Warum habe ich als Kind fälschlicherweise gedacht, ich wisse, wie soziale Regeln funktionieren?


06.11.2023, 04:17

Später bekam ich von meinen Eltern Ärger, weil ich die Nachbarn nicht grüßte. Sie sagten, dass die Nachbarn mich vielleicht für unerzogen halten würden und das dann auf sie (also meine Eltern) zurückfallen würde. Ich stand also zwischen den Stühlen, konnte mich zunächst nicht entscheiden, nach welcher Regel ich mich nun richten solle.

Daraufhin entwickelte ich eine übertriebene Schüchternheit gegenüber den Nachbarn. Ich dachte, das auch sie die vermeintlich falsch beigebrachten Regeln nutzen würden und das verstörte mich. Zwar hatte ich bis dahin begriffen, dass es besser ist, soziale Regeln zu befolgen, auch wenn man selbst nicht von ihnen überzeugt ist, aber aus mittlerweile daraus entstandener sozialer Angst (weil meine Eltern meinten, die Nachbarn würden mein Verhalten wahrscheinlich komisch finden und ich nicht komisch auf andere wirken wollte) heraus schaffte ich es dann kaum, sie zu grüßen. Erst mit 15 bekam ich das Problem in den Griff


06.11.2023, 04:30

Außerdem dachte ich auch, man müsse als Kind seine Eltern um Erlaubnis fragen, wenn man seine Mütze oder Schal oder dein anderes Kleidungsstück an- oder ausziehen wolle, also fragte ich sie meist danach. Sie fanden es nicht gut, weil sie dachten, es wirke auf Außenstehende so, als müsse ich wegen jeder kleinen Sache um Erlaubnis fragen, was aber nicht so war. Ich wusste einfach nur nicht, welche regeln die richtigen waren: Die, die in meinem Kopf waren oder die, die man mir beibrachte. Dass ich nicht einfach so den Regeln der Erwachsenen vertraute, wurde von den Erwachsenen als psychisch auffällig eingestuft

4 Antworten

Für sowas gibt es doch eh keine allgemeinen regeln sondern hängt eher davon ab wo man wohnt. Da sollte man sich einfach auf sein Gefühl verlassen.

In einem Haus mit vier Wohnungen in einer Kleinstadt ist es schon üblich die Nachbarn zu grüssen falls man sich zufällig im Treppenhaus oder vorm Haus trifft. In einem Hauch mit gut sechzig Wohnungen in der Grossstädt wäre es eher komisch die Nachbarn zu grössen wenn man sie zufällig man trifft. Höchtens die direkten Flurnachbarn.

Meine Eltern brachten mir und meinen Geschwistern bei, dass wir bei jedem Gang durchs Treppenhaus die Nachbarn grüßen sollen, falls wir ihnen dort begegnen sollten

ich persönlich finde das nicht falsch. Man trifft sich im Treppenhaus öfters und ich fände es komisch wenn jemand da stumm an mir vorbei geht und so tut, als ob er mich nicht gesehen hätte. ein kurzes "guten Morgen" reicht ja schon oder ein kurzes Nicken mit dem Kopf.

Mir kam das jedoch falsch vor, da ich das intuitive Wissen hatte, dass man Nachbarn, wenn man sich ihnen einmal gegenüber vorgestellt hat, danach nicht mehr grüßen sollte, da es unsinnig sei. 1 einmalige Vorstellung reiche aus

das habe ich z.b. nie gemacht. Hätte da bei uns bei 20 Wohnungen klingeln müssen um mich vorzustellen.

Außerdem sollten, wenn überhaupt die Eltern bzw diejenigen, die die Mietverträge abgeschlossen haben, die Nachbarn grüßen, so meine Logik.

das ist aber eine seltsame Logik... was hat das damit zu tun wer im Vertrag steht? Es geht darum wer in der Wohnung wohnt. das sind ja genauso deine Nachbarn auch wenn du nicht im Vertrag stehst. Nachbarn wird man weil man eben dort wohnt.

Außerdem habe ich gedacht, dass wenn andere Kinder mich beleidigen, es 100%ig ernst gemeint sein muss, da fast alles, was ich sagte, auch ernst gemeint war. Dementsprechend habe ich mich sozial etwas zurückgezogen

da würde ich eher auf falsche Erziehung tippen.. meine Tochter hat auch eine On-Off Freundin. Mal sind die beste Freundinnen, dann tut meine Tochter nicht was ihre Freundin will und dann sind sie mal ein paar Tage keine Freunde mehr. Das geht nun schon seit 2 Jahren so. Anfangs hat sie oft geweint deswegen. habe ihr aber dann erklärt das diese Freundin keine gute Freundin ist. Sie weiß dass sie ihr weh tut wenn sie wieder mal ihr die Freundschaft kündigt. Das darf sie sich nicht zu Herzen nehmen - sie soll sich dann lieber Freunde suchen welche ihr nicht andauernd weh tun.
Da sie sich aber so mögen vertragen sie sich immer wieder und sind wieder Freunde. Aber bei der nächsten "wir sind nicht mehr Freunde Phase" nimmt meine Tochter sich die Worte nicht mehr so zu Herzen. Wenn ihre Freundin mal wieder sagt "Wir sind keine Freunde", dann hat sie ihr auch wirklich schon gesagt" Mach nichts, ich habe ja noch andere". Ihre "Freundin" hat somit das Druckmittel verloren.

