Warum gilt c dur als heiter?

2 Antworten

Grundsätzlich kann man sagen: Dur ehr Heiter und Moll ehr düster.

Das gilt keineswegs für alle.

Das, wie es zu Stande kam, ist glaub ich ehr in Geschichte angebracht.
Es ist halt ein Empfinden, der Menschen. Natürlich hat da jeder ein etwas anderes, dennoch kreiseln sie alle um die oben genannten Punkte.

Das Empfinden wird nach außen durchaus von der Gesellschaft verändert, durch aus möglich, dass Moll als heiter empfunden werden kann.

Die Tonartencharakteristik ist in unserem Kulturkreis eine jahrhundertealte Einteilung der "Charaktereigenschaften" von Tonarten, die auch mit dem Stimmungssystem zusammenhängen. C-Dur ist die reinste und klarste Tonart, während Tonarten mit vielen Kreuzen oder mit vielen Be-Vorzeichen nach traditioneller Stimmung oft kleinere (oder selten gröbere) Verstimmungen haben, die auf die Wirkung dieser Tonarten einen Einfluss genommen haben.

Innerhalb von Farbassoziationen gilt C-Dur als mit leuchtendem Weiß verbundene, reine, helle Farbe, während die "warmen" Farben (gelb und rot) dem Quintenzirkel entlang in die Kreuztonarten, die "kalten" Farben (grün und blau) in die Be-Tonarten führen.

Diese Farben haben ebenso einen Einfluss auf den "Charakter" von Tonarten ausgeübt wie auch einzelne Instrumente und ihr soziales Umfeld (z.B. Hörner und Trompeten) sowie die Spielbarkeit der Tonarten auf einigen Instrumenten wie z.B. der Violine. In seltenen Fällen haben sehr bedeutend gewordene Kompositionen den Charakter von Tonarten auch mitgeprägt.

Wesentliche Autoren sind im frühen 18. Jh. Johann Mattheson, Anfang des 19. Jh. Christian Friedrich Daniel Schubart und Mitte des 19. Jh. die Musikenzyklopädie von Gustav Schilling.

Schilling leitet den Tonartencharakter im Wesentlichen aus rein gestimmten Intervallen ab. C-Dur gilt bei ihm als hell und heiter, es hat den Charakter von Reinheit, Unschuld, Einfalt und Naivität. Es eignet sich zum Ausdruck von unschuldiger Heiterkeit, Kraft und Stärke, unerschütterlichem Willen und seligen Frieden.

Demgegenüber wäre (laut Gustav Schilling) z.B. h-Moll die Tonart der Geduld und der stillen Erwartung des Schicksals, der Ergebung in göttlichen Willen und der frommen Trauer; As-Dur ist die Tonart des Grabes, des Todes und des Gerichts, aber auch der geheimnisvollen Ewigkeit.

Charakteristisch für C-Dur ist z.B. das Bläserthema am Beginn der Freischütz-Ouvertüre von Carl Maria von Weber (ab 00:00:59)

https://www.youtube.com/watch?v=eLZjsi2K9B8


Bluemilk  11.02.2021, 06:14

Als Ergänzung zu dieser sehr guten Antwort noch folgendes: Heutzutage verwendet man auf dem Klavier die sogenannte gleichschwebend bzw. gleichstufig temperierte Stimmung, in der alle Tonarten gleich „falsch“ (falsch vor allem im Bezug auf die Terzen und Sexten) klingen. Früher gab es viele andere Stimmungen (benannt nach ihren Entwicklern, z.B. Kirnberger, Werkmeister, Valotti...), bei denen als Ergebnis die verschiedenen Tonarten unterschiedlich „falsch“ klingen. Heutzutage bei der gleichstufigen Stimmung kann man nicht mehr von einer Tonartencharakteristik sprechen.

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ascivit 
Beitragsersteller
 11.02.2021, 00:03

Wow! Vielen Dank dir die ausführliche Erklärungen. Das mit den verschiedenen Instrumenten und der Reinheit von Intervallen (eher eine natürliche Ursache) und Referenz-Stücken (also Kulturell geprägt) Leuchtet mir ein

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