War Kleist ein Dichter der Klassik oder der Romantik oder etwas anderes?
Welcher literarischen Strömung hat Kleist angehört? Und weshalb?
3 Antworten
Kleist gehört zum Umkreis von Klassik und Romantik.
Die Themen der Weimarer Klassik waren Toleranz, Humanität und Vollkommenheit, Streben nach Harmonie und Schönheit; Harmonie im Sinne des Ausgleichs zwischen den Forderungen der Aufklärung (Orientierung an den Prinzipien der Vernunft) und dem Gefühlsstreben des Sturms und Drangs. Die Vernunft soll aber nicht mehr die Oberhoheit ausüben, sondern das Gefühl tritt gleichberechtigt neben die Vernunft, jedoch nicht als Gegensatz, sondern es harmoniert mit den Ansprüchen der Vernunft. Harmonie ist deshalb ein Hauptkriterium der Weimarer Klassik. Höhepunkt des klassischen Dramas ist Goethes Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“. Hier prallen die Ideale der Priesterin Iphigenie und die dumpfe Gefühlswelt des Herrschers Thoas aufeinander: die erste fordert Wahrheit und humanes Handeln, Thoas will unter allen Umständen sein Barbarengesetz zur Anwendung bringen: Opferung derjenigen, die in Taurien gelandet sind. Am Ende kann Iphigenie den Thoas zur Einsicht bringen, jedoch nicht, indem er eine Neigung zum Humanen deshalb verspürt, weil er in Iphigenie verliebt ist, sondern indem Iphigenie ihn von der Notwendigkeit (Pflicht) des humanen Handelns überzeugt.
Kleist nun kann mit den Überzeugungen der Klassiker Goethe und Schiller, dass das Wahre, Schöne, Gute göttliche Ideale sind, nichts anfangen. Diese göttlichen Ideale existieren nach Auffassung der Klassiker tatsächlich, sind aber nur schwer zu verwirklichen, jedoch als wahrhafter Mensch müsse man versuchen, sie zu realisieren (s. das Goethegedicht „Edel sei der Mensch“). - Kleist hat, nach seinem Kantstudium, den Philosophen dahin missverstanden, dass man die Wahrheit (als eines der Hauptideale der Klassik) niemals erkennen kann; desgleichen könne man auch nicht wissen, ob ‘das Gute‘ in der Person Gottes existiert. Im schreienden Gegensatz zu Goethes „Iphigenie“ steht deshalb seine Novelle „Erdbeben in Chili“, wo zunächst Gott zugunsten des ungerecht behandelten Liebepaares einzugreifen und eine Ordnung der Vernunft und der Harmonie herzustellen scheint. Doch Stunden später passiert das Gegenteil: die Gewalt der Kirche erwacht wieder aus ihrer Betäubung und hetzt die Bevölkerung gegen das Liebepaar auf, das auf grauenvolle Weise umgebracht wird.
Auch mit der Romantik hat Kleist „nichts am Hut“. Sehnsucht nach dem Unendlichen, nach der Ferne, Romantisieren der banalen Wirklichkeit durch Eintauchen in eine Traumwelt – davon hält er nichts.
Deshalb sagt man: Kleist gehört „zum Umkreis von Klassik und Romantik".
Vielleicht helfen diese Seiten weiter:
Zwischen Klassik und Romantik: Heinrich von Kleists "Über das Marionettentheater" - GRIN
V (uni-kiel.de)
Romantik (fundus.org)
Bei Kleist ist das schwierig zu identifizieren. Ihn kann man nicht wirklich zu einer Epoche zuordnen. Es ist eher ein Mix von Romantik & Klassik.
Danke für die Antwort!
Weshalb ist er eher einem Mix aus Romantik und Klassik zuzuordnen? Welche klassischen/romantischen Merkmale zeichnet ihn und seine Werke aus?