Unauflöslichkeit der Weihe?
Ich habe eine Frage an Katholiken: Eine katholische Ehe kann unter Umständen aufgelöst werden, wenn einer der beiden Partner nicht richtig disponiert war. Wie ist das aber bei einer vollzogenen Priesterweihe? Anscheinend lässt sich da nichts rückgängig machen, denn mit der Suspension bleibt derjenige ja noch immer Priester vor Gott. Aber was ist, wenn der Geweihte nachweislich zu unreif war und sich auch später in einer unguten Weise verhält, dass man ihn nicht als "Priester" erfahren kann? Wäre sehr dankbar, wenn mir jemand helfen könnte, wie ich mich gegenüber diesem Menschen verhalten kann.
4 Antworten
Grundsätzlich besteht ein Unterschied bei den Sakramenten der Taufe, Firmung und der Weihe zu den übrigen Sakramenten. Diese drei Sakramente bewirken bei der Spendung eine unauslöschliche Prägung in der Person / der Seele des Empfängers, sozusagen eine Kennzeichnung, die nicht mehr zu entfernen ist. Daher können diese Sakramente auch nur ein einziges Mal empfangen werden. Anders bei den Sakramenten der Hl. Kommunion, der Beichte und der Krankensalbung, diese können öfters empfangen werden.
Jeder Vergleich hinkt, aber versuche es dir mal so vorzustellen: Taufe, Firmung und Weihe "brennen" sich wie ein Programm in den Speicherbaustein physikalisch ein. Bei den Sakramenten Eucharistie, Beichte und Krankensalbung wäre das das Programm, das in den (flüchtigen) Arbeitsspeicher geladen wurde. Bei einem "Neustart" des Systems ist das "eingebrannte" Programm nach wie vor vorhanden. Die Programme im Arbeitsspeicher sind weg und müssen erneut geladen werden. Die "eingebrannten" Programme sind da, unabhängig wie es dem PC heute so geht, wie stabil die anderen Programme laufen und wie der Anwender so drauf ist.
Bei Ehesakrament ist es ein klein wenig anders: Hier ist das Sakrament an eine zweite Person gebunden, sowohl die Spendung wie auch die Wirksamkeit. Die Spendung wie die Wirksamkeit können nicht rückgängig gemacht werden, bestenfalls kann man feststellen lassen, dass die Spendung und deren Wirksamkeit noch gar nie vorhanden waren (= Annullierung der Ehe).
Grundsätzlich ist das Sakramentenverständnis der Kirche so: Gott verpflichtet sich, durch bestimmte Handlungen ganz sicher seine Gnade zu vermitteln. Daher ist die Gültigkeit der Spendung von Sakramenten nicht von der moralischen Disposition des Spenders oder von seiner Glaubenskraft abhängig, sondern von objektiv überprüfbaren Kriterien (z.B. Formpflicht). Die Gültigkeit einer Eucharistiefeier ist nicht davon abhängig, ob der Priester gesündigt hat oder nicht, sondern z. B. ob die Einsetzungsworte in der vorgeschriebenen Weise gesprochen wurden. Z. B. ist die Eucharistiefeier gültig, egal ob mir die Nase des Priester gefällt oder nicht. Gott sei Dank ist es nicht davon abhängig.
Vielleicht hilft das:
Mt 5,11-12
Röm 15,1-3
Kol 3,13
Mt 7,1-2
Mir helfen solche Bibelstellen oft, mein Verhalten zu reflektieren und dann hoffentlich zu ändern. Ich kann den anderen nicht ändern, das kann er nur selbst. Weil das aber auch für mich selbst gilt, fange ich am besten bei mir selbst an. Mir hilft auch die "psychologische Variante": Sie Sünden des anderen, die mich aufregen oder verletzen, sind nur ein Spiegelbild für meine eigenen Sünden. Das hilft mir, etwas barmherziger mit meinen Zeitgenossen zu sein.
Eine katholische Ehe kann nicht aufgelöst werden (wenn man mal den einen Spezialfall weglässt), aber es könnte u.U. festgestelt werden, dass sie wegen mangelnder Disposition eines Partners nicht zustande kam, Annullierung nennt sich dieser Vorgang im kirchlichen Recht.
Dasselbe gibt es theoretisch auch für die Priesterweihe. Hier kennt das Kirchenrecht die Suspendierung, die Laiisierung und die Annullierung. Ich wüßte aber keinen Fall, wo mal eine Weihe annulliert worden wäre. Das hätte schließlich weite Konsequenzen: jede Meßfeier, jede Beichte, jede Krankensalbung und jede Firmung wäre ungültig, und es ist als wäre die Spendung dieser Sakramente niemals erfolgt.
Schwierig ist es natürlich, nachzuweisen, dass der Geweihte "nachweislich zu unreif" war. Wie er sich später verhält und wie er sich als Priester erfahren lässt, spielt dabei keine Rolle. Die Ehepartner sind ja auch dann immer noch verheiratet, wenn sich einer in unguter Weise verhält.
Danke für deine Antwort, gut verstehbar erklärt.
"Wie er sich später verhält und wie er sich als Priester erfahren lässt, spielt dabei keine Rolle."
Aber warum ist nur die rechtliche Seite wichtig und nie die persönliche?
Ich habe so ein schlechtes Gefühl, jeden Tag von dem Priester die Kommunion zu empfangen, und nach der Messe mobbt er mich wieder oder redet gar nicht mit mir. Zum Beichten kann ich bei dem nie wieder gehen. Ihn mit "Pater" anzureden, stimmt nicht mehr, aber anders kann ich ihn nicht ansprechen...
