Warum gucke ich mir manchmal so niveaulose Sendungen an, wie die, die auf RTL II kommen?

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Wir Menschen werden sehr leicht durch scheinbar banale Handlungen und vor allem zwischenmenschliche Aktivitäten spontan beeindruckt. Stammesgeschichtlich war es für die Mitglieder der Urhorde immer wichtig, wie die anderen interagierten. Wer mit wem was machte, wie die Rangordnungen ausgestaltet waren, wie sich die anderen zu mir positionierten, wo für mich Risiken oder gar Gefahren lauern konnten, d.h. die sozialen Interaktionen waren überlebenswichtig.

Und genau in den von dir beschriebenen "niveaulosen" Sendungen werden solche banalen Interaktionen des täglichen Lebens thematisiert - damit gewinnen sie deine Aufmerksamkeit, du willst wissen, wie sich die Dinge entwickeln, und schon hängst du in der Sendung drin. Am Ende stellst du dann zwar fest, dass das Ganze keinen wesentlichen Erkenntniswert gebracht hat, und eine wissenschaftliche Sendung für dich eine weit größere Bereicherung gewesen wäre, aber die altertümlichen Neigungen wirken instinktiv und dominieren oftmals die rational erfolgende Reflexion, so dass du am Ende etwas fassungslos bist über deine getroffenen Entscheidungen.

Übrigens mir selbst geht es manchmal auch so, wenn ich einen Krimi schaue. Eigentlich möchte die Beschäftigung mit den düsteren, unguten Verhaltensweisen des Menschen eher vermeiden, und doch schaue ich den Krimi, weil mein angeborenes Verhalten mir einflößt, dass die Beschäftigung mit den möglichen Bedrohungen des Lebens mir auf lange Sicht bessere Überlebenschancen bietet, da ich die Gefahren, die von meinen Mitmenschen ausgehen können, besser antipizieren kann, ich bin einfach besser vorbereitet.

Bilanz: Wenn wir uns ertappen, dass wir uns eigentlich mit etwas völlig Banalem beschäftigen, müssen wir uns genau daran erinnern, dass wir jetzt unserem "Urmenschenverhalten" entsprechen, was in der momentanen Situation vielleicht deplaziert sein kann. Dann können wir aktiv umschalten und den Sender wechseln. Aber das wird eben nicht immer funktionieren, und dann sollten wir uns selbst gegenüber auch etwas milde sein und nicht verbittern über eine scheinbare "Schwäche".

Keine Ahnung, meine kleine Schwester guckt auch solche Sendungen und ich bekomme das leider mit, weil ich vorher schon mit meinem Handy im Wohnzimmer saß und sie dann erst den Fernseher anmacht und ich zu faul bin, um aufzustehen, aber anscheinend fühlen sich besonders junge Menschen zu solchen Sendungen hingezogen

Ich sage mal, der Drehbuchautor hat dann gute Arbeit geleistet - er kann Publikum anziehen und auch halten. Ähnlich ist es ja auch bei den Daily soaps. Sinkt die Seherzahl wird die Erzählform geändert, die Schauspieler getauscht usw. Darum gibt es GZSZ oder Unter uns auch schon gut drei Jahrzehnte.

Das "niveaulose Zeug" behandelt oft Einzelschicksale. Wir empfinden Empathie oder genau andersherum, wir können nicht verstehen, wie manche ticken. Das berührt und fasziniert.

Es wird gezeigt, wie Träume, Wünsche und Ideen einiger Menschen umgesetzt werden. Das regt zum Träumen an. Es triggert.

Niveaulos, aber oft doch weltlich.

wenn nichts anderes läuft... muss man das halt schauen