Warum weigerte sich der König, die Augustbeschlüsse anzuerkennen?

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Der König wollte nicht gerne Beschlüsse unterzeichnen, die einen gesellschaftlichen Umsturz bedeuteten, weil Strukturen einer Ständegesellschaft abgeschafft wurden. Auch er selbst als höchster Adliger hätte auf Privilegien verzichten müssen. König Ludwig XVI. war ein Denken in einer Ständegesellschaft gewohnt, an deren Spitze der König selbst stand. Er fühlte sich dem Klerus (Erster Stand) und dem Adel (zweiter Stand) sehr verbunden, denen nach den Augustbeschlüssen bisherige Privilegien (Vorrechte, nämlich Sonderrechte/Ausnahmerechte von Einzelpersonen oder bestimmten Gruppen der Gesellschaft) genommen werden sollte (wobei Abgeordnete aus dem Klerus und dem Adel auch selbst erklärt hatten, zu einem Verzicht bereit zu sein).

König Ludwig XVI. schrieb in einem Brief an den Erzbischof von Arles am 26. August 1789, mit dem großartigen und edelmütigem Vorgehen der ersten beiden Stände zufrieden sein, die ein großes Opfer für eine allgemeine Versöhnung gebracht hätten. Bei aller Bewunderung für dieses Opfer werde er aber niemals einer Beraubung seines Klerus und seines Adels zustimmen. Ihre Rechte seien alter Besitz und Belohnung für Verdienste. Es sei Pflicht des Königs, diese Privilegien zu verteidigen.

Öffentlich wurden Einwände des Königs in Einzelfragen. Diese betrafen internationale Zahlungsverpflichtungen (Abgaben an Ausländer mit Lehensbesitz in Frankreich und Zahlungen des Klerus an die römisch-katholische Kirche in Rom) und Möglichkeiten für Reiche, die neuen Bestimmungen auszunutzen.

Die Augustbeschlüsse

In der Nacht vom 4.auf den 5. April fand eine stürmisch und gefühlsbetont verlaufende Nachtsitzung der verfassunggebenden Nationalversammlung (Assemblée nationale constituante) statt, bei der ein Verzicht auf die Privilegien der beiden oberen Stände, Klerus (clergé) und Adel (noblesse), befürwortet wurde.

Die Diskussion wurde in den folgenden Tagen fortgesetzt und am 11. August 1789 von der Nationalversammlung die Abschaffung der Feudalität (féodalité) in schriftlichen Bestimmungen beschlossen (Artikel 1. „Die Nationalversammlung vernichtet das Feudalwesen völlig.“ [„L'Assemblée nationale détruit entièrement le régime féodal.“]).

https://www.zum.de/psm/frz_rev/frz_abfe.php

Sonderrechte in Bezug auf Jagd, Gehege, Taubenschläge und grundherrliche Rechtsprechung wurden abgeschafft. Die Käuflichkeit der Gerichts- und Magistratsämter wurde ab sofort aufgehoben. Alle Bürger sollten ohne Unterschied ihrer Geburt freien Zugang zu allen kirchlichen, zivilen und militärischen Ämtern und Würden haben. An die römische Kurie sollte kein Geld mehr abgeführt werden.

Die Nationalversammlung ordnete an, zum Gedächtnis dieser dem Wohl Frankreichs dienenden Beschlüsse eine Medaille zu prägen und in allen Kirchen zu Dank ein Tedeum zu singen. König Ludwig (Louis) XVI., der mit alledem nichts zu tun hatte (er verweigerte zunächst sogar seine Zustimmung), aber wohlgesinnt werden sollte, wurde feierlich zum Wiederhersteller der französischen Freiheit erklärt.

In den Ausführungsbestimmungen der nächsten Tage wurden einige Einschränkungen gegenüber einem weitgehenden ersatz- und entschädigungslosem Streichen vorgenommen.

Ludwig XVI. hat am 5. Oktober 1789 die Augustbeschlüsse (4./5. August 1789, Ausführungsbestimmungen 11. August 1789), die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen; von der verfassungsgebenden Nationalversammlung [Assemblée nationale constituante] am 26. August 1789 beschlossen) und die Verfassungsartikel anerkannt. Unter dem Druck einer Menschenmenge (vor allem Frauen) und Nationalgardisten, die nach Versailles zogen, hat er sein Veto dagegen fallengelassen und die genannten Beschlüsse der Nationalversammlung mit Unterschrift in Kraft gesetzt.

Am 6. Oktober 1789 erklärte sich Ludwig XVI. dazu bereit, von Versailles nach Paris überzusiedeln.