Warum verlieben sich Klienten häufiger in ihre Therapeuten, als umgekehrt?

23 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Liebe Woody34, lies mal "der Panama-Hut" von Irving D. Yalom. Der beschreibt sehr gut, wie man mit Verliebtheitsgefühlen Patienten gegenüber umgehen soll. Liebe Grüße von weristdennda

Auch wenn hier schon reichlich viele gute Antworten gegeben wurden - es wird immer nur vom Zuhören gesprochen. Aber das is doch nur das Äußere der Situation, oder sehe ich das falsch?

Zu einer Therapie gehört doch, das ich als Patient mich öffne und die Dinge mit denen ich alleine nicht zu einer Lösung komme, nach Aussen gebe an den Therapeuten, damit dieser mich anleiten kann.

Zu diesem "Öffnen" gehört doch, daß ich der Person Vertrauen entgegen bringe. Eventuell hätte ich ja sonst mit dem "Problem" (oder wie auch immer man es nennen möchte) an anderer Stelle Hilfe gesucht und vielleicht auch gefunden.

Um Vertrauen aufzubauen und das Öffnen zu erleichtern sind Therapeuten ausgebildet. Eine Herangehensweise ist dabei auch sich selbst zu öffnen. Und diese Vertrautheit und Öffnung einer Person gegenüber ist doch eigentlich in vielen Fällen die Basis für Zuneigung und auch Liebe.

Vor allem wenn jemand als Patient soetwas nicht hat und anstrebt ist es sicher sehr verführerisch sich dem hinzugeben.

Und sicher auch nicht weniger verführerisch für den Therapeuten - nur das dieser aus einer anderen Grundsituation kommt und zudem dafür ausgebildet ist, da gedanklich und auch gefühlsmäßig zu trennen. Was aber sicher auch nicht immer funktioniert, aber dennoch das Verhältniss der Fälle wo sich ein Patient verliebt, gegenüber den Fällen wo sich ein Therapeut verliebt, erklärt.

Klingt für mich logisch - aber da mag ich dennoch falsch liegen. ;-)

Ich habe mich auch in meinem Therapeuten verliebt. Seit fast 7 Jahren, er weiß es auch, wir haben darüber geredet und diese Verliebtheit hat mir nicht geschadet, im Gegenteil, sie hat mir auch geholfen, mich von meinen Ängsten zu befreien. Aber ich muß sagen, das es für mich eine bedingungslose Liebe war. Sie war einfach da und sie war schön. An ihn zu denken, mit ihm zu reden. Das war wie ein Zauber, der mich eingehüllt hat. Ich möchte diese Erfahrung, die für mich sehr Reich war, nicht missen. Das war ein Geschenk. Ich wünsche meinem Arzt alles Liebe und Gute, er hat meine Seele auf wundervolle Weise so sehr und so tief berührt. Auch Heute noch werde ich von diesem Gefühl berührt und das ist das Schönste für mich. Hurra, ich Lebe.

Das ist ganz einfach. Der Therapeut hört dem Patienten zu und desswegen kann der Partient Gefühle für ihn entwickeln, da er sich bei ihm auslassen und ihm alles anvertrauen kann. :)

Neben den schon geschilderten Umständen wie Zuwendung und Vertrautheitheit, entsteht beim Patienten im therapeutischen Prozess manchmal die Übertragungsliebe:

die Wiederholung einer Gefühlsbeziehung aus der Vergangenheit im Verhältnis zu anderen, neuen Menschen. Dieser Vorgang wurde zuerst deutlich in den seelenärztlichen Behandlungen der Psychoanalyse. Es stellte sich heraus, daß sich der Patient an die Konflikte, die ihn krank gemacht haben, nicht bloß erinnert, sondern sie in seinem Verhältnis zum Arzt auch wiederbelebt. Er schätzt den Arzt so ein, wie er einst den Vater, die Mutter, oder eine andere wichtige Person aus der Kindheit eingeschätzt hat. Dann verhält er sich auch entsprechend. Die Liebe oder der Haß, der Gehorsam oder die Rebellion, die er dem Therapeuten entgegenbringt, gelten nicht dem Arzt als Person. Der Therapeut wird vielmehr wie eine »leere Leinwand« behandelt, auf die der Patient die Bilder seiner Kindheit wirft (Projektion).

Auszug: http://www.psychology48.com/deu/d/uebertragung/uebertragung.htm

Der Therapeut ist seinerseits geschult, damit und mit eigenen Gefühlen in der Therapie umzugehen. Gegenübertragung kommt auch vor, hilfreich ist die Supervision. Sollte die Situation kontraproduktiv zu Therapiezielen sein und nicht aufgelöst werden können, muss die Therapie abgebrochen bzw. an einen anderen Therapeuten überwiesen werden.


sventheman  20.11.2011, 11:26

Da du schreibst, dass du dich schon länger damit beschäftigst, kann ich dir auch einen längeren Text zumuten: "Positive und negative Therapieeffekte durch Verliebtheit" (Seminararbeit Psychologie) http://www.psychologie-psychotherapie.ch/chameleon/site/Seminararbeit_Jonas.pdf

woody34 
Beitragsersteller
 20.11.2011, 12:08
@sventheman

Danke für Deine Antwort. Die >SEMINARARBEIT PSYCHOLOGIE< habe ich beim recherchieren schon gelesen. Mit der Übertragungsliebe werde ich mich noch intensiver beschäftigen.