Waren Lederrüstungen in der Antike/Mittelalter üblich?

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Eine einheitliche Antwort für alle Völker und ständig in genannten Zeitraum ist nicht möglich. Stark üblich waren Lederrüstungen nicht. In größerem Ausmaß ist Leder als Material vorgekommen, auf dem zum Herstellen einer Rüstung Metall angebracht worden.

Ägypter

Erstmals sind etwa 1500 v. Chr. Panzerhemden, wohl aus Asien eingeführt, aus Leder oder Leinen angefertigt und mit Leder- oder Metallplatten bestückt. Eine Lederkappe wurde nur gelegentlich getragen.

Alter Orient

Panzerkleidung ist aus Nusi (15. Jahrhundert v. Chr.) und im Libanon aus dem Tell Kamad Al Laz (Kāmid el-Lōz) belegt.

Es gab Rüstungen aus bronzenen Plättchen, die auf das Leder genäht wurden, an den Rändern durchbohrte Platten durch Lederriemen oder Roßhaar befestigt. Lederstücke der Rüstung waren vermutlich durch Bronzekrampen verbunden.

Griechen

Es gab Leder- oder Leinenpanzer, teils mit aufgenähten Metallschuppen(-streifen). Unterleib und Oberschenkel schützte eine Metallplatte (μίϑρη; μίϑρα) mit metallverstärkten Leder- und Leinenstreifen (πτέρυγες).

Die Darstellung der Helden der homerischen Epen enthält Angaben zu Panzern aus Bronze oder Leinen (Homer, Ilias Β, 2. Gesang, Vers 830; Λ, 11. Gesang, Vers 15 – 28). λινοθώραξ/λινοθώρηξ bedeutet, eine Brustplatte aus Leinen zu tragen, daraus ist als modern „Linothorax“ als Wort für Leinenpanzer geworden.

Im 7./6. Jahrhundert v. Chr. gab es als Rüstungen Glockenpanzer aus Bronze oder Eisen angefertigt, seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. von Muskelpanzern abgelöst. Daneben gab es Leder- und Leinenpanzer (mit Metall beschlagen). Der Brustpanzer (θώραξ) gehörte in archaischer Zeit zur Ausrüstung der griechischen Hopliten (ὁπλῖται; Singular: Hoplit [ὁπλίτης]), allerdings wurde der Metallpanzer in der klassischen Zeit zunehmend durch Panzer aus leichterem Material ersetzt.

.Römer

Eine Vorform des Panzers (lorica) war eine viereckige oder runde Metallplatte. Im römischen Heer der frühen Zeit gehörte der Panzer zur Ausrüstung der ersten Klasse (prima classis).

Den Kopf schützte ein Helm (galea), ursprünglich nur eine Kappe aus Leder oder Filz, bald auch als eine Bezeichnung für einen Metallhelm verwendet (Helm lateinisch auch = cassis).

Zu Lederrüstungen gibt es gegensätzliche Aussagen in Büchern. Einerseits wird behauptet, der einfache Soldat habe einen Panzer aus Leder getragen, ein centurio einen Metallpanzer, hohe Offiziere und der Princeps einen Muskelpanzer aus Metall, der zu schützende Körperteile in der Form nachahmte. Andererseits wird (z. B. von Henry Russell Robinson und Marcus Junkelmann) das Tragen reiner Lederpanzer in der römischen Armee bestritten. Abbildungen, bei denen die Bemalungen verschwunden ist, seien fehlgedeutet worden. Eine reine Lederrüstung hätte sehr dick sein müssen, um voll zu schützen, was die Beweglichkeit beseitigt hätte, eine dünnere und leichter hätte nicht sehr gut geschützt.

Am verbreitesten war ein aus einzelnen Eisenringen/Reihen zusammengebogener kleiner Eisenringe zusammengefügtes Kettenhemd (Kettenpanzer). Auch andere Formen von Metallrüstungen wie Schuppenpanzer und Schienenpanzer sind vorgekommen.

Kelten

Vor allem Schilde dienten zum Schutz. Zumindest teilweise trugen keltische Krieger Lederrüstungen, Bronzebrustplatten oder Kettenhemden.

Germanen

In der Frühzeit waren Panzer eine Seltenheit, die Germanen trugen keinen bzw. nur vereinzelt Panzer. Erst im Krieger beschränkt.

Altes Indien

Es gab Rüstungen aus Metallplatten oder aus Leder.

Altes China

Es gab aus vielen rechteckigen Stücken zusammengefügte, Brust und Rücken deckende Lederpanzer samt Haube. In der Zhangou (Chan-Kuo)-Ziet (475 221 v. Chr. gab es erstmals eiserne (später stählerne) Rüstungen und Helme.

Japan

Besonders gut gerüstete Soldaten waren die Samurai.

Es gab Panzer aus verschiedenen Materialen (gehärtete Bleche, gehärtetes Leder, fest gewebte Textilien, Lackierung).

