Warum muss man einen Füller einschreiben und was macht das aus?

3 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Das man einen Füller „einschreiben“ muss ist veraltetes Wissen aus einer Zeit, wo die Spitze der Feder noch keinen Hartmetall-Abschluss hatte.

Da hat sich durch das Schreiben die Feder mit der Zeit passend zur eigenen Handhaltung abgenutzt und geglättet.

Heute, wo jeder normale Füllfederhalter eine Iridium-Spitze an der Schreibfeder hat ist das nicht mehr von Bedeutung. Die ist so hart, dass Du die in Deinem ganzen Leben nicht abnutzen wirst, wenn Du normal auf Papier schreibst.

Hier ein Beispielbild, wo Du sehen kannst, dass da ein anderes Metall an der Federspitze ist:

https://shop.lamy.com/de_de/federspitze-lamy-z-53.html#

Woher ich das weiß:Hobby – Ich mag gute Schreibgeräte und habe einige Erfahrungen damit

Einhorn264 
Beitragsersteller
 18.06.2021, 21:15

Also spielt das Einschreiben jetzt keine Rolle mehr?

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Von Experte Waldmensch70 bestätigt

Hallo

Ich restauriere schon seit über 10 Jahren historische Füllfederhalter und habe schon einige Hundert in den Händen gehabt. Von sehr wertvollen bis zum normalem Schulfüller aus damaliger Zeit. Ich schreibe sehr gern mit Füllfederhalter bis hin zur Kalligraphie. Klar, kenne ich das Thema des "Einschreiben" und diesen Spruch, dass man einen FFH nicht verleihen soll. Anfangen kann ich damit aber bis heute nichts und halte das persönlich für völlig überbewertet. Sehen wir uns doch einmal eine Schreibfeder an. Nach den Bleistiften und Gänsekielfedern des Mittelalter kamen die ersten Federhalter so ca. 1750 und 100 jahre später als industrielles Massenprodukt auf den Markt. Diese Federhalter bestanden Anfangs aus einem Holzstab der konisch zugeschnitten war und mit Hilfe eines "Globuseinsatz" die unzähligen verschiedenen Schreibfedern aufnehmen konnte, die mit einem Handgriff schnell gewechselt werden konnten. Die Tinte wurde durch das Eintauchen in ein Tintenfass oder Tintenglas betriebn. Die Federn bestanden hauptsächlich aus einfachen Stahl, es gab aber auch welche aus Messing. Die Stahlfedern waren im Dutzend ein Pfennigprodukt und waren erst gar nicht auf Haltbarkeit ausgelegt, weil sie auch ganz schlicht superschnell anrosteten. Deswegen wurden sie, bis zum Endverbraucher kamen mit einem "Schutzfilm" aus Ölen, Harzen oder Wachs behandelt. Noch heute wird die bei den Kalligrafen noch immer beliebten superflexibelen und feinen Einzelfedern vor dem ersten Gebrauch "abgeflemmt" um diesen Schutzfilm zu entfernen und einen möglichst feinen Tintenfluss zu erlangen. Durch das "Einschreiben" auf dem Papier wurden dann die zum Teil extrem scharfen Kannten der Federn gebrochen. Erst danach hielt sich das Kratzen der Federn im erträglichen Rahmen besonders bei der Aufwärtsbewegung (upstroke). Diese Federn hatten noch keine Schreibkörner und waren wie schon gesagt zu vernachlässigende Wegwerfartikel. Erst mit der Einführung der ersten Füllfederhalter etwa Ende des 1900 Jahrhundert wurden die Schreibfedern ein fester Bestandteil eines Schreibgerätes der dauerhaft bleiben sollte. Das lohnte sich aber nur dann, wenn die Schreibfeder auch vor Verschleiß geschützt wurde. Es wurde dann also an den Federspitzen sogenannte "Schreibkörner" angeschweißt, die aus einem besonders harten Metall bestehen mussten, das eine Abnutzung praktisch ausschloss. Diese besondere und seltene Hartmetall nennt man Iridium (aus der Cobaltgruppe). In Verbindung mit Osmium werden die Schreibkörner aus eben diesen beiden Edelmetallen hergestellt. Viele Schreibfedern aus den 20er 30er und auch noch 40er Jahren wurden deswegen auch mit der Aufschrift "Iridium Point" voller Stolz graviert. Eine nagelneu gefertigte Feder war sehr scharfkantig besonders am Schnitt der die Federspitze in zwei Federschenkel teilte. Die Federn wurden dann von speziellen geschulten Mitarbeiter von Hand über einen speziellen Stein abgezogen um die Kannten zu runden. Heute wird das Maschinell gemacht, es sein den wir sprechen von Schreibgeräten um und jenseits der 1000€ Marke. Bei manchen Edelmarken werden die einzelnen Schreibgeräte tatsächlich noch von einem Mitarbeiter vor der Auslieferung "Eingeschrieben" um einen sauberen Lauf zu gewährleisten. Anfang des 20ten Jahrhundert wurden dann auch Goldfedern eingesetzt, zumindest bei den etwas höherwertigen Füllfederhaltern. Ende der 60er Jahre, war es dann nur noch den hochwertigen Füllern vorbehalten, während die vielen Pelikanos oder Gehas mit einer verchromten- oder vernickelten rostfreien Stahlfeder in fast jedem federmäppchen aller Schüler zu finden war. Aber fast alle hatten eins gemein, sie hatten diese Spitzen aus dem extrem harten Metall, dass eigentlcih nicht abzunutzen ist.

