Warum ist vielen Menschen die Inszenierung des Glaubens wichtiger als der Inhalt?
Gerade bei konservativen Katholiken wird extrem viel Wert auf Gewänder, auf Figuren, auf Fahnen, auf Schmuck, usw. gelegt.
Es gibt ganze Instagram-Accounts mit lauter goldenen Barock-Gewändern. Menschen, die in bestimmte Kirchen gehen, weil dort prunkvolle Gewänder getragen werden. Kardinäle, die dafür bejubelt werden, dass sie den Prunk vergangener Epochen auftragen.
Es geht auch ganz viel ums richtige knien, ums richtige stehen, ums richtige sitzen.
Ich bin katholisch, studiere Theologie, mag auch Barockkirchen, aber das ist doch nicht das Wesentliche.
Ich mein, ich kann mich doch nicht an der 10 Meter-Schleppe eines eitlen Kardinals ergötzen, wenn wir eine massive Missbrauchskrise haben.
Aber ich übertreibe nicht wenn ich sage, manchen Menschen ist es egal, dass ihr Pfarrer antisemitisch ist, solange er ein goldenes Brokat-Gewand trägt.
Und wenn dann die Bilder der Samt- und Seidenumhänge als "the true faith" oder "the true catholic spirit" kommentiert werden, stelle ich zumindest fest, dass wir sehr unterschiedlicher Ansicht sind, was einen guten "catholic spirit" ausmacht.
4 Antworten
Zu allererst muss ich sagen, ich finde es gut, dass du trotz deiner Konfession gleichzeitig einen objektiven aber kritischen Blickwinkel behältst.
Zum Thema selbst:
Es sind (und das nicht unbedingt nur bei Religionen) stark ausgeprägten Regeln; verschärften Rahmenbedingungen und Fokus auf Außendarstellung und Wirkungen, die zu einer Art "Doppelmoral" führen können.
Was z.B. verboten ist, wird heimlich und dafür im Extrem ausgelebt.
So etwas sieht man aber wie gesagt nicht nur in Religionen. Andere Beispiele wären z.B. Berufsbilder, bei denen eine makellose Außenwirkung verlangt wird; Familienkonstrukte die stark auf Selbige setzen.
Das was "verboten" ist, unterdrückt es nicht zwingend, sondern verstärkt es im Geheimen. Weshalb "Verbote" generell weniger zielführend sind, als den gesunden und maßvollen Umgang mit etwas zu fördern. So wie es z.B. im Buddhismus der Fall ist, der weniger Absolutismus verlangt, sondern als eine Art "Leitlinie" dient, die nicht predigt, sondern eigene Denkprozesse und ein eigenes (freiwilliges) Verständnis und Bedürfnis anregt, ohne es zu fordern.
In der Vergangenheit kam dem noch hinzu, dass "Glaube" etwas so mächtiges war, dass er leider auch zum Instrument Jener wurde, denen der Glaube selbst wenig von Bedeutung war, aber seine Wirkung und Kontrolle, die er brachte. Er war die wirksamste Form von Gesetzgebung und Kontrolle.
Es geht denen darum, was SICHTBAR ist - Rituale und andere Äußerlichkeiten kann man eben SEHEN!
...Inhalte nicht
I.d.R. ist das nichts als Heuchelei!
Da hast du Recht! Über die von dir zitierten "Gewänder, Figuren, Fahnen, Schmuck usw." habe ich mich auch schon gewundert. Zu dem, was die Propheten, Jesus und die Apostel gelehrt und gelebt haben, scheint das nicht zu passen...
wenn dich das stört, dann bist du in der katholischen Kirche vielleicht grundsätzlich falsch
die katholische Kirche ist doch bekannt für ihre altertümlichen Rituale, den schönen Schein und ihre Rückwärtsgewandtheit
sehe ich auch so
aber es gibt halt verblendete Menschen, für die das Brimborium wesentlicher Teil ihres Glaubens ist
für mich ist das nichts
Ich habe nichts gegen Rituale. Aber wenn manche Menschen EXTRA zu einem bestimmten Kardinal fahren, WEIL der Barock-Maskenball veranstaltet, läuft was schief.