Warum war Nietzsche der Übermensch so wichtig?

4 Antworten

Nun, Nietzsche ging davon aus, dass die christliche Ethik eine "Sklavenmoral" darstelle, welche den Menschen mit seinem radikalen Potenzial einschränken würde.

Solche Vorstellungen hatten nicht wirklich etwas mit rassistischen Vorstellungen zu tun, sondern bezog sich auf die Befreiung des Individuums und seiner Möglichkeiten.

Dass diese Ansichten von jemandem formuliert wurden, welcher nach heutigem Stand wohl als "Incel" bezeichnet werden kann und der Zeit seines Lebens von der Fürsorge seiner Mitmenschen abhängig war, ist... bemerkenswert.

LG


tdhtdgdfhggjhgh 
Beitragsersteller
 18.04.2023, 00:06

Also Nietzsche war die persönliche Verwirklichung weniger Individuen wichtiger als das Wohl der Mehrheit?

tdhtdgdfhggjhgh 
Beitragsersteller
 18.04.2023, 00:16
@Rocker73

Spannend. Glaubst du, an seiner Behauptung mit der Herrenmoral würde die Gesellschaft als Ganzes stärker werden, ist was dran? Also wenn man die Schwachen einfach verrecken lässt bilden sich automatisch nurnoch starke Menschen mit starken Werten?

Und wenn das so ist, wann endet der Kreislauf des vernachlässigen schwächerer Gesellschaftsmitglieder? Denn wenn die Gesellschaft als gesamtes stärker wird, wird ja die Diskrepanz zwischen schwach und stark nicht kleiner. Dann wäre es ja eine ewige Spirale des Leidens

Warum war Nietzsche der Übermensch so wichtig?

Der Übermensch ist bei Nietzsche deshalb so wichtig, weil er die Grundlage seiner Metaphysik darstellt. Diese Metaphysik dient dann praktisch axiomatisch als Grundgerüst für alle weiterführende Argumente.

Im Übrigen hat Nietzsche des Konzept vom Übermenschen in seinen späten Werken selbst wieder begraben und durch den Willen zur Macht ersetzt. Diese Begrifflichkeit fängt auch Nietzsches Idee besser ein: Es geht nicht um Egoismus und Rücksichtslosigkeit, sondern darum, von einem dogmatisch und durch Verbote geprägten Lebensentwurf ("ich darf nicht x machen, also mache ich y") zu einem bejahenden Entwurf überzugehen ("ich mache y, weil ich y machen will, und nicht, weil man mir x verboten hat").

Nietzsches Übermensch kann also durchaus solidarisch und mitleidend sein, er ist es aber nicht, weil ihm Verbote dazu zwingen, sondern weil er sich aktiv dazu entschlossen hat.

Beim Begriff "Willen zur Macht" könnte man gleichermaßen von einem Willen, selbst die Verantwortung für sein Leben zu übernehmen, sprechen. Weg vom Dogmatismus, hin zum Individualismus. Wenn man so möchte, kann man Nietzsche auch unterstellen, Vorreiter der Aufklärung gewesen zu sein.

Was man bei Nietzsche aber auch berücksichtigen muss, ist, dass er quasi die Hälfte seiner Werke in einem fragwürdigen Geisteszustand verfasst hat.


tdhtdgdfhggjhgh 
Beitragsersteller
 18.04.2023, 00:59
Nietzsches Übermensch kann also durchaus solidarisch und mitleidend sein, er ist es aber nicht, weil ihm Verbote dazu zwingen, sondern weil er sich aktiv dazu entschlossen hat.

und wieso sollte das einer machen? Nietzsche wollte meines Wissens nach die schwachen Menschen ,, aussieben‘‘ damit sich die Gesellschaft auf einem höheren Niveau weiterentwickelt.

JanyoOoO  18.04.2023, 20:47
@tdhtdgdfhggjhgh
Nietzsche wollte meines Wissens nach die schwachen Menschen ,, aussieben‘‘ damit sich die Gesellschaft auf einem höheren Niveau weiterentwickelt.

Das ist eine weit verbreitete Fehlinterpretation. Diese Auslegung Nietzsches stammt ursprünglich von den Nazis. Dort wurde versucht mittels seiner Werke den Holocaust zu rechtfertigen. Das wird den Inhalten von Nietzsches Werken aber keinesfalls gerecht und liegt eher daran, dass die Nietzsche-Schwester Verbindungen zu den Verantwortlichen des Nationalsozialismus hatte.

Dieses Aussieben der Schwachen Menschen entspricht einem Sozialdarvinismus. Dieser ist aber kein Thema bei Nietzsche. Nietzsche interessiert sich nämlich überhaupt nicht für die Gesellschaft, sondern ausschließlich für das Individuum. Die Schwachen auszusieben ist deshalb kein Thema bei Nietzsche, weil ihm ein starkes Individuum ausreicht.

und wieso sollte das einer machen?

Bloß weil das Individuum stark ist, heißt es doch nicht, dass es böse wäre. Ein starker Mensch kann sich auch nach Nietzsches Auslegung von Moral und Metaphysik aktiv dazu entscheiden, anderen zu helfen. Motivationsgründe dafür liefert beispielsweise Schopenhauer.

Rüdiger Safranski:

Nietzsches Bild vom Übermenschen ist ambivalent, und es verbirgt sich darin ein existenzielles Drama. Der Übermensch repräsentiert einen höheren biologischen Typus, er könnte das Produkt einer zielstrebigen Züchtung sein; er ist aber auch ein Ideal für jeden, der Macht über sich selbst gewinnen und seine Tugenden pflegen und entfalten will, der schöpferisch ist und auf der ganzen Klaviatur des menschlichen Denkvermögens, der Phantasie und Einbildungskraft zu spielen weiß. Der Übermensch realisiert das Vollbild des Menschenmöglichen, und darum ist Nietzsches Übermensch auch eine Antwort auf den Tod Gottes.

Zitiert nach Wikipedia.

Ihr solltet, bevor ihr hier eure Fragen postet, erst die allseits bekannten Nachschlagemöglichkeiten nutzen. Ihr könntet dann wesentlich besser und präziser Fragen stellen!

Je nun, "nur die Starken kommen in den Garten".

Diese Jenseitsträumerei, a la Paradies & Co, ist nichts für hier und jetzt.