Eigentlich. Ich habe aber schon alte Federn gesehen, dessen Schreibkörner im Laufe der Jahrzehnte geschrumpft sind. Ganz selten auch einseitig, obwohl es eigentlich keine Obligue-Federn waren. Und nun komme ich zum Punkt:

Ich habe unter den tausend verschiedenen Füllfederhalter noch keinen (zumindest nicht bewusst) gehabt, den ich aufgrund der Geschichte eines Vorbesitzer nicht schreiben konnte. Wenn es etwas gab, was mir das Schreiben unangenehm gemacht hat, dann war das die Legierung des Metall der Feder, also viel zu steif, die Federstärke, also viel zu breit oder die Form der Federspitze, links geschrägt oder rechts (Obligue). Der häufigste Grund für ein unangenehmes Schreibgefühl war aber die Symmetrie der Federschenkel. Durch besondere Beanspruchung durch einen Fallschaden, zu hohen Schreibdruck oder das zu tief versenken des Füller in dessen Kappe kann im 1/100 Breich die Federschenkel versetzen. Auch wenn man das mit dem Blossem Auge nicht sehen kann. Die Feder kratzt in bestimmten Richtungen und lässt sich nicht gut führen.

Ein "Einschreiben" einer Feder, so dass die Hartmetallspitzen sich in irgendeiner Richtung des vom Schreiber bevorzugten Winkel anpassen, würde viele Kilometer Schreiben auf einem rauhen Papier vorausetzen.

Einen Füller nie verleihen, weil man einen Schaden an dem selbst "Eingeschriebenen" Füller befürchten muss, ist ein hartnäckiges Märchen.

Es sei denn, der Füller wird fallen gelassen, mit Extremdruck geführt oder einfach so im Allgemeinen schlecht behandelt. Es gibt bestimmt Gründe einen Füller nicht zu verleihen, aber wenn der Kollege nicht gerade auf Sandpapier oder der A7 schreibt, dann passiert der Feder eben gar nix.

Ein Füller hat eine weiche Metallfeder, die sich auf Dauer der Schreibhaltung des Schreibers anpasst. Deshalb soll man auch keinen Füller verleihen. Bei einem anderen Schreiber kratzt der dann.


Einhorn264 
Beitragsersteller
 18.06.2021, 14:09

Aber ist das schlimm wen wer anders damit schreibt?

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Einhorn264 
Beitragsersteller
 18.06.2021, 14:10
@Nadelwald75

Der schreibt dann nicht richtig oder? Also nur teilweise

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Nadelwald75  18.06.2021, 14:11
@Einhorn264

Wenn er neu ist, macht das keinen Unterschied. Wenn er lange Zeit eingeschrieben ist, kann er bei einem anderen Schreiber kratzen, muss aber nicht.

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