Warum stimmt der Klavierstimmer bestimmte Töne mit einer Abweichung?
Jährlich kommt der Klavierstimmer bei uns vorbei, um das Klavier zu stimmen. Um ab und zu selbst einzelne, extrem verstimmte Saiten wieder einiger Maßen zu stimmen, nutze ich zur Sicherheit noch ein Stimmgerät. Dieses zeigt mir bei vielen Saiten eine Abweichung von mehreren Cents an (bei 440hz Grundstimmung). Auch bei dem frisch gestimmten Klavier ist mir aufgefallen, dass alle unteren Töne bis zu - 18 Cent von eigentlichen Wert abweichen. Aber warum ist das so? Sollten theoretisch nicht alle 88 Töne bei ca. 0 bis +-5 Cent Abweichung vom "normalen" Wert liegen?
1 Antwort
Das ist die sogenannte Inharmonizität! Klaviersaiten sind vergleichsweise steif - da sie verglichen mit ihrer Länge relativ dick sind. Diese Steifigkeit bewirkt, dass sich die Teiltöne von ihrer Frequenz nicht genau so verhalten, wie sie es physikalisch sollten, also z. B. A: 110, 220, 330, 440 Hz usw., sondern z.B. 110, 221, 332, 444 Hz usw. Hier erkennt man, dass die einzelnen Obertöne nach oben hin verschoben sind. Das berücksichtigt man beim Stimmen, bzw. muss man berücksichtigen, damit es gut klingt.
Noch ein Beispiel a1: Grundton 440 Hz, 1. Oberton nicht 880 sondern z.B. 882 Hz, dann stimmt man a2 eben nicht Grundton 880 sondern 882 Hz.
Die Inharmonizität nimmt vor allem im höheren Diskant stark zu. Die höchsten Töne können dabei bis zu einem Viertelton zu hoch werden. Relevant ist das vor allem beim Zusammenstimmen zweier unterschiedlicher Klaviere: Kann man nie ganz exakt zusammenstimmen bzw. muss man da immer mehr oder weniger gute Kompromisse eingehen.