Warum kann z.B. Kohlestoff nur 4 Bindungen eingehen?

4 Antworten

Kurze Antwort:

Dazu muss man die Oktett-Regel anwenden:

Ein Atom ist mit 8 Valenzelektronen(VE) stabil (Ausnahme: Wasserstoff, Lithium und Helium geben sich mit 2 VE zufrieden).

Die Regel zeigt auch, warum Edelgase nicht reaktiv sind (Sie stehen in der 8. Hauptgruppe und haben daher 8 VE)

Eine genaue(korrekte) Erklärung warum die Oktett-Regel gilt gibt es erst im Studium (Stichwort: Orbitaltheorie und Quantenmechanik)

Lange Antwort:

Anwendung am Kohlenstoff

Kohlenstoff steht in der 4. Hauptgruppe des PSE, daher hat es 4 VE. Um einen möglichst stabilen zustand zu erreichen (8VE), teilt es sich Elektronen mit anderen Atomen. Dies geschieht meist über covalente Bindungen (Elektronenpaarbindungen). Ein sogenannter sp³ kohlenstoff ist mit 4 verschiedenen Atomen verbunden.

Locker gesagt: Kohlenstoff schmeißt seine einzelnen VE in 4 verschiedene Bindungen. Die Atome mit denen sich der Kohlenstoff verbindet machen das gleiche. So hat der Kohlenstoff formal:

4*(1e(vom Kohlenstoff)+1e(vom benachbartem Atom) = 8e

Damit erfüllt der Kohlenstoff über einen Kniff die Oktett-Regel -> ist stabil.

Ein anderes Beispiel sind Doppelbindungen (sp²-Kohlenstoff), insbesondere mit Sauerstoff:

Sauerstoff steht in der 6. Hauptgruppe, hat also 6 VE, und geht daher 2 Bindungen ein um auf formale 8 VE zu kommen. Wasserstoff (als Ausnahme s.o.) steht in der 1. Hauptgruppe und ist mit 2VE oder 0VE(Proton oder H+) stabil. Wenn das Kohlenstoffatom sich mit diesen Elementen verbindet entsteht Formaldehyd (CH2O),

die VE des Kohlenstoffs:

2(C-H Bindungen) * (1e(Kohlenstoff)+1e(Wasserstoff)) + 1(C=O Doppelbindung) * (2e(Kohlenstoff)+2e(Sauerstoff) = 4e + 4e = 8e

Doppelbindungen bedeuten, dass je Atom 2e geteilt werden.

VE Sauerstoff:

2*2e(zwei freie elektronenpaare)+1(C=O Doppelb.)*(2e(Sauerstoff)+2e(Kohlenst.)) = 4e + 4e = 8e

Wasserstoff hat eine Bindung, also gilt für die Anzahl der VE:

1(C-H)*(1e(Wasserstoff)+1e(Kohlenstoff) = 2e

Alle Elemente erfüllen die Oktettregel und bilden Formaldehyd.

Side Note:

Metalle stehen in den frühen Hauptgruppen (1. und 2.) und bilden positive Ionen. Die Abgabe von 1e (1. Hauptgruppe) oder 2e (2.HG) führt zur erfüllung der Oktettregel, und ist bevorzugt gegenüber der Aufnahme von 7e (1.HG) oder 6e (2.HG). Eine nicht ganz fachlich korrekte Eselsbrücke wäre die elektrostatische Abstoßung zwischen den 6 oder gar 7 negativ geladenen Elektronen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Hi,

als erstes musst du die Definition einer Elektronenpaarbindung heranziehen, daß Bindungselektronen beiden Partnern gleichzeitig gehören.

Als zweites kommt die Oktettregel, daß Kohlenstoff gerne 8 Außenelektronen haben möchte.

Daraus folgt: Weil Kohlenstoff bereits 4 Valenzelektronen hat, kann es noch 4 Bindungen eingehen. Deine Überlegung, ein weiteres Elektron dazuzugeben würde im Gegenteil also dazu führen, daß nur noch 3 Bindungen möglich sind. Die Summe muß immer 8 sein (Oktettregel).