Ähnlich hatten dir deine Eltern beibringen müssen, wie das mit den Beleidigungen ist. Z.b. das Kinder welche dich beleidigen in Wirklichkeit selbst total unsicher sind. Die müssen dich schlecht machen damit sie dich besser fühlen. Man soll solche Beleidigungen dann nicht ernst nehmen und einfach dann sich mit den Leuten umgebene, welche nett zu seinem sind.

Außerdem dachte ich auch, man müsse als Kind seine Eltern um Erlaubnis fragen, wenn man seine Mütze oder Schal oder dein anderes Kleidungsstück an- oder ausziehen wolle, also fragte ich sie meist danach

als kleines Kind ist das komplett in Ordnung. Wenn ich nur kurz wo rein gehe zahlt es sich nicht aus sich auszuziehen. Wann das ist, das kann ein kleines Kind nicht wirklich wissen.

Ab einem gewissen Alter lernen normalerweise die Kinder, dass man wenn man im Winter ins warme sich auszieht - bzw. wenn sie sich nicht sicher sind ob es sich auszahlt, dann fragen sie halt nach.


verreisterNutzer  06.11.2023, 13:04

"Hätte da bei uns bei 20 Wohnungen klingeln müssen um mich vorzustellen" vorgestellt im eigentlichen Sinne habe ich mich auch nicht, da ich dachte, das erstmalige Grüßen sei die Vorstellung. Ich habe es aber nur bei denen gemacht, denen ich eh zufällig im Treppenhaus begegnet bin.

"Ähnlich hatten dir deine Eltern beibringen müssen, wie das mit den Beleidigungen ist." Sie haben mir zumindest gesagt, dass ich da nicht soviel drauf geben soll. Da ich aber immer von mir ausging und ich selbst sowas nicht gemacht hätte, habe ich das trotzdem irgendwie ernst genommen.

"Wenn ich nur kurz wo rein gehe zahlt es sich nicht aus sich auszuziehen" Das war meist draußen, auf Spielplätzen und so. Ich dachte, ich bräuchte die Erlaubnis, mir selbst Gutes tun zu dürfen

0

es ist völlig selbstverständlich das man nachbarn grüßt. es nicht zu tun ist ignorant und unhöflich. bei dir im kopf scheint vieles falsch zu laufen. besprich das mit deinem therapeuten.


verreisterNutzer  06.11.2023, 12:50

Meinst du es in Bezug auf meine anderen Fragen?

0

Es ist interessant, wie verschiedene Menschen in deiner Kindheit unterschiedliche soziale Regeln und Interpretationen entwickeln können. In deinrm Fall scheinst du aufgrund deiner eigenen Überlegungen und Wahrnehmungen davon überzeugt gewesen zu sein, dass das Grüßen der Nachbarn nach der ersten Vorstellung nicht notwendig ist. Diese Überzeugung könnte aus verschiedenen Gründen entstanden sein, wie einer Verwirrung über soziale Normen oder einer anderen Sichtweise auf soziale Interaktionen.

Man muss beachten, dass sich die sozialen Fähigkeiten und Überzeugungen eines Kindes im Laufe der Zeit entwickeln, und es ist nicht ungewöhnlich, in der Kindheit gewisse Unsicherheiten oder Missverständnisse bezüglich sozialer Regeln zu haben. In deinem Fall wurde die Verdachtsdiagnose Schizophrenie gestellt und später revidiert, was darauf hinweist, dass es eine gewisse Unsicherheit darüber gab, wie deine soziale Interaktionen zu interpretieren waren.

Es ist wahrscheinlich, dass deine Wahrnehmung und dein Verständnis von sozialen Regeln im Laufe der Zeit gereift sind, was dazu geführt hat, dass du schließlich erkannt hast, dass das Grüßen der Nachbarn eine respektvolle Geste ist, unabhängig davon, ob es bereits eine Vorstellung gegeben hat.

Es ist unwahrscheinlich, dass ein "voriges Leben" Einfluss auf dein soziales Verhalten in der Kindheit hatte. In der Regel basieren soziale Normen auf kulturellen und gesellschaftlichen Einflüssen sowie individuellen Erfahrungen und Interpretationen. Ihre Entwicklung und dein Verständnis sozialer Regeln sind wahrscheinlich das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels dieser Faktoren.