Vom 8. – 12. Jahrhundert bestanden die Rüstungen (yoroi) aus beweglichen Brust, Rücken-, Arm- und Schulterstücken (aus horizontal auf Lederriemen angebrachten Eisenplatten).

Das einfache Fußvolk trug seit dem 13. Jahrhundert Brust und Rücken schützende Lamellenpanzer aus Leder mit Metallbeschlägen (haramaki), oft auch eine um den Bauch gewickelte und unter dem rechten Arm zusammengebundene Rüstung (dōmaru).


Albrecht  01.06.2013, 13:59

Walther Wolf, Die Bewaffnung des altägyptischen Heeres. Leipzig : Hinrichs, 1926

Hans Bonnet, Die Waffen der Völker des Alten Orients. Reprint der Originalausgabe Leipzig 1926. Leipzig : Reprint-Verlag, Leipzig, 2011. ISBN 978-3-8262-3012-7

Anthony M. Snodgrass, Wehr und Waffen im antiken Griechenland. Übersetzt von Andrea Büsing-Kolbe. Mainz am Rhein : von Zabern, 1984 (Kulturgeschichte der antiken Welt ; Band 20). ISBN 3-8053-0533-8

Marcus Junkelmann, Die Legionen des Augustus : der römische Soldat im archäologischen Experiment. 9., überarbeitete Auflage. Mainz am Rhein : von Zabern, 2003 (Kulturgeschichte der antiken Welt ; Band 33). ISBN 3-8053-0886-8

Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung : vom Alten Orient bis zum ausgehenden Mittelalter. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter herausgegeben von Harry Kühnel. Stuttgart : Kröner, 1992 (Kröners Taschenausgabe ; Band 453). ISBN 3-520-45301-0

Wendelin Boeheim, Handbuch der Waffenkunde : [das Waffenwesen in seiner historischen Entwickelung vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts]. Reprint der Originalausgabe Leipzig, Seemann, 1890. Holzminden : Reprint-Verlag Leipzig, 2000. ISBN 3-8262-0212-0

Ortwin Gamber, Waffe und Rüstung Eurasiens : Frühzeit und Antike. Braunschweig : Klinkhardt & Biermann, 1978 (Bibliothek für Kunst- und Antiquitätenfreunde ; Band 51). ISBN 3-7814-0185-5

Paul Martin, Waffen und Rüstungen : von Karl dem Großen bis zu Ludwig XIV. Frankfurt am Main. Umschau-Verlag, 1967

David Nicolle, Islamische Waffen. [Übersetzung aus dem Englischen Andreas Russegger]. Graz : Verlag für Sammler, 1981. ISBN 3-85365-049-X

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Albrecht  01.06.2013, 13:58

europäisches Mittelalter

Lange waren Ringel- oder Schuppenpanzer mit textiler oder lederner Unterfütterung üblich.

Panzerhemden aus Ringgeflecht und/oder Schuppen- bzw. Plättchenbesatz wurden getragen.

Mit den Bezeichnungen althochdeutsch brunna, brustrock, sara, halsberga, mittelhochdeutsch brünne, harnasch, sar (-wat, -wera), halsber, isenhosen, beinberc ist sachtypologisch überwiegend das Ring- oder Kettenhemd gemeint, ersichtlich durch den Zusatz ring, rinc, auch episch das Lederzeug.

Im späten Mittelalter trugen schwer bewaffnete Krieger (insbesondere auch Reiter) Plattenharnische.

Rüstungen trugen vor allem die Ritter.

Byzanz

Gebräuchlich waren Ketten- oder Schuppenpanzer. Auf Abbildungen sind oft vom Panzer herabhängende fächerartige Lamellen, sonst ist der Unterkörper aber durch schwere Filze (καβάδια) geschützt.

Muslimischer Bereich

Islamische Krieger im Mittelalter hatten bewegliche Körperrüstungen aus Eisen bzw. Leder.

Ein Krieger des Osmanischen Reiches Mitte des 14. Jahrhunderts hatte als Körperschutz. Beinzeug (budhk), Kettenpanzer (cebeoder zirh), Lamellen- oder Schuppenpanzer (cevsen, cukal und „pirahes ahenin) bzw. eine Kombination aus Kettengeflecht und Platten (cebe cevsen), Schild (kalkan) Helm (isik* und fuǧulka), Armschiene (kalluh) und Kettenhaube (zirh kühlah)

Altamerika

Die Völker Altamerikas hatten keine Metallrüstungen. Rüstungen aus Leder hatten Völker in Chile und Patagonien.

Nachschlagewerke und Bücher empfehle ich mehr als eines heranzuziehen.