Tatsächlich gibt es exotische Spezialfälle, in denen Kohlenstoff 5 oder sogar 6 Partner hat. Allerdings sind es nicht reine Elektronenpaarbindungen, sondern Komplexe. Ein 5-bindiges C mit Goldkoordinationspartnern gab es schon in den 80ern. Falls es dich interessiert:

https://www.spektrum.de/magazin/ein-kohlenstoffatom-mit-sechs-bindungen/1502603

m.f.G.

anwesende

Wenn du dich mehr mit der Molekülorbitaltheorie beschäftigst, dann kannst du es vllt. verstehen.

Denn beim Kohlenstoff liegen in Bindungssystemen 4 energetisch identische sp3-Hybrid-Orbitale vor, sodass ein 5tes Elektron einfach "keinen Platz" hat.

Aus 2s (2e-) und 2x 2p (je 1e-) werden 4x sp3 (je 1 e).


ThomasJNewton  15.02.2019, 18:34

Wenn du die Elektronen addierst und auf Vier kommst, geht das völlig am Problem vorbei. Die Orbitale zählen.

Aus einem s-Orbital und drei p-Orbitalen (px, py und pz) werden vier sp³-Hybridorbitale.

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Hallo PhysikProfi,

die Bindungsfähigkeit eines Atoms liegt nicht in der Anzahl seiner Elektronen, sondern darin, wie sie angeordnet sind.

Man muss sich klar machen, dass Elektronen keine kleinen Kügelchen sind, die auf Bahnen um den Atomkern laufen, sondern einen Wellencharakter haben und im Atom gleichsam stehende Wellen bilden, und das sind die Orbitale. In jedes Elektron ,,passen" 2 Elektronen, deren sogenannter Spin entgegengesetzte Richtung hat.

Jedes Orbital wird durch drei sogenannte Quantenzahlen beschrieben, die Hauptquantenzahl n und die Nebenquantenzahl l; n hat etwas mit der Energie zu tun, l mit dem Bahndrehimpuls L›, und l kann maximal n–1 sein.

Die dritte ist die sog. magnetische Quantenzahl m_l, die beschreibt, wie groß die Komponente L_z von L› in eine bestimmte Richtung (die dann z-Richtung genannt wird) ist. Dabei ist

–l ≤ m_l ≤ l.

Für n=1 gibt es also nur 1 Orbital mit l=0, es wird auch s-Orbital genannt und ist kugelsymmetrisch. Für n=2 gibt es eines mit l=0 und 3 mit l=1 (denn: m_l∈{-1, 0, +1}), die sog. p-Orbitale (aus Symmetriegründen sind diese Orbitale hybridisiert, d.h., sie sind quasi vermischt zu 4 sp-Orbitalen, die mehr oder minder keulenförmig ausschauen und deren Enden die Ecken eines Tetraeders bilden).

So haben in Zuständen mit n∈{0, 1} maximal 10 Elektronen Platz. Dies wird bei Neon ausgeschöpft, das 10 Protonen im Kern und damit auch 10 Elektronen in der Atomhülle hat. Es ist ein Edelgas. Und damit hat sich Deine Vermutung...

Man könnte ihm ja ein Elektron geben, dann könnte es theoretisch 5 eingehen,...

...als falsch erwiesen. Im Gegenteil, nur 3. Stickstoff etwa hat insgesamt 7 Elektronen. Zwei sind im 1s-Orbital, die übrigen 5 verteilen sich auf die 4 2sp-Orbitale, und dabei bleiben nur 3 ,,halbvolle" 2sp-Orbitale für Elektronenpaarbindungen übrig. Sauerstoff hat 8 Elektronen, nur 2 2sp-Orbitale sind halbvoll. Bei Flour (9 Elektronen) gibt es nur noch ein ungepaartes Elektron)

Kohlenstoff hat 6 Protonen in Kern und 6 Elektronen in der Hülle. Sie können die vier 2sp-Orbitale bilden, und diese sind halbvoll. So stehen dem Kohlenstoffatom 4 Bindungsarme zur Verfügung, was es zur Grundlage einer ganz eigenen Chemie macht, der organischen Chemie.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Muhtant  15.02.2019, 09:42

Es stehen 4 sp3-Orbitale zur Verfügung!

Eine sp-Hybridisierung gibt es nur in Dreifachbindungen des Kohlenstoffs.

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SlowPhil  15.02.2019, 10:44
@Muhtant

Du hast natürlich Recht. Ein s-Orbital vermischt sich quasi mit den 3 p-Orbitalen.

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