Warum haben manche Stromschläge größere Folgen als andere?

4 Antworten

Unfälle an elektrischen Anlagen treten genau so vielfältig und folgenreich auf wie Unfälle im Haushalt, auf Baustellen, im Straßenverkehr oder beim Sport.

Die am Körper anliegende Spannung ist beim Stromunfall die allererste Größe. Die Sinusschwingung dagegen ist da völlig bedeutungslos. Das positive und das negative Maximum tritt bei unserer üblichen Frequenz von 50 Hz (d.h. 50 Perioden pro Sekunde) pro Sekunde 100 mal auf mit einer Spitze für die Dauer von etwa 1/1000 Sekunde. Welchen Einfluss sollten diese Millisekunden-Maxima haben auf den Stromschlag? Die Frequenz dagegen hat schon einen Einfluss.

Der Körperwiderstand erwachsener Menschen liegt bei rund 1000 Ω ohne allzu große Unterschiede. Bedeutsamer sind hier schon die Übergangswiderstände der Haut an den Kontaktstellen (also nasse Schleimhaut oder trockene Hornhaut).

Sehr bedeutsam ist neben der Spannung, der Stromart, dem Stromweg und der Einwirkungszeit der Gesamtwiderstand des Stromkreises, den das Unfallopfer überbrückt. Darin enthalten ist immer der Körperwiderstand, u.U. aber auch wirksame Widerstände der elektrischen Anlage und ggfs. der Erdungswiderstand. Bei hinreichend großen Widerständen ist der Körperstrom des "Opfers" auch bei mehr als 240 V so minimal, dass es gar nichts davon spürt.

Beispiel aus dem Alltag: Wenn man mit der Hand einen ganz einfachen Spannungsprüfer (mit Schraubendreher) in die Steckdose auf den Außenleiter hält, leuchtet die Glimmlampe auf. Der Glimmlampenstrom fließt über einen im Spannungsprüfer eingebauten Widerstand und den menschlichen Körper zur Erde. Von diesem winzigen Körperstrom spürt man normalerweise gar nichts.

Weil jeder Stromschlag ein Unikat ist.

Grundsätzlich ja ... aber:

Für die Schnelle des eintretenden Todes sind drei andere Faktoren entscheidend:

  1. Der Widerstand zwischen Eintritts- und Austrittsstelle. Je größer dieser Widerstand ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, einen Stromschlag zu überleben. Denn die STROMSTÄRKE ist jener Faktor, welche die Art und heftigkeit der Körperschädigung bestimmt. Häh - was jetzt? Schreib ich nicht WIDERSTAND? Kicher ... Das Ohm'sche Gesetz sagt aus, dass der Widerstand aus dem Verhältnis von Spannung zu Strom steht (R=U/I). Wenn man die Formel umformt, dann ist die Höhe des Stromes (I) abhängig vom Verhältnis aus der angelegten Spannung (U) und dem dazwischen liegenden Widerstandes (R) ==> I = U/R. Und hier kann man sehen: Je größer der Widerstand, desto höher der Strom. SIEHE HIER
  2. Dann ist da der Unterschied zweischen GLEICHSTROM (DC) und WECHSELSTROM (AC). Ein hoher Gleichstrom sorgt für eines: Herzstillstand!!! Sprich: Wenn nicht sofort mit einer Herzdruckmassage begonnen wird, um das Herz wieder zum Schlagen zu bringen, dann ist die Sauerstoffunterversorgung der Organe jene, welche den Tod verursacht - und dass in sehr kurzer Zeit. Übrigens: Hier hilft KEIN AED (automatischer externer Defibrillator) zur Lebensrettung - einzig Herzdruckmassage!
  3. Schlussendlich ist natürlich auch Wechselstrom gefährlich. Hier wechselt ja die Polarität des Stromes beispielsweise bei dem Strom aus der Steckdose 50 mal in der Sekunde(!) (50 Hertz). Das Herz eines gesunden Erwachsenen schlägt je nach Fitness zwischen 50 und 100 Mal in der Minute. Sprich: Es wird zwischen 50 und 100 mal in der Minute vom Sinusknoten ein elektrischer Impuls abgegeben. Bleiben wir beim Standard-Wert 60 Schläge pro Minute. Das wäre EIN SCHLAG PRO SEKUNDE! Der Wechselstrom "schlägt" aber 50 MAL PRO SEKUNDE! Das sind (50 x 60) 3000 (!!!) Schläge pro Minute - wenn der menschliche Körper damit in Kontakt kommt. Sprich: Das Herz schlägt von einem Augenblick auf den anderen 300 Mal in der Sekunde! Das dies eine massive Überbelastung des Herzen darstellt, kannst Du Dir sicherlich denken. Man spricht in diesem Fall von "Herzkammerflimmern". Dieses "Flimmern" kann das Herz nur kurze Zeit überstehen, da der Herzmuskel erschlafft. HIER benötigt man dann möglichst schnell den unter 2. beschriebenen AED, denn nur dieser kann das Herz aus diesem verwirrenden Zustand des "Flimmerns" herausholen und es wieder in einen regelmässigen Sinus-Rhytmus in vernünftiger Geschwindigkeit zwingen - wenn man Glück hat und es noch nicht zu spät ist!

Du hast jetzt drei Gründe kennengelernt, warum Menschen Stromschläge überleben oder daran sterben können. Diese gründe sind übrigens auch dafür maßgebend, dass es Menschen gibt, welche einen direkten Blitzeinschlag (oder gar mehrere) überleben - und andere am Weidezaun ihre Leben lassen!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Funkprofi

Ja, genau. Trifft man das Maximum, würde man an 325V fassen statt "nur" an 230V. Da aber eine Periode nur 20ms dauert, die Opfer bei den meisten Unfällen aber länger im Stromkreis hängen (anfassen und loslassen dauert auch seine Zeit), spielt dieser Faktor eher eine geringe Rolle.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Abitur 2020 an einem Gymi (math.-naturwiss. Vertiefung) | SN