Sprechen Lehrer die Sprache die sie unterrichten auch wirklich fließend?

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Wenn man eine Sprache auf C1-Niveau beherrscht -- koennen nicht sehr viele Leute, auch wenn viele das gerne mal behaupten --, dann kann es fuer einen Fremdsprachensprecher besser schon gar nicht mehr sein. Das C2-Niveau ist da in der Regel den Muttersprachlern vorbehalten, da sie die Sprache stark praegende Kindheit im Heimatland miterlebt haben. Das kann man als Lerner kaum aufholen.

Generell sind Muttersprachler, die nur das Muttersprachlersein als Qualifikation haben, sehr schlechte Sprachlehrer. Die haben zwar ne natuerliche Aussprache (die nicht immer fuer den Sprachunterricht geeignet ist), koennen dir tolle Sprichwoerter sagen und sagen, dass man etwas auf eine ganz bestimmte Weise ausdruecken sollte, weil es sich besser anhoert, aber sie haben in vielen Faellen keine Ahnung von ihrer Sprache. Wie sowas endet sieht man oft in Laendern, die Assistant Language Teaching anbieten, wie beispielsweise Japan.

Ein guter Fremdsprachenlehrer sollte daher folgende Qualifikationen haben:

-- Eine Aussprache, die einen neutralen Standard wiederspiegelt und deren Besonderheiten er/sie auch erklaeren kann.

-- Grammatikalische/Linguistische Kenntnisse ueber die zu unterrichtende UND die eigene Sprache. Ein solcher Lehrer weiss dann naemlich, was fuer Fragen die Schueler aus welchen Gruenden stellen; welche Lernmethoden bei der Zielgruppe am effektivsten sind und hat (im Fall, dass er Leute unterrichtet, die seine Muttersprache haben) alles schonmal selbst erlebt, was sich positiv auf die Lehrmethoden auswirkt.

-- Selbstsicherheit in der Verwendung der Fremdsprache. Das muss nicht zwangsweise C1 oder C2 sein, denn Sprachkurse in diesem Bereich gibt es sowieso nicht wirklich. B2 sollte aber natuerlich sicher erreicht sein, um sich nicht zu blamieren und auf alle Fragen eine fundierte Antwort zu haben, auch wenn es am Ende auf 'Ich schlag das bis naechste Woche nach.' hinauslaeuft.

Gerade der Anfaengerunterricht sollte immer von einem Nicht-Muttersprachler geleitet werden, da diese sich am Besten in die Schuelersituation hineinversetzen koennen und das ist sehr wichtig. Spezielle Kommunikationsklassen und vor allem fortgeschrittene Klassen sollten dann allerdings auch gut ausgebildete Muttersprachler einsetzen, aber nicht ausschliesslich.


earnest  08.03.2014, 20:58

Grundsätzliche Zustimmung, in einigen Punkten sehe ich es in Nuancen etwas anders.

-Ich halte B2 nicht für ein ausreichendes Niveau, jedenfalls nicht im Oberstufenunterricht.

-Ich denke nicht, daß C2 in der Regel Muttersprachlern vorbehalten ist. Mich selbst würde ich dort verorten, aber ein Muttersprachler bin ich nicht, und perfekt bin ich auch nicht. Ich kenne einige Lehrkräfte, die ich bei C2 einordnen würde - allesamt keine Muttersprachler.

-Ich bin nicht der Ansicht, daß der Anfangsunterricht immer von einem Nicht-Muttersprachler geleitet werden sollte - ganz im Gegenteil: Gerade hier hielte ich einen Muttersprachler für einen Glücksfall (natürlich müßte er oder sie auch gut mit der deutschen Sprache vertraut sein, um die von dir genannten relevanten Punkte berücksichtigen zu können).

Gruß, earnest

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Alexxx94 
Fragesteller
 09.03.2014, 14:06
@earnest

Stimme euch beiden in fast allen Punkten zu, allerdings muss ich dazu sagen, dass der Anfangsunterricht, wie vorhin erwähnt, von einem Nicht-Muttersprachler geleitet werden sollte. Mit steigender Sprachkenntnis ist es sicherlich nicht schlecht, wenn man das Glück hat mit einem Muttersprachler gemeinsam seine Sprachkenntnisse ausbauen zu können/dürfen ( dürfen deshalb, weil es ja irgendwie doch ein Privileg ist ;) )

Gruß

1
earnest  11.03.2014, 06:34
@Alexxx94

Deine Bekräftigung der Meinung, daß Anfangsunterricht von einem Nicht-Mutterspachler erteilt werden sollte, nehme ich zur Kenntnis.

Du begründest allerdings nicht, warum du dieser Ansicht bist - und nimmst auch offensichtlich nicht die Gegenargumente zur Kenntnis, die ich in meinem Kommentar (auf den du dich beziehst) skizziert habe.

Einen mit der deutschen Sprache und der Didaktik des Fremdsprachenlernens (also auch mit den damit verbundenen Problemen) vertrauten Mutterspachler halte ich für einen Glücksfall - gibt es da überhaupt Gegenargumente? Da wäre ich sehr gespannt ...

Gruß, earnest

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Ist unterschiedlich.

Es gibt z.B. junge, ambitionierte Lehrer, die vielleicht im jeweiligen Land waren und es fließend sprechen, noch dazu mit sehr geringem Akzent (wie ein Muttersprachler sprechen sie nicht, das ist aber auch nicht zu erwarten von einem gewöhnlichen Lehrer)

Es gibt aber auch (evtl. ältere) Lehrer, die schlechter Englisch sprechen als mancher ihrer Schüler. Das ist nicht nur peinlich, das ist auch ein Missstand im Bildungssystem.

Na ja... Ich hatte eine Lehrerin, die aus Weißrussland kam und hier in Deutschland an einem Gymnasium Englisch unterrichtet hat... Sie konnte weder Deutsch noch Englisch ausreichend gut, fließend schon gar nicht.

Eine Freundin studiert u.a. Spanisch auf Lehramt. Um ein entsprechendes Lehramtsstudium aufnehmen zu können, musste sie auf B1-Niveau sein. Ein großer Teil des Studiums ist aber auf Deutsch. Im Englischstudium (auf Lehramt) hingegen werden die meisten Veranstaltungen auf Englisch gehalten, hat sie erzählt. So viel zu den Anforderungen.

Ich bin der Meinung, dass ein Lehrer die Sprache fließend sprechen sollte. Von den Lehrern, die ihre Muttersprache unterrichtet haben, habe ich am meisten gelernt.

Kommt drauf an... Wenn sie Muttersprachler sind, klar, dann sprechen sie das fließend. Bei den restlichen gibt es fließende Sprecher, aber eben auch welche, die das nicht sind. Zu pauschal gefragt...

Ich hatte tatsächlich einen sächsischen Lehrer in Sprachen. In Bayern unterrichtete er vor der Grenzöffnung Deutsch und Englisch an unserer Schule. Da ich zweisprachig aufgewachsen war, konnte ich auch feststellen, daß er fehlerfrei Englisch sprach. Ich erfuhr dann, daß er an der Inlingua School nebenbei Englisch und Französisch unterrichtete, sogar in Kurzschrift. Er hatte die großartige Fähigkeit, in den Schülern die Stärken festzustellen und ihren Lernerfolg darauf aufzubauen.