Lexikon Alte Kulturen. Herausgegeben und bearbeitet von Hellmut Brunner, Klaus Flessel, Friedrich Hiller und Meyers Lexikonredaktion. Band 3: N – Zz. Mannheim , Leipzig ; Wien ; Zürich : Meyers Lexikonsverlag, 1993, S. 305 - 306 (Rüstung) Tamas Dezsö, Panzer. In: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie. Band 10: Oannes - Priesterverkleidung. Begründet von Erich Ebeling und Bruno Meissner. Fortgeführt von Ernst Weidner und Wolfram von Soden. Herausgegeben von Dietz Otto Edzard und Michael P . Streck unter Mitwirkung von Manfred Krebernik, John Nicholas Postgate, Ursula Seidl, Marten Stol und Gernot Wilhelm. Redaktion: Gabriella Frantz-Szabó und Ursula Hellwag. Berlin ; New York : de Gruyter, 2003 – 2005, S. 319 – 323

Wolfgang Heck, Panzer(hemd). In: Lexikon der Ägyptologie. Begründet von Wolfgang Helck und Eberhard Otto. Herausgegeben von Wolfgang Helck und Wolfhart Westendorf. Band 4: Meggido – Pyramiden. Wiesbaden : Harrassowitz, 1982, S. 665 - 666

Yann Le Bohec, Panzer. Übersetzung. C. Pöthig. In: Der neue Pauly (DNP) : Enzyklopädie der Antike ; Altertum. Herausgegeben von Hubert Cancik und Helmuth Schneider. Band 9: Or - Poi. Stuttgart ; Weimar : Metzler, 2000, Spalte 278 – 279

Spalte 278 (zur römischen Frühzeit): „Die einfachste Form des P. bestand wohl aus Leder. Eine einfache Metallplatte auf der Brust verstärkte später den Schutz bes. für das Herz (daher die griech. Bezeichnung καρδιοφύλαξ/kardiophylax Pol. 6, 23, 14).“

P. = Panzer
bes. = besonders griech. = griechisch Pol. = Polybios

Heiko Steuer, Rüstung. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Von Johannes Hoops. Band 25: Rindenboot - Rzucewo-Kultur. 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Herausgegeben von Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer. Berlin ; New York : de Gruyter, 2003,S. 429 - 449

Dagmar Hüpper, Rüstung. In: Sachwörterbuch der Mediävistik. Herausgegeben von Peter Dinzelbauer. Stuttgart : Kröner, 1992 (Kröners Taschenausgabe ; Band 477), S.717

Alfred Geibig/ Axel Gelbhaar, Waffen. A. Westen. I. Allgemein und Archäologie. In: Lexikon des Mittelalters. Band 8: Stadt (Byzantinisches Reich) bis Werl, München ; Zürich : Artemis, 1997, Spalte 1893 – 1896

Taxiarchos G. Kolias, Waffen. B. Byzanz. II. In: Lexikon des Mittelalters. Band 8: Stadt (Byzantinisches Reich) bis Werl, München ; Zürich : Artemis, 1997, Spalte 1899 - 1901

Holger Schuckelt, Waffen. C. Muslimischer Bereich. In: Lexikon des Mittelalters. Band 8: Stadt (Byzantinisches Reich) bis Werl, München ; Zürich : Artemis, 1997, Spalte 1901 – 1903

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Du musst Zeit und Raum schon genauer eingrenzen.

Die Römer hatten etwa KEINE Lederrüstungen. Auch im europäischen Mittelalter waren Lederrüstungen entgegen den gängigen Darstellungen in Film und Fernsehen nicht gebräuchlich.


PatrickLassan  30.05.2013, 18:49

Stimmt. Hätten auch nicht viel Sinn ergeben.

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Rüstung in Japan: "Die einfachsten Yorois bestanden hauptsächlich aus Baumwolle und Leder. Exponiertere Stellen waren mit Bambusplättchen verstärkt. Solche Rüstungen waren billig und leicht, ihre Haltbarkeit eher mäßig und sie boten nur geringen Schutz im Gefecht. Bambus, der sehr leicht ist, lässt sich über einer Flamme vorzüglich sphärisch biegen. Diese Plättchen weisen im Gegensatz zu europäischen Schuppenpanzern aber nach oben und sind fest mit Baumwollgarn oder Draht verknotet. Dabei erhöht sich seine Schnittfestigkeit. Gleichzeitig reduziert sich die Gefahr noch weiter, dass die Panzerplatte schlicht unter Waffentreffern zerbricht. Zum Schutz gegen Feuchtigkeit ist es aber nötig, die Plättchen mit Lack zu überziehen, was sich nur wenige Soldaten leisten konnten. Diese Rüstungen fanden bei armen Bauern und Soldaten Anwendung, deren einzige Aufgabe es war, die heranstürmende Reiterei mit langen Speeren und Lanzen (Yari) abzuwehren. Sie haben praktisch keine Schutzwirkung gegen Musketenbeschuss." http://de.wikipedia.org/wiki/Japanische_R%C3%BCstung

Eigentlich alle "Hochkulturen" der Antike hatten auch Lederrüstungen zumindestens für die normalen Fußsoldaten. Also z.B. Römer, Griechen, Ägypter, Perser usw.