mein Opa war mit der Marine in Afrika. Ich habe viele Bilder gesehen, wie zum Beispiel die Einheimischen dort mit der Schiffsbesatzung zusammen an den Geschützen posiert haben oder Karten gespielt haben. Ich habe auch noch einen geschnitzten Holzadler, den mein Opa damals von ihnen geschenkt bekommen hat. Er hat nie schlecht über diese Zeit gesprochen. Und wenn ich mir seine ganzen Bilder ansehe, kann ich auch verstehen warum. So generell über das dritte Reich hat er nie wirklich gesprochen.


Apfelistgut 
Beitragsersteller
 18.12.2022, 02:20

Tja, uns wird heute nicht die Wahrheit erzählt. Meine Großeltern und Bekannte, die wir in Polen getroffen haben, haben über das Dritte Reich nur Gutes berichtet. Klar, der Krieg war schlimm, aber bis dahin war es eine schöne Zeit sagte sie.

TheTroll666  18.12.2022, 02:26
@Apfelistgut

meine Oma hatte eine polnische Nachbarin, die ab und zu bei ihr zu Besuch war, als wir auch dort waren. Sie sagte, das schlimmste, was den Polen damals passieren konnte, war der Einzug der Russen.

Apfelistgut 
Beitragsersteller
 18.12.2022, 02:33
@TheTroll666

Meine Großeltern väterlicherseits lebten damals in Oberschlesien (was damals ja noch zu Deutschland gehörte). Meine Oma hat mir erzählt, dass sie sehr viel Angst vor den Russen hatten. Der Opa meines Vaters wollte raus aus dem Haus auf's WC gehen (Das WC war halt draußen in einem kleinen Häuschen und nicht im Haus). Da kam ein Russe und hat den Opa erschossen. Der Russe der ihn erschossen hat wurd dann von seinem General erschossen. Schon heftig welche Tragödien sich damals abspielten. Will nicht wissen wie schlimm das auch war als die deutschen Städte terror-bombardiert wurden. Bist als Kind vllt auf dem Heimweg und weißt nicht, ob deine Eltern noch leben. Richtig schlimm. Wonei man damals vielleicht eh dann nur im Bunker oder Keller war. Keine Ahnung ob die wussten wann die Bomber vorbei kommen.

TheTroll666  18.12.2022, 02:38
@Apfelistgut

ja, Krieg ist generell schlimm. Und solche Sachen, die du da schilderst erleben tausende Menschen jeden Tag. Aber ich weiß, worauf du hinauswillst. Es wird einem nur das erzählt, was man glauben soll. Nicht immer das, was wirklich passiert ist.