Weil jeder Mensch ein Sünder ist, und von Gott Verzeihung erlangen kann.
Am Ende käme noch einer auf die Idee, die Taufe annullieren zu wollen, weil sich der einstmals Getaufte gar nicht so christlich verhält wie gewünscht. - Außerdem: welches Verhalten ich mir von jemandem wünsche, das ist ja höchst subjektiv.
Mit bestimmten Sakramenten kommt der character indelebilis, und den bekommt man nicht mehr los. Anders gesagt: die Gnade, die Gott schenkt, nimmt er nicht wieder zurück.
Beim Kommunionempfang ist nicht der Priester entscheidend, der dir das Sakrament spendet, sondern der, den du im Sakrament empfängst. Darauf solltest du dich freuen, und den Priester als das betrachten, was er ist: ein unwürdiges Werkzeug Gottes, und dennoch von ihm berufen und geliebt.
Leider finde ich auf diese Frage keine Antwort. - Die Bibel jedenfalls, als einzige Grundlage und Richtschnur des Christentums liefert nach meiner Erkenntnis keinen Hinweis, dass eine menschlich oder institutionell durchgeführte "Priesterweihe" bei krassem Fehlverhalten ein unauflöslicher Fakt sein soll. - Für das menschliche Fehlverhalten im Priester ja, aber nicht für seine unauflösliche "Heiligung" als Priester.
Ein Priester- oder Bischofsweihe kann theoretisch zwar annulliert werden, das geschieht aber praktisch nie. Deshalb war ja auch Marcel Lefebvre bis zu seinem Lebensende voll gültig geweihter Bischof.
Danke für deine Antwort.
Was muss aber geschehen sein, dass man eine Annullierung vornehmen kann? Bei einigen Missbrauchsfällen wurden etliche Priester suspendiert von dem letzen Papst. Aber Suspendierte dürfen/können zumindest in Todesgefahr noch gültige (wirksame) Sakramente spenden. Wodurch kann das Charisma der Weihe endgültig verloren werden, oder kann sich ein Priester sein Leben lang und in der Ewigkeit darauf ausruhen?
Ein Priester, der mich mobbt, ist für mich kein Priester mehr, da habe ich immer ein sehr schlechtes Gefühl, wenn ich von ihm die Kommunion empfange - und natürlich bei dem nochmal beichten, ist eh schon ausgeschlossen ...
Das Siegel der Weihe ist unauslöschlich, er ist Priester auf ewig und könnte demnach auch unter Umständen sein Priestertum mit in die Hölle nehmen. Die Gültigkeit aller Handlungen von Priestern, die "unwürdig" wirken oder es auch sind, wird dadurch nicht beeinträchtigt. Auch abgefallene Priester können im Notfall gültig die Sakramente spenden.
Eine Annullierung besagt, dass eine Priesterweihe nie gültig gewesen wäre. Dies wäre dann der Fall, wenn von Anfang an eine Voraussetzung zum Priestertum gefehlt hätte oder übersehen worden wäre. Ein solcher Grund ist zum Beispiel eine verschwiegene Homosexualität, Geisteskrankheit. Aber ein unwürdiges Verhalten gehört nicht dazu. Ein Trost sei dir, dass du in sehr vielen Heiligenbiografien lesen kannst, wie diese Menschen von ihren Ordensoberen malträtiert wurden. Sie haben es ertragen und ihren Trost in Gott gefunden. Nicht leicht für uns, aber möglich ist es. Bete für diesen Priester!
Eine Suspendierung geschieht von einem Amt und macht die Weihe nicht ungültig.
Eine gültige Weihe kann eigentlich nur annulliert werden, wenn der Geweihte zum Zeitpunkt der Weihe nachweislich für dieses Amt zu unreif war. Da es aber alles studierte Theologen sind, die auch einige Zeit Priesterseminar hinter sich haben, kommt das praktisch nicht vor.
Wann das CHARISMA der Weihe verloren geht, kann ich dir nicht sagen, da dies Gottes Angelegenheit ist, auch wenn die RKK da etwas anderes lehrt. Fix ist aber, dass selbst nach Kirchenrecht laisierte Priester noch immer gültig geweiht sind und viele sich noch immer als solche verstehen. Ich kenne da selbst ein paar, die geheiratet haben und in den Laienstand versetzt wurden. Ich weiß aber nicht, in welcher Reihenfolge das geschehen ist. Da ihre Weihe aber nicht annulliert wurde, ist sie noch immer gültig. Seltsamerweise war ja auch die Weihe von Lefebvre gültig, obwohl er exkommuniziert wurde.
Alles in allem scheint diese Situation ein ziemliches Dilemma zu sein, da sich mehrere Auffassungen wohl gegenseitig in den Hintern treten.
Danke für deine ausführliche Antwort.
" egal ob mir die Nase des Priester gefällt oder nicht. Gott sei Dank ist es nicht davon abhängig."
Ja, nach Sympathie soll es natürlich nicht gehen, und da gibt es Sicherheit, wenn es ein objektives Kriterium gibt.
Für mich ist nur das Problem, wenn jemand, der als Priester sich des Heiles der Menschen annehmen und ihnen wohlwollend gegenübertreten soll, alles andere als wohlwollend sich verhält. Vor fünf Minuten reicht er mir die Kommunion, fünf Minuten später ignoriert er mich oder mobbt mich. Ich bemühe mich da immer, den Menschen und den Amtsträger auseinander zu halten, aber irgendwie macht das schizophren.