Warum kann eine Kernfusion auch endotherm sein?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Wenn Du zwei Kerne miteinander verschmelzt, dann kann dieser Prozeß Energie kosten oder Energie liefern. Die beiden Fälle kannst Du unterscheiden, indem Du Dir die Massen der beteiligten Kerne ansiehst:

  • Wir verschmelzen zwei ¹²C-Kerne zu einem ²⁴Mg-Kern. Die Massen betragen 12 für den Kohlenstoff und 23.98504 für das Magnesium. Der entstandene Kern ist also leich­­ter als die Summe der Ausgangskerne, die Massendifferenz beträgt −0.015 amu bzw. −1.3 TJ/mol. Diese Reaktion (die übrigens real im Inneren man­cher Ster­ne ab­läuft) liefert also Energie
  • Nun probieren wir es mit zwei Calcium-Kernen ⁴⁰Ca (39.9626 amu), als Resultat kann nur ⁸⁰Zr entstehen (79.9404 amu). Die Massendifferenz ist ungefähr gleich groß wie beim anderen Beispiel, aber mit umgekehrtem Vorzeichen. Also ist diese Kern­reak­tion endo­therm und verbraucht 1.4 TJ/mol.

(1 amu entspricht einer Energie von 89.87 TJ/mol bzw. 8.987⋅10¹⁰ kJ/mol — erinne­re Dich, daß die Energieumsätze bei chemischen Reaktionen typischerweise Dutzen­de bis wenige hundert kJ/mol betragen).

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik

Weil die BindungsEnergie pro Nukleon (Protonen und Neutronen) nicht konstant ist, sondern im Bereich der Masse von Eisen ein Maximum besitzt.

Je mehr Protonen im Kern sind, desto größer sind auch die abstoßenden Kräfte. Während bei kleinen Kernen die Kernkraft überwiegt und jedes Nukleon unter EnergieAbgabe aufgenommen wird, ist es bei sehr schweren Kernen sogar günstiger, wenn sie sich spalten, weil dann die abstoßenden Kräfte nicht mehr so groß sind.

Deshalb sind bei kleinen Kernen die Fusion exotherm, während bei schweren Kernen die Spaltung exotherm ist. Und wenn die Spaltung exotherm ist, muss die Fusion in dem Bereich endotherm sein.

Die sind ja exotherm, da Wärme abgegeben wird.

Das sind sie eben nicht in jedem Fall. Man muß sie voneinander unterscheiden: Es gibt exotherme und endotherme Fusionsreaktionen.

(Daß es beide gibt, ist einfach eine naturgegebene Tatsache, über deren Warum man natürlich nachdenken darf, wobei ich aber die Vorüberlegung empfehle, ob denn die Alternative – daß es nur eine davon gäbe – für den Verstand befriedigender wäre.)

Nun ein Beispiel, (und es liegt nicht, wie die bekannte Faustegel behaupet, jenseits des Eisens):

Schon die erste beobachtete Kernreaktion war eine (endotherme) Fusionsreaktion. [...]
14N + 4He → 17O + 1H - 1,2 MeV

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernfusion (Abschnitt: Erforschung der Kernfusion)

Noch so ein Beispiel

4He + 4He → 8Be + γ - 0,09178 MeV

https://de.wikipedia.org/wiki/Drei-Alpha-Prozess

Zwei weitere endotherme Fusionsreaktionen mit leichten Elementen werden hier genannt:

https://de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffbrennen

Auch die Reaktion zur künstlichen Erzeugung von Tritium aus Lithium, mit der man Fusionsreaktoren sich selbst versorgen lassen zu können hofft, ist endotherm:

7Li + n → 4He + 3T + n - 2,466 MeV

https://en.wikipedia.org/wiki/Tritium#Production

nein, du musst doch erst mal die Kerne zusammenbringen und das hat so seine Tücken. als bekanntes beispiel: Sterne haben ab Eisenfusion die endotherme Variante erreicht und ab dem Zeitpunkt kommt die Fusion zügig zum erliegen.