Unterschied zwischen weltlich liberalen Juden und Orthodox Juden?

4 Antworten

Orthodox heisst, dass man so gut wie möglich probiert, die Religionsgesetze einzuhalten: nur koscher essen, den Shabbat halten (nicht kochen, nicht tragen, nicht fahren, kein Licht anzünden, nicht einkaufen, kein Geld berühren, etc). und auch die weiteren Religionsgesetze einhalten. Das machen ca. 10-20% der Juden.

Die anderen nehmen es nicht so genau, weil es in einem nichtjüdischen Umfeld auch ziemlich schwierig ist und als einengend empfunden werden kann. Die würde ich als nicht praktizierend oder nicht orthodox bezeichnen, dein Lehrer bezeichnet sie anscheinend als "weltlich", was ich nicht so treffend finde.

Das liberale Judentum ist eine eigene Ideologie, wo man nicht sagt: die jüdischen Gesetze sind, wie sie sind, aber mir ist das zu mühsam, ich halte sie nicht ein, sondern wo man sagt: die jüdischen Gesetze sind altmodisch, man muss sie an die moderne Zeit anpassen, und entsprechend einfacher machen. Das kannst du googeln, wenn es dich näher interessiert.

Die Tatsache, dass dein Lehrer weltlich und liberal mischt, zeigt schon, dass er sich nicht so wahnsinnig auskennt...

Im liberalem Judentum wird gelehrt, der Mensch hätte sich die
Torah sozusagen ausgedacht und dürfe daher jeder Zeit geändert werden.

Im orth. Judentum wird gelehrt, die Torah wurde auf dem Berg Sinai von
Gtt dem Mose gegeben, sie ist bis heute unverändert.

Viele Gesetze wurden im orth. Judentum zwar entsprechend angepasst, z.B. vor knapp 30 Jahren wurden Schaltuhren fürs Licht genehmigt, aber im Großen und Ganzen sind die Basis-Gesetze der Torah seit etwa 3400 Jahren unverändert.


Hakan07AYT 
Beitragsersteller
 10.01.2016, 14:41

Glauben sie wirklich dass die Tora ausgedacht ist? Ich brauche nämlich konkrete Beispiele. Wenn das nur so halbrichtig ist bringt mir das in der Arbeit nen glücklichen halben Punkt. Bist du dir da 100% sicher also?

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Stupor  11.01.2016, 00:22
@Hakan07AYT

Man sieht es an der Auswirkung.
Es wurde von den Liberalen derart viel geändert, dass man logischerweise zu keinem anderen Schluss kommen kann. Ich meine, wenn die sich noch ein Kreuz an die Wand hängen, sinds Christen, denn bis auf das fehlende Kreuz sehe ich da keinen Unterschied mehr.

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Also, das ist etwas kompliziert.

Einerseits gibt es orthodoxe Juden, die die jüdischen Religionsgesetze (Koscher, Shabbat, etc.) nach bestem Wissen und Gewissen halten, und nicht-praktizierende Juden, denen das alles weniger wichtig ist.

Dann gibt es im Judentum die "liberale" Strömung, die entstand um 1840 in Deutschland, dort ist man der Meinung, dass diese ganzen  Religionsgesetze reichlich altbacken sind, und dass man mit der Zeit gehen muss, d.h. dass man diese Gesetze verändern muss. Anstatt zu sagen: "Am Shabbat darf man nicht Auto fahren, aber mich gurkt es an, zu Fuss zu gehen, also fahre ich trotzdem" (wie die nicht-praktizierenden Juden), sagen sie "es ist reichlich altmodisch, am shabbat nicht Auto zu fahren, laut meinem Judentum ist das erlaubt".

Hauptkonfliktpunkte zwischen orthodoxen und liberalen war die Frage der Orgel am Shabbat in der Synagoge (laut orthodoxen verboten, laut liberalen erwünscht), die Frage ob Männer und Frauen in der Synagoge getrennt sitzen müssen (bei orthodoxen ja, bei liberalen nicht), die Frage ob Frauen liturgische Funktionen in der Synagoge übernehmen können (bei orthodoxen nicht, bei liberalen ja) und die Frage, ob die Gebete auf hebräisch oder in der Landessprache stattfinden (bei orthodoxen nur hebräischen, bei liberalen Landessprache). und natürlich auch die Frage, wie Shabbat, kashrut, etc. eingehalten werden müssen.

Die liberale bewegung hat sich dann in "liberale" und "konservative" gespalten. Von den Konservativen gibt es in D und in den USA sehr viele. d.h. konservativ ist so ähnlich wie liberal, nicht so wie orthodox.

Nicht jedes Mitglied einer orthodoxen Gemeinde (oder Einheitsgemeinde) ist selber orthodox, sehr viele sind nicht praktizierend.