Was bitte ist ein Minnekonzept?

2 Antworten

Was ist ein heute Konzept ? --Was bedeutete derzeit der Oberbegriff Minne ? Daraus solltet Ihr den gemeinsamen Nenner finden.

Das Wort »Minnekonzept« ist aus zwei Wörtern zusammengesetzt. Zum Verstehen der Bezeichnung hilft es, sich die Bedeutung der Wörter klarzumachen, die seine Bestandteile sind.

»Konzept« bedeutet in diesem Zusammenhang „Auffassung“, „Entwurf“, „Modell“, „Idee“.

»Minne« ist eine Bezeichnung für Liebe. Geschichtlich geht dabei es dabei um Liebe in der höfischen Gesellschaft des Mittelalters. Minne ist im Wesentlichen ein kulturelles Ideal des Adels gewesen. Es handelt sich bei Minne um eine Liebe, bei der Frauendienst im Mittelpunkt steht, ein Dienst gegenüber einer verehrten Herrin/Dame, deren Zuneigung jemand gewinnen und bewahren möchte.

Ein Minnekonzept ist die Auffassung eines mittelalterlichen Minnesängers/Dichters zu dieser Art von Liebe. Das Minnekonzept enthält, wie er sie versteht, welches Leitbild/welche grundlegenden Gedanken er dazu hat, welches Verhalten er in diesem Liebesverhältnis als richtig vertritt.

Bei Interesse kann in Nachschlagewerken mehr oder weniger ausführlich etwas zu Minne und Minnesang gelesen werden.

Manfred Zimmermann, Minnesang. In: Sachwörterbuch der Mediävistik. Herausgegeben von Peter Dinzelbauer. Stuttgart : Kröner, 1992 (Kröners Taschenausgabe ; Band 477), S. 540 – 541 gibt an:

Minnesang: aristokratische Gesellschaftspoesie, die in Deutschland in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts auftaucht, sich um 1200 zur höchsten Blüte entfaltet und im Spätmittelalter in ihren Nachwirkungen zu fassen ist. In seiner Ausübung an die Höfe als Zentren der ritterlich-höfischen Standeskultur gebunden existierte der Minnesang in der Phase seiner lebendigen Pflege primär in mündlicher Form, in aktivem Austausch zwischen dem Minnesänger als Dichter, Komponisten und Vortragendem und einem Publikum adliger Herren, die das Ideal ihrer Lebensform in seinen Dichtungen überhöht widergespiegelt sahen. Minnesang kreist um -> Frauendienst, der der sittlichen Vervollkommnung des Mannes dienen soll.


Albrecht  03.06.2014, 04:17

Ingrid Kasten, Minnesang. In Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft : Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Band 2: H - O. Gemeinsam mit Georg Braungart Klaus Grubmüller, Jan-Dirk Müller, Friedrich Vollhardt und Klaus Weimer herausgegeben von Harald Fricke. Berlin ; New York : de Gruyter, 2000, S. 604 - 608

S. 604 – 606 wird angegeben:

Minnesang: Die älteste deutschsprachige Liebeslyrik; Teil einer europäischen, an den Höfen vor allem des 12. und 13. Jahrhunderts geübten Kunstpraxis

Explikation: Der Minnesang war im Allgemeinen für den mündlichen Vortrag konzipiert, bei dem der Text gesungen und musikalisch begleitet wurde. Im Zentrum der an die Liedkunst der Troubadours anschließenden Diskussion über die Liebe steht das Konzept des „Frauendienstes“ bzw. der „fin´ amor“ (der „Hohen Minne“ bei den Minnesängern); Subjekt der Liebeserfahrung ist meist ein männliches Ich, Voraussetzung des Sprechens die Situation eines Mannes, der außerhalb der gesellschaftlich sanktionierten Form der Ehe eine Frau begehrt. Die Geschlechterbeziehung ist nach dem sozialen Interaktionsmuster der Vasallität modelliert. In der Rolle eines „Vasallen“ bemüht sich der Mann durch seinen „Dienst“, die Zuneigung seiner „Herrin“, seiner „Dame“ zu erlangen. Der aus dem Begehren resultierende Spannungszustand bleibt unaufgelöst und dient als Anstoß für immer neu variierte Formen des Frauenpreises, von Gefühlsäußerungen der Freude und Klage sowie von Reflexionen über die Liebe. Die Affektation durch die Liebe und die Fähigkeit, die Frustration des Begehrens zu bewältigen, erscheinen dabei als Voraussetzung für die Vervollkommnung des Mannes.

Mit der skizzierten, im Minnegesang zentralen Rollenkonfiguration, die in Form der dreigliedrigen -> Canzone ihren spezifischen Ausdruck findet, erlangt das Minnelied einen ausgesprochenen Werbecharakter. Daneben bleiben in der deutschen Liebeslyrik ältere literarische Muster produktiv, die ein anderes Konzept der Geschlechterbeziehungen aufweisen, bei dem die Frau als Liebende erscheint (Frauenleid, Wechsel, -> Tagelied).

Wortgeschichte: Der Terminus Minnesang, auch minnesinge, wird bereits von zeitgenössischen Autoren gebraucht (Hartmann von der Aue, Walther von der Vogelweide), um eine aus drei Teilen bestehende, oft aber vermutlich noch von einer einzelnen Person ausgeübte Praxis des Dichtens, Komponierens und Singens zu bezeichnen. sang benennt den Aufführungscharakter, mittelhochdeutsch minne (althochdeutsch minna) ist eine alte deutsche Bezeichnung für „Liebe“, die auch in anderen germanischen Sprachen belegt ist und auf ein Etymon mit der Bedeutung „denken“, „meinen“ (vgl. lateinisch mens „Verstand“, „Geist“; memini „sich erinnern“) zurückgeführt wird. Bereits im Mittelhochdeutschen tritt das Wort liebe mit der Bedeutung „Lust“, „Freude“, „Wohlgefallen“, „Liebhaben“ konkurrierend neben das Wort minne und verdrängt es allmählich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch. In der Neuzeit wird minne nur noch archaisierend oder aber als Terminus technicus in der Wissenschaftssprache verwendet.

Begriffsgeschichte: Die Semantik ist von historischen Formen der gesellschaftlichen Interaktion und der religiösen Weltdeutung geprägt, die in dem neuhochdeutschen Terminus Liebe nicht (mehr) präsent, aber für das Verständnis des Minnesanges wichtig ist. So bezeichnet minne nicht allein die emotionale Beziehung zwischen Liebenden oder die affektive Bindung zwischen Familienangehörigen, sondern nicht zuletzt auch das Verhältnis zwischen Herr und Mann im Feudalsystem und zwischen politischen Bündnispartnern. In diesem Rechtskontext hat minne die Bedeutung von „gütlicher Einigung“, „Frieden“. Auch um das spirituelle Liebesverhältnis zwischen Gott und Gläubigen zu bezeichnen, wird der Terminus minne gebraucht. Durch diese Konnotation unterscheidet sich der Begriff des „Minnesangs“ von dem unspezifischen der „Liebesdichtung“, der ihn historisch ablöst und neue Inhalte entwickelt.

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