Warum war Bobby Fischer so gut im Schach?

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Neben Faktoren wie „Naturtalent“ und hartes, zielstrebiges Studium und Training gab es bei Fischer auch Faktoren, die wahrscheinlich den wenigsten Schachspielern vereint zugute kamen. 

Dem Hörensagen nach lernte Fischer bei Schachspielern, die auf der Straße bzw. in Cafes Schach spielten. Dazu sollte man wissen, dass diese Leute teils auf sehr hohem Niveau spielen – Meister und darüber. Zum Einen spielen sie gewöhnlich Schnell- und Blitzschachpartien. Darüber hinaus unterscheidet sich deren Spielweise (zumindest in Amerika – das weiß ich aus eigener Erfahrung) deutlich von dem, was man in anerkannten Lehrbüchern findet. „Exotische“ Eröffnungen, gespickt mit Fallen, ein Denkmuster „outside the box“ sowie ein recht eigentümlicher Umgang mit schwierigen Situationen sind da an der Tagesordnung. Dieser Tage könnte man das vielleicht vage mit der Spielweise von Magnus Carlson in seinen Blitzpartien vergleichen. Damals war es zumindest in Europa nicht üblich. Ein augenblickliches Erfassen unbekannter Situationen und präzises Berechnen von Stellungen sind da unbedingt erforderlich, wenn man gewinnen will. Dieses „Training“ kam Fischer sicher sehr zugute. Wie der russische Großmeister A. Suetin in seinem Buch „Schachstrategie der Weltmeister“ schrieb, war Zeitnot für Fischer etwas Unbekanntes, während seine Gegner regelmäßig gegen die Schachuhr zu kämpfen hatten. Die Präzision von Fischers Berechnungen ist legendär.

Darüber hinaus erhielt Fischer ab dem Alter von 8 Jahren (Schach lernte er mit 6 Jahren) aber auch formales Training. Sein erster Trainer war Vorsitzende des Brooklyn Chess Club. 

Zu guter Letzt lernte Fischer sogar Russisch, um russische Schachzeitschriften studieren zu können. Russland bzw. die Sowjetunion war im letzten Jahrhundert die Schach-Hochburg schlechthin. Die Schachweltmeister wurden im letzten Jahrhundert fast durchweg von der UdSSR/Russland gestellt. Nachdem Fischer in einer seiner Partien die Schachwelt mit einer brillanten Kombination beeindruckte, räumte er ein, dass er diese zuvor in einer russischen Schachzeitschrift gesehen hätte. 

Die Kombination von Praxis in High-Class-Blitzpartien in Cafes oder auf den Straßen von New York, formalem Schachtraining und aktuellster Schach-Theorie direkt vom russischen Original, dem Besten, was es damals gab, war sicher nur den wenigsten vergönnt. Gepaart mit Ehrgeiz und natürlichen Talent erhält man eine Schachlegende wie Bobby Fischer. 


Plastikman205 
Beitragsersteller
 10.10.2020, 20:04

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Aber was meinst du den mit „exotischen Eröffnungen „ er war doch dafür bekannt das er seine Züge mit weiß immer mit „e4“ beginnt oder irre ich mich da?

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DetlefRuchatz  10.10.2020, 21:12
@Plastikman205

Ich gebe mal ein Beispiel aus meiner eigenen Spielpraxis in so einem Schach-Cafe in Los Angeles. Mein Gegner war ein Einwanderer aus Ungarn, deutlich besser im Schach als ich. Seine ersten beiden Züge waren derart eigenartig, unkoordiniert anmutend und „anfängerhaft“, als ob er geradezu darum bettelte, dass ich das Schäfermatt bei ihm ausprobieren soll. Natürlich wusste ich, dass er niemals darauf hereinfallen würde, und dass man normalerweise nicht schon im 3. Zug die Dame rausbringt. Ich konnte aber einfach nicht erkennen, was schiefgehen sollte, wenn ich es trotzdem probiere, und dachte: Okay, er wird es mir bestimmt gleich zeigen. Das tat er auch. Ich gab nach seinem 3. Zug auf – keine Chance, die Partie bei diesem Spielniveau noch zu retten. 

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Schach ist ein Denksport. Und da war er eben gut. Hat auch viel mit vorausdenken und Logik zu tun.

Aber es gab oder gibt noch einige mehr die das sehr gut können.